Lust und Leidenschaft auf Lanzarote. Lisbeth Ritter
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‚Beruhig dich‘, versuchte sie sich Mut zuzusprechen. Schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln, atmete ein paar Mal tief durch und ging mehr oder weniger festen Schrittes in Richtung Ausgang, in Richtung Ungewissheit.
Sobald sie die Tür zum äußeren Bereich des Flughafens durchschritten hatte, fiel die gerade mühsam errungene Sicherheit augenblicklich von ihr ab. Ihr Kreislauf brach fast zusammen, alles Blut schien aus ihrem Kopf zu weichen. Sie glaubte doch noch – gänzlich ungeplant – in Ohnmacht zu fallen. Wie in Trance schritt sie zwischen den Wartenden hindurch: Familienangehörige, Freunde, Menschen mit Namensschildern.
Er würde sicher weiter hinten stehen, sie beobachten.
‚Vielleicht habe ich Glück und er verdrückt sich, wenn er mich sieht.‘ Sie begann sich umzuschauen, lief fast in ihn hinein, als er plötzlich vor ihr stand.
Ihre Blicke trafen sich.
Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, wurde größer. Wieso war es hier so verdammt stickig? Ihre Hand machte sich selbstständig, löste sich vom Koffergriff, versuchte ihr Luft zu verschaffen, indem sie ihren Ausschnitt so weit nach unten zog, wie es ging. Sein Blick gab ihren frei und folgte ihrer Hand zu ihrem Décolleté. Ihr Blick wiederum folgte nun seinem, ihre Brustwarzen zeichneten sich deutlich unter ihrem T-Shirt ab. Hätte sie bloß stattdessen eine weite Bluse angezogen. Die Aufmerksamkeit, die ihnen zuteilwurde, ließ ihre Brustwarzen anschwellen, sodass sie sich noch auffälliger hervorhoben.
‚Auch das noch. Scheiße, das läuft nicht gut. Atme, ATME!‘
Schnell nahm sie ihre Hand weg. Woraufhin er seinen Blick von ihrem Busen löste, ihn zurück zu ihren Augen wandern ließ, sie interessiert musterte. Sie kam sich vor wie ein Kaninchen, das reglos eine Schlange anstarrt in der sicheren Gewissheit, im nächsten Augenblick verschlungen zu werden.
‚Fehlt nur noch, dass du rot wirst‘, schimpfte sie mit sich selbst. ‚Tu was, das ist doch nicht der erste Mann, der dir gegenüber steht. Und nicht der erste, der dich abcheckt und bewertet. – Kein Kaninchen, ein Mungo, ein Mungo vor einer Kobra‘, übermalte sie das Bild in ihrem Kopf. ‚Fifty-fifty.‘ Sie kratzte all ihre Selbstachtung zusammen, drückte den Rücken durch, schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und wollte gerade etwas sagen, als er ihr seine Hand entgegenstreckte.
Sie schlug ein. ‚Warm und kräftig.‘ Nicht lasch, was sie hasste, aber auch nicht zu fest. Mit genau dem richtigen Druck hielt er ihre Hand in seiner und ließ sie schlagartig ruhiger werden. Wie kam es, dass ihr Puls plötzlich langsam und stabil schlug, ihre Beine ihr nicht mehr vorkamen, als wären sie aus Gummi? Es war, als würde eine angenehm gleichmäßige Energie zu ihr herüberfließen.
„Willkommen. Hattest du einen guten Flug, Lisa?“ Eine ruhige, warme Stimme drang an ihr Ohr. Seine Stimme – zum ersten Mal.
„Ja danke, hallo, Jan.“ Mehr kam fürs Erste nicht über ihre Lippen, auch wenn sie sich inzwischen deutlich besser fühlte und zu dem Schluss kam, den Tag möglicherweise doch in Würde zu Ende bringen zu können.
Es tat ihr fast leid, dass er ihre Hand losließ, um nach ihrem Koffer zu greifen.
„Können wir gehen?“ Sie nickte stumm, folgte ihm ins Parkhaus, wo er ihr die Beifahrertür aufhielt und ihr Gepäck einlud. Sie schmiegte sich in den Ledersitz, dessen angenehme Kühle ihr half, die von Neuem aufsteigende Angst zu unterdrücken, schloss die Augen, träumte sich an ihren Lieblingsstrand, rief sich das sanfte Rauschen der Meeresbrandung ins Gedächtnis und entspannte.
