Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

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Afrikanische Märchen auf 668 Seiten - T. von Held

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Er antwortete: »Geträumt habe ich nicht; ich rede

       die Wahrheit.«

       Sie verabredeten nun, daß einer von ihnen wachen

       solle, und sobald dieser ein verdächtiges Geräusch

       höre, die anderen wecken müsse.

       Nach einer kleinen Weile waren sie bis auf einen

       wieder in festen Schlaf gefallen. Es währte gar nicht

       lange, so ließen sich Schritte vernehmen und gleich

       darauf dieselben Worte wie vorhin.

       »Sie werden alle gleich hier sein,« schloß der Kannibale

       seine Rede und rieb sich vergnügt die Hände,

       indem er wieder zur Tür der Hütte hinaustrat.

       Der zum Tode erschrockene Knabe rief seine Gefährten,

       und in wenigen Sekunden befanden sie alle

       sich auf der Flucht.

       Als der Kannibale aber mit seinen Freunden die

       Hütte betrat, die jetzt leer war, fielen die Betrogenen

       über den Betrüger her – denn sie glaubten seinen Beteuerungen

       nicht – und verspeisten ihn.

       Sikulume war geflohen, ohne in der Hast an seinen

       Vogel zu denken. Als er dies bemerkte, beschloß er

       sofort umzukehren; denn er fürchtete den Zorn seines

       Vaters mehr als die Blutgier der Kannibalen.

       Seine Gefährten suchten umsonst, ihn von seinem

       Vorhaben zurückzuhalten.

       »Seht her,« rief Sikulume und bohrte seinen Assegai3

       in die Erde, »wenn dieser fest und still steht,

       dann sollt ihr wissen, daß ich in Sicherheit bin; bewegt

       er sich hin und her, so wißt, daß ich fliehe, fällt

       er aber hin, so sei es euch das sichere Zeichen meines

       Todes.«

       Damit ging er von ihnen und wandte sich der Hütte

       der Menschenfresser zu.

       Auf dem Wege dorthin traf er ein altes Weib; das

       saß auf einem großen Steine und rief ihm zu:

       »Wohin gehst du?«

       Er sagte es ihr.

       Da nahm die Frau aus einem Korbe etwas Fett und

       gab es dem Sohne des Häuptlings.

       »Nimm dies,« sprach sie. »Wollen die Kannibalen

       dir etwas anhaben, so wirf ein wenig davon auf einen

       Stein.«

       Dann war die Alte verschwunden, Sikulume ging

       weiter. Als er zu der Hütte kam, fand er sie leer; nur

       sein Vogel saß mit hängenden Flügeln am Eingange.

       Schnell nahm er ihn auf. In demselben Augenblick

       aber hatten die Kannibalen von weitem den Knaben

       bemerkt und kamen mit lautem Geschrei auf ihn zugerannt.

       Sikulume floh, so schnell seine Füße ihn tragen

       wollten; aber seine Verfolger verstanden das Laufen

       gut, und in wenigen Minuten hatten sie ihn fast eingeholt.

       Da warf Sikulume etwas von dem Fett, welches die

       Alte ihm gegeben hatte, auf einen Stein. Kaum sahen

       dies die anderen, als sie sich in wilder Gier auf den

       Stein warfen. Es entstand ein Handgemenge unter

       ihnen, bis einer den Stein verschluckt hatte. Dann erst

       setzten sie ihre Verfolgung fort. Wieder waren sie

       nahe an Sikulume herangekommen, als dieser abermals

       von dem Fett, was er noch hatte, auf einen Stein

       warf. Dasselbe Schauspiel wie vorhin wiederholte

       sich. Schließlich stürzten die Kannibalen über den,

       welcher den Stein verschlungen hatte, her und töteten

       ihn. Sikulume hatte inzwischen einen guten Vorsprung

       bekommen; dennoch sah er mit Schrecken,

       daß seine Feinde sich ihm immer mehr näherten.

       Um besser rennen zu können, warf er das Tuch,

       welches er um seine Hüften geschlagen hatte, von

       sich. Dasselbe fing an zu laufen und schlug eine andere

       Richtung ein. Sofort ließen die Kannibalen von der

       Verfolgung Sikulumes ab und wandten sich dem

       Tuche zu. Ehe sie dasselbe erreicht hatten, war der

       Knabe bei seinen Gefährten. Mit ihnen zusammen

       eilte er nun dem Kraal seines Vaters zu. Bald gewahrten

       sie ihre Verfolger wieder hinter sich und sahen zu

       gleicher Zeit einen kleinen Mann neben einem großen

       Steine sitzen.

       Der Kleine rief ihnen, als sie an ihm vorübereilen

       wollten, zu:

       »Ich kann diesen Stein in eine Hütte verwandeln.«

       »So tue es!« erwiderten die Knaben.

       Er tat es, und die Knaben gingen alle in die Hütte;

       der kleine Mann ebenfalls.

       In der Hütte spielten sie allerlei Spiele.4

       Als die Kannibalen nahe herzugekommen waren,

       witterten sie Menschenfleisch; aber sie sahen nichts

       als einen großen Stein; denn von der Verwandlung

       desselben in eine Hütte konnten sie nichts bemerken.

       Da wurden sie sehr zornig und fingen an, den Stein

      

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