Die Geschwister Bourbon-Conti - Ein fatales Familiengeheimnis. Bettina Reiter
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„Du weißt genau, dass ich diesen Spitznamen hasse!“, zischte Babettes Mutter.
„Die Höflinge haben ihn dir verpasst. Kein Grund, auf mich böse zu sein, Püppchen.“
„Was willst du von mir?“, stieß Lotti aus und tastete sich mit fahrigen Fingern über das Haar.
Françoise hielt dicht vor Babettes Mutter ein. Ihr fettleibiger Körper war förmlich in das rote Kleid gepresst. In den Achselhöhlen zeigten sich Schweißflecken. „Von dir will ich nichts, Schwester.“
„Von wem dann?“ Babette hielt die zitternden Hände eng an den Körper gedrückt.
„Von deiner Tochter.“
„Henriette?“
„Ja, ich glaube, so heißt das vorlaute Ding“, machte sich Françoise lustig. „Weißt du, ich suche händeringend eine Braut für meinen Neffen Philippe. Keine will ihn, was du sicher am besten verstehen kannst, Babette. Immerhin sieht er deinem verstorbenen Mann verdammt ähnlich und ist hässlich wie die Nacht.“ Sie warf Lotti einen höhnischen Seitenblick zu. „Das sind die Gene. Der eine hat sie, der andere nicht.“
„Meine Tochter hat die Schule nicht beendet und außerdem ist sie erst sechzehn“, wehrte sich Babette gegen das Unvermeidliche.
„Also im besten Alter, um zu heiraten.“
„Der Herzog von Penthiévre bemüht sich bereits um sie. Henriette weiß darüber Bescheid. Wie soll ich ihr unseren Sinneswandel erklären?“
„Der Herzog ist einer von vielen Anwärtern und bestimmt nicht deine erste Wahl. So schlau ist deine Tochter vermutlich auch. Insofern kann bis zum Ende ihrer Schule viel geschehen. Manch einer ändert seine Meinung sogar von heute auf morgen. Wollt du und Léon eigentlich heiraten?“, wandte sie sich jäh an Lotti, die ihre Lippen zu einem schmalen Strich zog. „Dann eben nicht. Allerdings solltest du ihn weiterhin versteckt halten. Allerorts nennt man den Marquis einen ´Don Juanˋ. Sich diesen Mann ins Bett zu holen, ist ziemlich wagemutig. Wer weiß, welche Krankheiten man sich bei dem holt. Nicht, dass du Henriettes Hochzeit versäumst.“
Babette hatte das Gefühl, dass ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Jeder bei Hofe und weit darüber hinaus hatte schon von Philippe I. de Bourbon, dem Herzog von Chartres, gehört. Vor allem, da sich sein Vater oft über ihn beklagte. Umso schlechter war Philippes Ruf. Er galt als äußerst jähzornig und war für seine schlagenden Argumente bekannt. Besonders den Frauen gegenüber. Sie hatte am eigenen Leib erlebt, was das hieß. So etwas konnte sie ihrer Tochter unmöglich antun!
„Ich sehe Widerwillen in deinem Gesicht, Babette. Nun, dann zeig mir den Weg zu Lucs Zimmer.“ Françoise runzelte die Stirn. „Er sollte wissen, dass seine Mutter eine Hure ist.“ Sie zog einen Schmollmund. „Oder lebt die Arme nicht mehr? Wie heißt eigentlich die Mutter des – wie sagtest du vorhin so schön, Lotti – Bastards?“
„Wir werden sehen, was wir tun können“, kam Lotti Babette zuvor, die ohnehin kein Wort herausgebracht hätte.
