Nr. 983. Yvonne Bauer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Nr. 983 - Yvonne Bauer страница 5

Автор:
Серия:
Издательство:
Nr. 983 - Yvonne Bauer

Скачать книгу

Auf der dicken Eisenplatte stand ein Wasserkessel.

       »Wie es aussieht, hat meine Mutter bereits mit mir gerechnet. Wir trinken nach Feierabend immer zusammen Kaffee, allerdings keinen Bohnenkaffee. Den haben wir schon seit Monaten nicht mehr getrunken. Aber wir haben Zichorienkaffee.« Geschäftig schepperte Luise mit dem Geschirr. »Setz dich doch!« Sie deutete auf einen der Küchenstühle, die zu jeder Seite des quadratischen Holztisches in der Nähe des Fensters platziert waren und stellte, nachdem er sich hingesetzt hatte, eine Tasse vor ihn hin und zwei weitere daneben.

       Wenig später war das Klappern von Absätzen auf der Treppe zu hören, bevor die Tür zur Küche geöffnet wurde. Ernst sprang auf, als Luises Mutter den Raum betrat. »Guten Tag!«

       Überrascht sah sie von dem Besucher zu ihrer Tochter. »Mein Schatz, möchtest du uns nicht vorstellen?«

       Röte stieg der jungen Frau ins Gesicht. »Verzeih, Mutter! Das ist Herr Schramm.«

       »Ernst.« Er trat einen Schritt auf die adrett gekleidete Mittvierzigerin zu, die ihre kastanienbraunen Haare zu einem Knoten im Nacken zusammengebunden hatte und eine wenig ältere Ausgabe ihrer Tochter zu sein schien. »Es freut mich, sie kennenzulernen.«

       »Nun, die Freude ist ganz meinerseits. Wie ich sehe, hat Luise den Kaffeetisch bereits gedeckt. Wollen wir uns nicht setzen und sie erzählen mir, was sie zu uns führt?«

       »Mutter!«

       »Schon in Ordnung, Luise. Ich schätze es, wenn jemand unumwunden ausspricht, was er denkt.« Er zog einladend einen der Stühle zurück. »Der Kaffee duftet köstlich.«

       »Ich wünschte, dem wäre so. Wenigstens schmeckt er nicht einmal halb so schlecht, wie er riecht.« Lächelnd sah sie zu Luise, die ihr gegenüber kopfschüttelnd Platz genommen hatte. »Ich hoffe, dass dieser verdammte Krieg bald ein Ende findet, sei es nur, um wieder eine Tasse frischen Bohnenkaffee trinken zu können.«

       »Mutter!«

       »Lass nur, Luise, sie hat ja Recht. Freilich würden mir noch einige Dinge einfallen, die ich nicht mehr missen möchte.«

       »Sie sprechen mir aus der Seele, Herr Schramm.«

       »Ernst ... bitte!«

       Bevor sie etwas erwidern konnte, schwoll der ohrenbetäubende Lärm von Sirenen zu einem Crescendo an, wurde wieder leise, sodass das Läuten der Kirchenglocken von Sankt Petri zu hören war, nur um kurze Zeit später erneut jedes Geräusch zu übertönen.

       Luise sprang auf. »Schnell, in den Keller ...«

       Ernst griff nach ihrer Hand und ließ sich von ihr mitziehen.

       »Ich öffne die Haustür. Lauft schon, ich komme gleich!«

       Die beiden polterten die Kellertreppe hinunter und warteten darauf, dass Luises Mutter zu ihnen stieß und vielleicht noch einige Passanten von der Straße, die sich nicht schnell genug in ihren eigenen Häusern in Sicherheit bringen konnten.

       Zu dritt saßen sie in den Kellerräumen zwischen den wenig verbliebenen Kohlen und Kartoffeln und warteten auf das erlösende Signal, das ihnen anzeigte, dass die Gefahr des Fliegeralarms vorüber war.

