Die Kinder Paxias. Laura Feder

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Die Kinder Paxias - Laura Feder

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      „Ich denke, vorerst wird niemand auf die Idee kommen, der Umgebung außerhalb der Küste Beachtung zu schenken. Trotzdem sollten wir vorsichtig sein. Ich schlage vor, du hältst dich hinter meinem Rücken. Groß genug, dich vor Blicken zu verbergen, bin ich ja.“

      Sie nickte zustimmend, und sie traten gemeinsam den kurzen Weg bis zu den ersten Häusern des Dorfes an. Unerkannt bewegten sie sich in den Gassen zwischen den Hauswänden, bis nur noch eine letzte sie vom Strand trennte – der Abschnitt, der dem Bootshaus gegenüber lag.

      Suchend blickten sie über die trauernde Versammlung und die versteinerten Mienen der Männer, die nach wie vor damit beschäftigt waren, die Leichen im Sand aufzureihen.

      In Arns Kopf flammten bei diesem Anblick die Erinnerungen an die zahllosen Toten seines Volkes auf. Die Unmengen lebloser Körper, die er auf seinen Armen getragen und der Todesschlucht übergeben hatte: Die erstarrten Gesichter von Kranken, Schwachen, Alten, Kindern … Babys.

      Aufkeuchend wich er zurück. Das Grauen dieser Bilder in seinem Geist und vor seinen Augen ertrug er nicht. Er musste sich abwenden. Diesem Zwang gehorchend stieß er Saya plötzlich seitlich an.

      „Was ist?“, zischte sie flüsternd. Sie war in Sorge über seine Reaktion und die lodernde Erregung, die auch jetzt noch in den Flammen seiner Augen zu erkennen war. Aber sie folgte dem Weisen seiner Hand.

      Unweit vor ihnen standen Kaeli und Cecil, verborgen hinter dichtem Dünengras.

      Saya zögerte nicht und machte sie mit einem leisen Schnalzen auf sich aufmerksam.

      Cecil sah sie als Erster und machte sich nicht die Mühe, Kaeli über ihre Anwesenheit aufzuklären. Er packte das Mädchen entschlossen an der Hand und zog sie einfach hinter sich her – Erleichterung in seiner Miene, die jedoch nicht die Betroffenheit über die herrschende Situation der Paxianer verbarg.

      Als Kaeli endlich Cecils Handeln begriff und sie entdeckte, hellte sich auch ihr Gesicht auf, aber ihre Augen waren dunkel vor aufgewühlter tiefer Traurigkeit.

      „Es war ein Sturm“, kam es tonlos von ihren Lippen. Tränen schillerten in ihren Augen und strömten gleich darauf unaufhaltsam über ihre Wangen.

      Das lautlose Weinen erschütterte ihre Gefährten, doch Kaeli brachte keine weiteren Worte hervor. Ihre Hilflosigkeit überwältigte sie selbst. Der Fluch ihrer Machtlosigkeit, der es ihr nicht gab, Unglücke solcher Art abzuwenden.

      Cecil zog sie in den Schutz seiner Arme und strich besänftigend über ihren Rücken, was Kaeli dazu brachte, erstickt aufzuschluchzen.

      „Hör auf mit den Selbstvorwürfen“, sagte er eindringlich, aber mit weicher Stimme. Verständnis lag in seinen Augen. „Du hättest nichts tun können – ob mit deiner Macht oder ohne. Wir waren zu spät hier.“

      Die Worte, die dazu gedacht waren, Trost zu spenden, öffneten stattdessen die Pforten hemmungslosen Weinens. Kaelis Körper bebte unkontrolliert.

      Arn und Saya verharrten stumm, verstörte Zeugen dieser Szene unverstandenen Leides.

      Cecil erbarmte sich ihrer.

      Ohne das Mädchen aus seiner Umarmung zu entlassen, ergänzte er Kaelis unzureichende Information.

      „Letzte Nacht muss ein gewaltiger Sturm getobt haben, in den ein Schiff geraten war, dessen Ankunft hier erwartet wurde. Die Insassen kämpften vergeblich um den Erhalt – der Sturm war stärker. Es kenterte.

