Rückstoß. Timo Körner
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In meine Sporttasche passten immer nur ein bis zwei Tüten. Ich musste insgesamt elf Mal laufen. In meiner Wohnung angekommen, verfrachtete ich die Tüten immer gleich von der Sporttasche in meine Badewanne, damit ich nicht versehentlich oder unbemerkt Blutflecken auf meinem Fußboden verteilte.
Nach dem letzten Gang machte ich mich sofort daran die Einzelteile in der Badewanne aus den Tüten zu wickeln. Als das erledigt war, begann ich das Fleisch mit dem Filetiermesser von den Knochen zu schälen. Als nicht ausgebildeter Metzger brauchte ich dafür geschlagene zwei Stunden. Das war eine ganz schöne Sauerei.
Am Ende hatte ich jede Menge Fleischschnitt und einen Haufen Knochen in der Badewanne. Das Blut, welches während des Filetierens umher spritzte, spülte ich mit Hilfe des Duschkopfes fort. Danach sah es alles etwas angenehmer aus.
Wie beim Metzger halt.
Es hat alles irgendwie komisch gerochen.
Wie beim Metzger halt.
Ich wollte endlich fertig werden, also begann ich die meisten Körperteile gleich durch den Fleischwolf zu jagen und in kleine ein Kilogramm Gefrierbeutel zu verpacken. Es waren um die siebzig Stück.
Ich rechnete mir vorweg aus, dass ich diesen fünfundachtzig Kilo Menschen innerhalb von zweieinhalb Monaten wegessen könnte.
Ja, ich weiß, dass das Kannibalismus ist, aber Menschen aßen tagtäglich Säugetiere, wie sie es selbst waren. Kannibalismus war nur ein Wort für mich. Wir aßen ständig nahezu unseres Gleichen, also Säugetiere, und damit war es kein großes Thema für mich. Das Thema war für mich sozusagen „gegessen“.
Als ich aber diese über siebzig Tüten Hackfleisch dort liegen sah, fiel mir auf, dass ich mich nicht ganz so gut vorbereitet hatte. Mein Kühlschrank war gar nicht so sehr groß und mein Gefrierfach war genau genommen nur ein Eiswürfelfach.
Nach einigen Überlegungen fiel mir wieder ein, dass mich Jury, mein russisch stämmiger Nachbar der immer, wenn er nicht gerade in seinem Schrebergarten am Stadtrand war, zuhause war. Er war arbeitssuchend und Vieltrinker. Blonde kurz geschorene Haare hatte er und eine Statur, mit der man sich nicht unbedingt anlegen sollte. Dazu hatte er, wahrscheinlich, wegen seiner Trinkerei, schon eine richtig runzelige Erdbeernase, die immer, wenn er mal wieder betrunken war, schon fast rot leuchtete. Er hatte immer einen Grund zum Feiern und nach diesem Motto lebte er auch. Immer höflich war er, auch wenn er betrunken war. Man merkte aber auch, dass man ihm in diesem Zustand nicht krumm kommen sollte.
Jury hatte mir, als wir uns einmal im Keller des Hauses trafen, angeboten, dass ich, wenn ich einmal etwas einzufrieren hätte, ihn gerne fragen könne, ob ich etwas in seiner riesigen Tiefkühltruhe aufbewahren darf.
Bingo!
Ich fragte Jury und er stimmte, hilfsbereit, wir er war, sofort zu.
Ich behielt einige Kilo in meinem Kühlschrank, den Rest brachte ich herunter in Jurys Truhe.
Jury fragte mich, woher ich so viel Fleisch hatte ich sagte ihm, dass das Fleisch vom LKW Fiel, während ich mit meinen Fingern Anführungszeichen simulierte. Ich versicherte ihm aber, dass das Fleisch garantiert frisch war.
Auf Jurys Frage, ob er sich auch hin und wieder einmal an dem Hackfleisch bedienen dürfe, antwortete ich, begleitet mit einer selbstverständlich wirkenden Handbewegung: „Klar, immer!“.
An Jurys dankbarem Grinsen, stellte ich fest, dass er mir bei der Beseitigung der Leiche behilflich sein würde und dass er dazu noch sehr dankbar war. Er war, wie ich, bis zu diesem Zeitpunkt, ständig klamm am Geld.