       Luises Mutter war auch im schummrigen Licht des Kerzenstummels nicht entgangen, dass die beiden sich nach wie vor bei den Händen hielten. »So, nun mal heraus mit der Sprache! Was geht hier vor?«

       Ernst sah Luise in stummen Einverständnis in die Augen. Er schluckte kurz und räusperte sich, sodass sein Adamsapfel zu tanzen schien, bevor er auf die Frage antwortete. »Ich möchte sie um die Erlaubnis bitten, ihre Tochter heiraten zu dürfen, Frau Seidenstücker. Freilich hätte ich das gern unter anderen Umständen ...«

       Luises Mutter erhob sich. Sie stemmte die Hände in die Hüften und baute sich vor den beiden auf. Ihre Gesichtszüge waren an Strenge kaum zu überbieten, der Mund zu einer schmalen Linie zusammengepresst. »Bist du schwanger?«

       Nun war es Luise, die sich wutschnaubend erhob und sich vor ihre Mutter postierte. »Wofür hältst du mich? Für ein leichtes Mädchen?«

       Zornig funkelten die beiden Frauen sich an. Verblüfft über diese Tatsache überlegte Ernst, ob er dazwischengehen und den Streit schlichten sollte, hielt es jedoch für vernünftiger, sich nicht einzumischen. Er staunte über die Facette an Luise, die er noch nicht hatte kennenlernen dürfen. Sie hatte auf ihn so schüchtern gewirkt. Umso mehr überraschte und fesselte ihn diese bisher unentdeckte Seite an ihr. Die Luft knisterte förmlich, als die Sirene das Ende des Fliegeralarms signalisierte und die zum Zerreißen gespannte Atmosphäre auflockerte.

       »Sollten wir nicht nach oben gehen und dort alles Weitere besprechen? Ich bin mir sicher, dass wir dieses ... Missverständnis schnell aufklären können.« Ernst sah erst zu Luise, dann mit bittendem Blick zu deren Mutter.

       »In Ordnung. Ich hoffe, ihr habt eine gute Erklärung parat.« Sie wandte sich um und stapfte die Kellertreppe hinauf, zurück in die Küche, wo der frisch aufgebrühte Kaffee in der Zwischenzeit kalt geworden war.

      Kapitel 2 - Mühlhausen, 8. April 1941

       »Was ist denn heute mit dir los? Du bist so schweigsam.« Besorgt versuchte Luise, das Verhalten ihres Verlobten zu deuten. In den vier Wochen seit seinem Antrag war er stets humorvoll und unterhaltsam gewesen. Dass ihn irgendetwas beschäftigte, war unübersehbar.

       »Es hat mit der Arbeit zu tun. Ich möchte dich aber nicht damit belasten.« Ernst sah sie nur kurz an und dann gleich wieder in die Ferne. Eine steile Falte zerfurchte seine Stirn oberhalb der Nasenwurzel.

       »Heißt es nicht, in guten wie in schlechten Zeiten? Wenn wir erst verheiratet sind, werden wir uns doch auch alles anvertrauen.«

       Der junge Mann schnaubte. Seine Miene wechselte von Selbstironie über Ärger zu ... ja, was war das für ein Ausdruck? Luise meinte Furcht in den Gesichtszügen zu erkennen. »Komm, setzen wir uns und reden!« Sie führte ihn zu einer Bank in der kleinen Parkanlage am Pfortenteich, wo sie täglich nach der Arbeit spazieren gingen, bevor Ernst sie heimbrachte.

       Erfreulicherweise war nun endlich der Frühling eingekehrt. Nur noch wenige schmutzige Schneeflecken in schattigen Ecken zeugten davon, dass der Winter gerade erst vorüber war.

       Auch nachdem sie sich hingesetzt hatten, schwieg Ernst weiterhin. Er schien nach Worten zu suchen.

       Allmählich beängstigte Luise die Situation. »Es wird doch kaum so schlimm sein, dass du mir nicht sagen kannst, was dich bedrückt?« Für einen Moment hatte sie das Gefühl, dass ihr Herzschlag aussetzte, um kurz darauf in solch einem rasenden Tempo weiterzuschlagen, dass ihr schwindlig wurde.

       Luise griff sich mit zitternden Händen an den Hals, der wie ausgedörrt zu sein schien.

       Endlich löste sich Ernst aus seiner Starre. »Luise, was ist? Geht es dir nicht gut? Du bist ja ganz blass!« Er sprang auf, ging vor ihr in die Hocke und sah zu ihr auf. »Luise, du machst mir Angst! Leg dich hin, bevor du mir noch umkippst!« Hastig schälte sich Ernst aus dem Mantel und legte ihn ausgebreitet auf die Bank.

       Nachdem sie sich hingelegt hatte, kehrte Farbe in ihre Lippen und Wangen zurück, was ihn ein wenig beruhigte. »Geht es dir jetzt besser?«

       Luise nickte peinlich berührt und wollte sich wieder aufrichten, als Ernst sie daran hinderte. »Bleib lieber noch einen

Скачать книгу