      Sobald das Meer sich beruhigt hatte, hatten die Paxianer hier mit der Bergung begonnen. Das Boot mit den Toten war die letzte Fahrt.

      Es gibt nur wenig Überlebende.“

      Nun begriffen Arn und Saya.

      Auch das, was Cecil in seiner eigenen Betroffenheit als Angehöriger des Reichs des Windes übersehen hatte.

      „Es wäre niemals passiert, richtig?“, fragte Saya erstaunlich sanft.

      „Ja!“, entfuhr es Kaeli verzweifelt unter Schluchzern. „Mein Vater hätte niemals zugelassen, dass Leben in Gefahr geraten. Paxias Geschöpfe sind unserer Gesetze gemäß unantastbar.“ Sie hob ihr verweintes Gesicht ihnen entgegen.

      Und erstarrte.

      „Bei Paxia!“

      Ihre Tränen versiegten abrupt. Schock spiegelte sich in ihrer Miene, die Augen fast weiß.

      Die anderen folgten ihrem schreckgeweiteten Blick.

      Arn hörte Saya neben sich laut aufkeuchen und seine Verwirrung wuchs.

      Beiden Mädchen fixierten einen Punkt abseits der klagenden Menge. Doch er sah dort nur eine einsame Gestalt – ein Kind.

      Dann kam Leben in Kaeli.

      „Cassia!“ Ein weiteres Mal eilte sie ungeachtet der Gefahr, entdeckt zu werden, los. Diesmal folgte Saya ihr auf dem Fuß.

      Durchnässt, erschöpft und mit schmerzlich hängenden Schultern hockte das kleine Mädchen auf einem Fass. In ihren Armen lag ein Baby. Beide waren in warme Decken gehüllt, doch die bläulich verfärbten Lippen verrieten ihr Frieren.

      Beim Klang ihres Namens hob Cassia suchend den Blick.

      Als sie Kaeli und Saya nahen sah, erhellte sich ihre Miene sichtbar. Doch ihre tiefgrünen Augen waren erfüllt von Hilflosigkeit, Grauen und Trauer.

      Sie wollte vom Fass rutschen, um die Mädchen zu begrüßen, doch Kaeli erreichte sie schneller und umarmte sie ungeachtet ihrer triefenden Nässe.

      „Cassia, was ist geschehen? Wieso bist du hier?“, sprudelte es aus Kaeli hervor. Sie war entsetzt vom Zustand des Kindes.

      Die Kleine setzte zum Sprechen an, doch kein Ton kam aus ihr heraus. Ihre Zähne schlugen wie im Frost aufeinander. Schreck und Kälte tobten zu mächtig in ihr.

      „Cassia, wo sind deine Eltern?“, wollte Saya mit ausgestrahlter Ruhe wissen, die sie selbst nicht fühlte. Aber das Kind stand offensichtlich unter Schock und konnte weitere Aufregung nicht brauchen. Sie selbst blieb auf körperlichem Abstand, damit die Kälte ihrer Haut keinen weiteren Schaden anrichtete.

      Cassia antwortete wieder nicht, aber ihr Blick glitt zum Strand – zu den abgelegten Opfern des Sturms.

      Kaeli schrie leise auf, als sie die leblosen Körper Cassias Eltern erkannte. Nur Cassia zuliebe drängte sie die aufsteigenden Tränen zurück und umfasste das Mädchen fester. „Es tut mir so leid“, flüsterte sie schmerzvoll.

      Saya stieß innerlich die schlimmsten Verwünschungen aus, derer sie habhaft wurde. Sie hatte mittlerweile genug vom Familiengefüge der Paxianer erfahren, um den Verlust und die Folgen für das Kind zu begreifen. Fieberhaft überlegte sie, was zu tun wäre. Hier konnten sie nicht einfach rücksichtslos ihrer Wege ziehen.

      „Saya.“ Erschrocken fuhr sie zusammen, als Arns leise Stimme in ihre Gedanken drang. Er und Cecil waren zu ihnen getreten und schirmten sie mit wachsamem Blick vor dem Strand ab. „Dies ist kein Ort zum Verweilen. Wir müssen hier weg“, meinte er besorgt.

      Sie stimmte ihm zu, ein weiterer Entschluss

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