Ich hatte mir eigentlich ganze Menüs zurechtgelegt, die ich mir mit Häuptlings Fleisch bereiten würde, aber mir kam schon hier öfter der Gedanke, dass man irgendwann des Fleischgeschmacks überdrüssig werden könnte. Diese Erkenntnis hatte ich mir aus der Aktion auch mitgenommen.
*
Nach der ganzen Manscherei in der Badewanne, hatte ich eigentlich schon genug von Fleisch und ich war müde, aber ich hatte auch Hunger. Also kochte ich mir doch gleich eine riesige Portion Chili con Carne. Das war meine Lieblingsspeise.
Kaum war das Zeug fertig, stellte ich den Herd aus. Ich war aber mittlerweile so müde, dass ich mich erst einmal schlafen legte.
Ich schlief fest und lang und ungewöhnlich ruhig und am nachfolgenden späten Nachmittag, wachte ich wieder auf.
Mit einem Mords-Hunger.
Das Chili con Carne aß ich fast komplett auf. Es war ein ein Kilo Beutel Häuptlings-Fleisch, den ich dort hineinmischte, aber es kam mir einfach nur vor, wie ein sattes Frühstück und es schmeckte toll.
Den Rest kippte ich ins Klo. War nicht mehr so viel.
Beim Hineinkippen ins Klo fiel mir wieder auf und ein, dass ja noch das komplette Knochengerüst und der noch „volle“ Schädel von Häuptling in meiner Badewanne lag.
Der Scheiß musste ja auch noch weg.
Als ich den Kochtopf abgewaschen und nach dem Abtrocknen wieder in meinem Küchenschrank verstaut hatte, machte ich mich an das vorrangige Problem. Häuptlings Schädel, an dem auch noch sein Gesicht klebte.
Ich nahm den Schädel in meine Hand und schnitt mit meinem Teppichmesser einmal mittig rundherum.
Dann riss ich die Haut ab, was sich anfühle und klang, als würde ich einen Streifen Paketklebeband von einem gut klebenden Untergrund abreißen. War recht anstrengend. Danach zertrümmerte ich die Schädeldecke, woraufhin mich das Gehirn ansah. Das war eine sehr klebrige Angelegenheit. So klebrig, dass bei mir das Gefühl aufkam, dass das Gehirn innerhalb eines Schädels in Kola gelagert wurde. Keine Ahnung, was in so einem Gehirn drin ist, aber das Zeugs klebt echt heftig.
Ich packte diese Masse und warf sie in den anonymen Müllschlucker unseres Hochhauses.
Im Anschluss fing ich an, alle Knochen zu zertrümmern und in kleine Minitüten-fähige Teile aufzuteilen. In den nächsten drei Stunden verteilte ich die Tüten, die ich aus Prinzip von allen möglichen Einkäufen bei allen möglichen Discountern sammelte, in Bus- und Straßenbahnmülleimern zu entsorgen. Wenn nicht jemand tatsächlich nach menschlichen Knochen suchen würde, würde es keinem auffallen, dass ich die Knochen einer kompletten Leiche in der gesamten Stadt verteilt hatte.
Erledigt!
Keine Ahnung, ob ich wirklich „sicher“ vorging, aber mir war es fast egal. Ich war bereits ein Mörder und die laschen Gesetze dieses Landes und die Strafvollzugsanstalten lehrten mir dazu nicht gerade das Fürchten.
Nun ging es an Häuptlings Auto. Das war eine coole dicke Karre, aber ich musste sie loswerden. Tat mir ein bisschen weh, weil sich das Fahrzeug sehr gut fahren ließ.
Am nachfolgenden Samstag, begab ich mich mit diesem schwarzen Bonzen-Schiff auf einen Gebrauchtwagenbasar am anderen Ende der Stadt und stellte mich mit dem Wagen als Verkaufender auf.
Es dauerte nicht lange, als ein offensichtlich slawisch stämmiger Mitbürger Interesse an dem Wagen bekundete.
Er fing an zu fragen, woher der Wagen stammte und welche Papiere verfügbar waren. Ich machte ihm recht kurz und bündig deutlich, dass der Wagen mit jeder Frage, die er mehr stellte, deutlich teurer als achtzehn tausend werden würde.
Die