Rückstoß. Timo Körner
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Sehr viele von diesen Abmahn-Anwälten, schossen sich im Nachhinein selbst ins Bein, weil sie und ihre zweifelhaften Methoden aufflogen oder ihre Abmahnungen vor Gericht als haltlos galten.
Aber einige von ihnen, waren sehr erfolgreich und haben die gesamten Geschäftsmodelle ihrer Kanzleien auf Abmahnungen ausgerichtet. Das Ganze war offensichtlich, aber diesen Typen war es egal. Sie waren ja rechtlich gesehen auf der sicheren Seite, wenn sie es geschickt genug anstellten. Gegen manche von ihnen kam auch niemand mehr an, weil sie ihren Job dorthin gehend so sauber und akribisch erledigten.
Sie verdienten sich damit eine goldene Nase.
Bei der Suche nach dem Richtigen, machte ich es mir recht einfach. Ich recherchierte im Internet einfach nach dem Abmahnanwalt, der in den Medien die meisten Abmahnungen und Klagen erfolgreich durchgeboxt hat und der auch keinen Hehl aus seinen Machenschaften machte.
Ich wälzte so einige Internetseiten und Foren und ein Name fiel mir immer wieder entgegen.
Frank Bahlmann.
Herr Bahlmann war achtunddreißig Jahre alt, absolvierte sein Jurastudium mit einunddreißig Jahren und gründete kurze Zeit später seine eigene Kanzlei, die laut meinen Recherchen ursprünglich nicht wirklich erfolgreich war. Bis sich Bahlmann den Abmahnungen von Internetnutzern gewidmet hatte. Hierdurch wurde seine Kanzlei nun immer bekannter und erfolgreicher. Bahlmann brachte es hiermit innerhalb von drei Jahren zu seiner ersten Million und das vierte Jahr, seit der Spezialisierung auf Abmahnungen, lief offensichtlich ebenfalls recht gut. So vielen Menschen hatte der Typ das Geld aus der Tasche gezogen. Keine Ahnung, wie dieser Typ das mache, aber er fand immer wieder irgendetwas, um Leute abzumahnen.
Für mich war es nichts anderes, als legal durchgeführte Erpressungen. Er stöberte in privaten Angelegenheiten von Bürgern und presste dann Geld aus ihnen heraus. Es waren zum Teil unwissende Familienväter, die ihre Urlaubsvideos mit nicht GEMA-freier Musik untermalt hatten, oder mit ihren Kindern kleine Online-Tagebücher mit Bildern verschönern wollten und dabei nicht die eigenen Bilder verwendeten, sondern sich irgendwo welche herunterluden. Diese armen Teufel taten mir wirklich leid.
Ich googelte nach Bildern von Frank Bahlmann und wurde schnell fündig. Ein geschniegelter Aal, mit streng zurückgekämmten dunkelblonden Haaren, die durch übertriebene Nutzung von Pomade oder Haar-Gel schon eher fettig wirkten. Er war nicht hässlich und sportlich gebaut, jedoch mit leichtem Bauchansatz. Im Grunde genauso, wie ich mir einen solchen Typen vorgestellt hatte.
Meine Recherchen ergaben, dass sich seine Kanzlei etwa achthundert Kilometer von meinem derzeitigen Wohnort entfernt befand. Um mir Bahlmann zur Brust zu nehmen, musste ich ihn beobachten und seine Gewohnheiten kennenlernen, was eine gewisse Zeitspanne einnehmen würde. Ich beschloss, mir ein Zimmer in der Nähe der Bahlmann Kanzlei zu nehmen. Die Wohngelegenheiten dort waren nicht billig, da sich die Kanzlei in einem hippen Büroviertel der Stadt München befand.
Geld hatte ich zwar erst einmal genug, aber ich verhielt mich trotzdem weitestgehend sparsam, sodass ich mir nur ein kleines Zimmer in einem drittklassigen Hotel buchte.
Ich buchte mein Zimmer über eine der einschlägigen Hotelbuchungsplattformen und bemerkte in einer anschließenden Mail, dass ich höchstwahrscheinlich erst am späten Abend im Hotel „Stiegrogge“ eintreffen würde. In der Antwortmail betonte der Betreiber des Hotels persönlich, dass das überhaupt kein Problem darstellen würde und alles vorbereitet sein würde.