Françoise setzte ein triumphierendes Lächeln auf. „Ich wusste, dass wir uns einig werden, liebste Schwester. Natürlich wieder zu meinem Vorteil, doch daran wirst du dich inzwischen gewöhnt haben.“ Sie hob ihr Kleid an. „Meine Damen, ich darf mich empfehlen. Wir werden alles Weitere besprechen sobald Henriette gelernt hat, wie man zur willigen Gattin und Hausfrau wird.“
Bis zum Winterende im Mai fegten Schneestürme über ganz Europa, aber auch Wellen der Empörung durch Frankreich. Ludwig hatte damit begonnen, den amerikanischen Siedlern in den ehemaligen französischen Kolonien dabei zu helfen, sich gegen die Engländer zu wehren und ließ viele Waffen dorthin verschiffen. Einst hatte Frankreich in Nordamerika ein riesiges Territorium besessen, aber nach Ludwigs erfolgloser Teilnahme am Siebenjährigen Krieg war davon kaum etwas übriggeblieben wie auch in Indien, wo lediglich ein paar Bauten an die französische Vorherrschaft erinnerten sowie einige Handelsabkommen. Henriettes Cousin war vielen Unkenrufen ausgesetzt. Noch dazu hatten die Wenigsten vergessen, dass er Fleury viel zu viel Einfluss gewährt hatte und nach dessen Tod war Ludwig angreifbarer denn je. Das rief vor allem die Prinzen auf den Plan, die zu einer immer stärker werdenden Opposition wurden. Ludwig hatte alle Hände voll damit zu tun, sie in Schach zu halten.
„Ich bin fertig, Mademoiselle de Conti“, sagte Benedikta und blickte auf das viele Gepäck. Morgen würden sie endlich zum Schloss Ussé aufbrechen. Nach den harten Wochen in der Klosterschule freute sich Henriette sehr darauf. „Braucht Ihr noch etwas?“
„Nein, du kannst gehen, Benedikta. Es ist ohnehin schon spät.“
„Habt Dank.“
Henriette blickte ihr nach, bis sich die Tür schloss. Etwas unschlüssig griff sie dann zu ihrem Morgenmantel und streifte ihn nachlässig über. Darunter trug sie ein zartes Nachthemd mit Brüsseler Spitze am Ausschnitt. „Und was jetzt?“, fragte sie sich laut, nahm die Kerze vom Fenstersims und stellte sie auf den Nachttisch. An Schlaf war kaum zu denken. In ihrem Bauch kribbelte es, als würden hundert Schmetterlinge mit ihren Flügeln schlagen. Ob sie etwas lesen sollte?
Es klopfte.
„Ja?“
Die Tür öffnete sich einen Spalt. „Schläfst du schon?“ Lächelnd trat ihre Mutter ein.
„Ach Maman, du stellst Fragen.“ Auch Henriette lächelte. Sie konnte sich an keine Nacht erinnern, in der ihre Mutter nicht zu ihr gekommen war, um ihr vor dem Schlafengehen einen Gutenachtkuss zu geben. Manchmal plauderten sie sogar bis in die tiefe Nacht hinein. Manchmal schlief sie schon. Doch die Mutter weckte sie immer kurz, weil Henriette sie darum gebeten hatte. Eine Nacht wäre keine gute Nacht, wenn sie das tägliche Ritual versäumen würde. „Bist du auch so aufgeregt wie ich?“
Die Mutter ließ sich auf das breite Himmelbett sinken. „Ich war zu oft auf dem Schloss. Aber als ich so jung war wie du, ist es mir ähnlich ergangen.“ Kurz strahlten ihre Augen und sie lächelte, als würden ihr angenehme Gedanken durch den Kopf gehen. Doch so schnell die Regung kam, verschwand sie wieder. Umso sorgenvoller betrachtete Henriette ihre Mutter, die seit einiger Zeit wirkte, als würde sie eine schwere Last auf den Schultern tragen. „Du siehst schon wieder so bekümmert aus. Ist etwas mit dir?“
„Nein, nein“, kam es wie aus der Pistole geschossen. „Ich bin nur müde. Die letzten Monate waren hektisch. Eine Hochzeit plant sich eben nicht von selbst und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich irgendetwas vergessen habe. Dabei gehe ich die Liste beinahe jeden Tag durch.“
Henriette setzte sich zu ihr. „Du machst dir wie immer viel zu viele Gedanken.“
„Kann sein. Aber nun erzähl. Du bist seit zwei Tagen zurück und ich hatte keine Gelegenheit, dich nach deiner Zeit im Kloster zu fragen. War es schön?“
„Na ja, langweilig würde es besser beschreiben. Tagein, tagaus diese Gehorsamkeit, die man auch seinem zukünftigen Mann gegenüber an den Tag legen soll. Mir will einfach nicht in den Kopf, wieso Frauen wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Wir sind doch genauso Geschöpfe Gottes. Trotzdem haben wir kein Stimmrecht, sollen uns nicht weiterbilden und müssen unsere Ansichten für uns behalten, um nicht negativ aufzufallen. Als wären wir reine Gebärmaschinen ohne jegliche Intelligenz.“
„Du