Die Geschwister Bourbon-Conti - Ein fatales Familiengeheimnis. Bettina Reiter

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Die Geschwister Bourbon-Conti - Ein fatales Familiengeheimnis - Bettina Reiter

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wie tausende Male zuvor.

      „Na gut, aber nur kurz.“

      „Danke!“, rief sie aus und deutete zu den Stallungen neben dem Schloss. „Lass uns mit der Kutsche ausfahren.“ Schon eilte sie wie ein Irrwisch davon. Übermütig und voller Lebenslust. Luc hingegen folgte ihr wie ein alter Mann und versuchte die innere Stimme zu ignorieren. Die hämische innere Stimme, die ihm etwas zuflüsterte. Etwas, das ihm den Schweiß aus den Poren trieb und sich so abwegig anfühlte, dass ihm beinahe übel wurde.

      Zehn Minuten später saßen sie in der Kutsche und schauten sich die Gegend an. Dabei unterhielten sie sich, allerdings blieb Luc ziemlich einsilbig. Henriette hingegen plapperte fröhlich und bestaunte wie ein kleines Kind die feudalen Häuser und die wunderschöne Landschaft des Loire–Tales. Luc schaute jedoch nur seine Schwester an. Wie ihre Augen leuchteten, wenn sie etwas sah, das ihr gefiel. Die Art, wie sie mit ihrem Haar spielte, war ihm unendlich vertraut. Und wenn sie lachte, ging die Sonne auf.

      Gegen Nachmittag bestimmte seine Schwester trotz seiner Gegenwehr, zum kleinen See zu fahren, an dem sie schon oft gewesen waren. Dort lag ihr Familienboot am Ufer, um das sich ein Bauer in der Nähe kümmerte. Luc folgte ihr ziemlich übellaunig zum Steg. Das hatte er nun davon, dass er Henriette nichts abschlagen konnte. Oder machte er sich etwas vor und wollte trotz dieser seltsamen Anwandlungen in ihrer Nähe sein? Vernünftiger wäre es gewesen, weit fortzulaufen und erst wiederzukommen, wenn er bei klarem Verstand war!

      „Du wirkst nicht gerade erfreut“, stellte Henriette Minuten später fest. Sie saß nahe am Bug, während Luc ruderte. Eine sachte Brise perlte über die Oberfläche des Wassers, in dem sich der Himmel und der Wald rings um den See spiegelten. Fische huschten an die Oberfläche, um sofort wieder abzutauchen, und vor der Blockhütte am anderen Ufer tollten einige Kinder herum.

      „Tatsächlich?“

      „Dein Ton ist auch nicht nett.“

      „Vielleicht, weil ich nur einer kurzen Unternehmung zugestimmt habe, soweit ich mich erinnern kann. Jetzt sind wir beinahe drei Stunden unterwegs und wie es aussieht, werden es vier.“

      „Wenn nicht sogar fünf“, erwiderte sie mit keckem Lächeln. Luc konnte nicht anders und grinste. Sie war der letzte Mensch, auf den er böse sein durfte. Er selbst war es, der sich da in irgendetwas verrannte.

      „Dann lass es fünf sein“, ergab er sich, atmete tief durch und blickte in die Ferne zu den blühenden Lavendelfeldern, die wie Teppiche aussahen und bis zum Horizont zu reichen schienen.

      „So gefällst du mir schon besser“, meinte Henriette. Ihre Blicke trafen sich. Nur für Sekunden und doch schien die Welt minutenlang stehenzubleiben. Lucs Puls raste förmlich, dann wich er ihrem Blick aus und konzentrierte sich auf das Rudern. „Du wirst mir fehlen“, sprach sie unvermittelt weiter. Er hob den Kopf. Wie traurig sie aussah!

      „Du mir auch“, entgegnete er knapp und schaute zu den spielenden Kindern. „Louis hat sich übrigens den oppositionellen Prinzen angeschlossen.“

      „Tatsächlich?“ Sie beugte sich ein wenig über den Rand des Bootes und glitt mit der Hand ins Wasser. „Darüber wird Ludwig nicht erfreut sein.“

      „Das kannst du laut sagen. Allerdings wird sich Louis kaum davon abbringen lassen. Unser Bruder träumt ohnehin des Öfteren, dass er statt Ludwig auf dem Thron sitzt.“

      „Tut er aber nicht und das ist gut so, ansonsten wäre Louis nicht auszuhalten. Er strotzt ja schon jetzt vor Selbstherrlichkeit.“ Es begann zu nieseln.

      „Wir sollten umkehren“, riet Luc mit einem prüfenden Blick in den bleigrauen Himmel. Immer mehr Wolken schoben sich über die Hügel.