Klang alles gut und entspannt.
Die Unterkunft erwies sich schlechter, als ich sie mir vorher ausgemalt hatte. Das Hotel „Stiegrogge“ befand sich in einem alten unsanierten Münchener Haus, welches um die Jahrhundertwende gebaut worden sein musste. Also in der Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts...
Es war bereits dunkel, als ich auf dem, am Hotel angrenzenden Parkplatz aus meinem Wagen stieg und den Eingang des Hotels suchte. Es war alles dunkel. Weder das Leuchtschild mit dem Namen des Hotels darauf stehend, noch die Hotelbar waren beleuchtet. Ich ging die breite alte Steintreppe hinauf und rüttelte etwas zaghaft an der großen massiven Holztür. Natürlich war sie verschlossen. Mir kam langsam der Gedanke, dass ich oder meine Buchung vergessen wurde. Es fing leicht an, in mir zu brodeln, als ich zu meinem Mobiltelefon griff und die Nummer der Hotels wählte, die ich mir schon vor Antritt meiner Reise im Telefonbuch einspeicherte.
„Ja?“, meldete sich eine etwas genervte männliche Stimme am anderen Ende. Man hörte, dass sich die Person am anderen Ende in einem fahrenden Auto befand. Die Umgebungsgeräusche von hupenden Autos verdeutlichten dies.
„Guten Abend...“, antwortete ich, „...ich habe ein Zimmer in ihrem Hotel gebucht!“, fügte ich genervt an.
„Ich bin gerade nicht vor Ort.“, antwortete die Person am anderen Ende.
„So viel habe ich auch schon bemerkt. Ich bin müde müsste bald mal schlafen!“, knurrte ich etwas ungehalten ins Mikrophon.
„Ja, passen sie auf!
Es gibt einen Seiteneingang mit einem Safe. Der Zahlencode für den Safe ist 26183. In dem Safe befindet sich ein Schlüssel, mit dem sie die Tür des Seiteneingangs öffnen können. Sie gehen, wenn sie im Gebäude sind, rechts den Korridor hinunter. Der Korridor endet an der Rezeption. Auf der Theke liegen einige Zimmerschlüssel. Sie haben die freie Wahl.“, erklärte der Herr am anderen Ende der Leitung schon fast routiniert.
Ich tat, was er sagte. Der Zahlencode für den Safe stimmte. Wobei mir auffiel, dass dieser Safe mit digitalem Zahlenschloss das modernste Gerät in und am gesamten Gebäude sein musste. Ich entnahm den Schlüssel, entriegelte die Tür und trat in den Korridor. Dieser war zum Glück beleuchtet, wenn auch nur sehr schwach. Durch die schwache Beleuchtung konnte ich auch die Rezeption am Ende des Ganges erkennen, die noch etwas mehr beleuchtet war. Erleichtert wurden meine Schritte zügiger. Als ich die Theke erreichte und mir einen Schlüssel ausgesucht hatte, bemerkte ich, dass ich mich beobachtet fühlte. Einen kurzen Moment später vernahm ich ein leises Knurren. Ich blickte auf und sah, dass mich vier Augen anstarrten, die sich in den Köpfen von zwei ausgewachsenen deutschen Schäferhunden befanden.
Ich erstarrte. Lediglich meine Hand wanderte zu meinem Mobiltelefon und wählte die Hotelnummer wiederholt.
„Ja?“, meldete sich die Stimme am anderen Ende wieder.
„Ähm, ich bin es noch einmal.
Ich bin jetzt an der Rezeption und mich knurren hier gerade zwei große Hunde an.“, erklärte ich mit leiser verunsicherter Stimme.
„Die knurren sie an? Das machen sie eigentlich nicht.
Aber seien sie unbesorgt, die tun Ihnen nichts.
Nehmen sie sich einfach den Schlüssel Ihrer Wahl und gehen sie auf ihr Zimmer.
In etwa einer Stunde wird das Hotel auch wieder mit Personal besetzt sein.“, klärte der gute Mann mich auf.
Gesagt, getan.
Ich nahm mir also den Schlüssel meiner Wahl und ging in die zweite Etage des alten Hauses um dann das Zimmer 211 zu betreten.
Angenehm überrascht war ich, als ich das Zimmer betrat. Es wurde offensichtlich