Das gab ihm Gelegenheit, sie in Ruhe zu betrachten. Bisher hatte sie sich ganz gut gehalten, wenn stimmte, was sie sagte, und sie so etwas wirklich noch nie getan hatte. Vielleicht war sie aber auch raffiniert, spielte ihm die Schüchterne nur vor, hatte seinen Blick bewusst auf ihr Décolleté gelenkt. Das wäre zu verstehen, damit konnte sie punkten. Unweigerlich verweilte sein Blick auf ihrem Busen, der sich jetzt gleichmäßig hob und senkte. Nein, er glaubte ihr. Ihre Aufregung war nicht gespielt gewesen.
Bevor sie die Augen öffnete und sah, dass er sie musterte, startete er den Motor und fuhr los.
‚Du wirst wesentlich aufregendere Stunden erleben.‘ Bei dem Gedanken daran, wie er sie aus der Reserve locken würde, huschte ein selbstgefälliges Lächeln über sein Gesicht.
Nach wenigen Minuten Fahrt bog er auf den Parkplatz einer Bar ein. Verwundert sah sie ihn an. Stimmte etwas nicht? War sie zu still gewesen? Hatte er erwartet, dass sie etwas sagte? Ihm schmeichelte? Ach je, das ging ja gut los, sie hatte nicht die geringste Ahnung, was er von ihr erwartete. Und Small Talk lag ihr überhaupt nicht. Tausend Gedanken rasten durch ihren Kopf, ihr Körper versteifte sich.
Ihre Reaktion entging ihm nicht. Was sollte das? Hatte sie etwa Angst? Dachte sie, er würde über sie herfallen? Hier? Er spielte kurz mit dem Gedanken, ihr den Gefallen zu tun, bis ihm klar wurde, dass sie möglicherweise überhaupt keine Ahnung von solchen Spielchen hatte.
„Willst du etwas trinken, bevor wir zum Haus fahren? Zum Essengehen ist es noch ein bisschen früh, aber wenn du Hunger hast … Wir werden fast eine Stunde unterwegs sein.“
Das war alles? Essen? Wusste dieser Idiot eigentlich, was er in ihr auslöste? ‚Beruhig dich‘, schalt sie sich. ‚Er versucht nur nett zu sein.‘ „Nein – nein, wir können direkt zum Haus fahren“, antwortete sie. „Oder ist das nicht üblich?“
Er sah ihren unsicheren Blick. „Ich dachte, du wolltest vielleicht, dass wir uns erst etwas kennenlernen, bevor du dich in die Höhle des Löwen wagst.“
‚Höhle des Löwen? Sehr witzig, denkt er, damit beruhigt er mich? Oder will er mich nervös machen?‘ Ihre Gedanken überschlugen sich.
Er bemerkte, dass seine Worte die falsche Wirkung erzielten, wollte seine Hand beruhigend auf ihren Arm legen. Sie zuckte so heftig zusammen, dass er innehielt und sich in seine Hälfte zurückzog.
„’tschuldigung“, sie schluckte. „Ich bin ein bisschen nervös.“ ‚Lausige Untertreibung‘, dachte sie. ‚Reiß dich endlich zusammen. Du wolltest schließlich hierher kommen.‘ „Kannst du bitte das Fenster aufmachen? Ich brauche frische Luft.“
Er nickte, tat, worum sie ihn gebeten hatte, und wartete.
„Falls du ein Serienmörder bist, der die Polizei bis jetzt hinters Licht geführt hat, werde ich das bei einem Bier wohl kaum aus dir rausbekommen – oder?“ Er sah sie überrascht an, schüttelte den Kopf. Schaute interessiert, damit hatte er nicht gerechnet. „Hast du schon mal eine Frau vergewaltigt?“ Abermaliges Kopfschütteln. ‚Meint sie das ernst?‘ „Quälst du Kinder oder Tiere?“ „Nein.“ Er wusste nicht, ob er lachen oder sich ärgern sollte. War sie verrückt? Erwartete sie tatsächlich eine Antwort?
In todernstem Tonfall kam die nächste Frage: „Lügst du?“ Er konnte sich nicht mehr beherrschen: „Nur wenn es sein muss“, grinste er. Seine Augen blitzten sie fröhlich an. Helles Lachen platzte aus beiden heraus und alle Spannung fiel mit einem Schlag von ihr ab.
Befreit strahlte sie ihn an: „Lass uns fahren.“
Jetzt konnte sie die Fahrt genießen. Streckte erst die Hand, dann den Arm aus dem Fenster, spielte mit dem Gegenwind, ließ ihre Hand durch die Luft segeln, schloss die Augen, spürte dem Wind in