      „Jetzt schon?“ Henriette zog ihre Hand zurück. Wassertropfen fielen auf ihr sonnengelbes Kleid mit dem weißen Kragen. Wie erwachsen sie in den letzten Monaten geworden war. Auch körperlich gesehen. Doch kaum zu Ende gedacht, schämte er sich für diesen Gedanken. Langsam aber sicher graute ihm vor sich selbst.

      „Das Nieseln wird stärker“, presste Luc hervor, dessen Gesicht förmlich brannte, „den Wolken nach zu urteilen könnte es bald heftig regnen. Außerdem kommt Wind auf. Deswegen sollten wir zusehen, dass wir rechtzeitig in die Kutsche kommen, bevor wir patschnass werden.“ Er ruderte zum Ufer zurück. Doch ehe sie es erreichten, öffnete der Himmel seine Schleusen und starker Regen setzte ein. Henriette lachte, weil sie binnen Sekunden durchnässt waren. Das Haar klebte in ihrem Gesicht, das Kleid an ihrem Körper und ihre Haut schimmerte durch den dünnen Stoff … Luc zwang sich förmlich wegzusehen und ruderte so kräftig, dass seine Arme schmerzten.

      Als sie endlich am Ufer waren, sprang er aus dem Boot und bot Henriette seine Hand, obwohl sich alles in ihm dagegen wehrte.

      „Du zitterst ja“, stellte sie fest.

      „Mir ist kalt“, log er wütend auf sich selbst und als sie sich berührten, erfasste ihn dasselbe Gefühl wie bei den Zedern vorhin. Beinahe grob ließ er sie los, als sie sicher am Ufer stand. Diesmal wirkte Henriette nicht verwundert, sondern verletzt.

      „Lauf zur Kutsche. Ich befestige das Boot und komme gleich nach.“ Schon bückte er sich zum Seil hinunter und hörte Henriette im hohen Gras davoneilen.

      Als er das Seil nahm, zitterte er so stark, dass er Mühe hatte es zu verknoten. Auch während der Rückfahrt stand er völlig neben sich. Erst in seinem Zimmer beruhigte er sich allmählich. Unterdessen er sich aus den nassen Kleidern schälte, schüttelte er in Gedanken den Kopf über sich selbst. Wie ein dummer Junge hatte er sich benommen und war drauf und dran, das gute Verhältnis zu seiner Schwester zu zerstören. So konnte es unmöglich weitergehen! „Das ist ja beinahe krank“, sagte er laut zu sich selbst und erneut kam Zorn in ihm hoch. Für all das würde es eine plausible Erklärung geben, obwohl er im Augenblick selbst keine hatte. Doch von jetzt an musste er sich am Riemen reißen. Henriette war seine Schwester. Punkt! Trotzdem würde es nicht schaden, wenn er für eine Weile verschwand. Vielleicht war die Antwort des Regiments schon eingetroffen?

      Mit dieser Hoffnung verließ Luc sein Zimmer und eilte durch den Gang. Als er am Waschzimmer vorbeiging, hörte er plötzlich ein Plätschern. Die Tür stand einen Spalt offen.

      Wie magisch angezogen blieb Luc stehen, obwohl er im selben Augenblick wusste, dass er einen folgenschweren Fehler machte. Doch sein Körper gehorchte ihm nicht mehr.

      Benedikta breitete ein Handtuch aus und im selben Moment erhob sich Henriette aus dem dampfenden Waschbottich. Lucs Atem beschleunigte sich. Über ihren makellosen nackten Körper rollten Wassertropfen herunter. Mit abwesendem Blick fuhr sie sich über die wohlgeformten Brüste und strich dann ihr langes ebenholzschwarzes Haar zurück, das beinahe bis zu ihrer Taille reichte. Sie sah aus wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Nein, vielmehr wie eine Frau, die ein Mann besitzen wollte. Ein Mann wie er. Ganz und gar.

      Entsetzt taumelte Luc einige Schritte zurück und sank gegen die Wand hinter ihm. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und er fühlte sich, als würde er innerlich verbrennen. „Das darf nicht wahr sein“, flüsterte er. Tränen der Qual schossen ihm in die Augen. Die innere Stimme wurde lauter als je zuvor. Bei Gott, er begehrte Henriette wie eine Frau! Eine Tatsache, die sich nicht länger leugnen ließ.

      Luc unterdrückte ein Aufschluchzen. Grob wischte er sich über die Augen.

      „Was ist mit dir, mein Sohn?“ Er schreckte hoch. Seine Mutter stand im Türrahmen ihres Schlafgemachs neben dem Waschzimmer und musterte ihn mit gerunzelter Stirn. „Du siehst blass aus.“ Im Nu

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