Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

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Afrikanische Märchen auf 668 Seiten - T. von Held

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entgegneten:

       »Es ist unsere Sitte.«

       Man brachte ihnen Speise und gab ihnen eine neue

       Matte zum Niedersitzen.

       Sie aber sprachen:

       »Unsere Sitte ist, beim Essen auf einer alten Matte

       zu sitzen.«

       Man gab ihnen eine leere Hütte zum Schlafen; sie

       aber sagten: »Unserer Sitte gemäß schlafen wir nur in

       einer Hütte, in der Geräte sind.«

       Am folgenden Tage sprach der Häuptling Mangangezulu

       zu seinen Gästen:

       »Geht und seht euch mein Vieh an und hütet es.«

       Sie gingen. Ein heftiger Gewitterregen überraschte

       sie, und Sikulume breitete seinen Mantel aus auf die

       Erde, da wurde er zu einer Hütte, die hart war wie

       Stein; in diese traten sie alle hinein und waren geschützt

       vor dem Regen.

       Als sie des Abends mit dem Vieh heimkehrten,

       kam die Tochter Mangangezulus ihnen entgegen und

       blieb an Sikulumes Seite. Da die Mutter des Mädchens

       dies sah, stellte sie ihren Fuß in die Fußtapfen

       Sikulumes, und er verwandelte sich sofort in ein Elentier.

       Das Mädchen aber liebte den jungen Häuptling

       sehr, und da sie sah, was ihre Mutter getan hatte,

       machte sie ein großes Feuer und trieb ihn hinein. Da

       verbrannte er und wurde zu einer ganz kleinen Kohle.

       Das Mädchen nahm die heiße Kohle, legte sie in

       einen Topf mit kaltem Wasser, und in wenigen Minuten

       stand Sikulume wieder vor ihr.

       Sikulume und Mangangezulus Tochter verließen

       den Platz; denn der Häuptling trachtete beiden nach

       dem Leben. Das Mädchen hatte ein Ei, eine Kalabas-

       se7, einen Topf und einen glatten Stein mit sich genommen.

       Als sie nun sahen, daß Mangangezulu ihnen folgte,

       warf das Mädchen das Ei zur Erde. Aus ihm wurde

       ein dichter Nebel.

       Mangangezulu irrte in dem Nebel umher, bis er

       sich endlich zerteilte, dann verfolgte er Sikulume und

       seine Tochter weiter.

       Da warf sie die Kalabasse zur Erde, und sie verwandelte

       sich in eine breite, tiefe Wasserfläche. Mangangezulu

       mußte warten, bis die Erde das Wasser

       verschlungen hatte, dann setzte er seinen Weg fort.

       Das Mädchen warf nun den Topf zur Erde. Er zerbrach

       und verbreitete tiefe Dunkelheit. Wieder mußte

       der Vater eine lange Zeit warten, bis es Licht wurde;

       dann eilte er weiter und kam nahe an die Fliehenden

       heran.

       Da warf seine Tochter den glatten Stein auf die

       Erde. Er wuchs und wurde zu einem riesigen Gebirge,

       dessen eine Seite eine steile Mauer war. Mangangezulu

       konnte die Felsen nicht erklettern und mußte umkehren

       und in seinen Kraal gehen.

       Sikulume aber zog mit seinem jungen Weibe weiter,

       und als er heimkam, sagte er zu den Leuten seines

       Stammes:

       »Dies ist Mangangezulus Tochter. Ihr rietet mir,

       nicht in ihres Vaters Kraal zu gehen, weil Ihr glaub-

       tet, ich würde getötet werden. Ich habe Eure Warnung

       verachtet, und nun bringe ich mein Weib heim.«

       Sikulume wurde nun zu einem großen und mächtigen

       Häuptling, und alle Leute bewunderten ihn und

       sagten:

       »Niemand kann tun, was Sikulume getan hat.«

       Fußnoten

       1 Die Kapkaffern sowohl wie die Zulus schätzen

       ihren Reichtum nach der Anzahl ihrer aufwachsenden

       Töchter. Die Geburt einer Tochter bedeutet für die Eltern

       eine Besserung ihres Wohlstandes; denn das Liebeswerben

       jedes Kaffernfreiers muß durch ein Angebot

       von Ochsen, die er dem erwünschten Schwiegervater

       als Entgelt für die Dame seiner Wahl bietet, unterstützt

       werden. Da nun bei den südafrikanischen

       Völkern der Reichtum nicht in klingender Münze,

       sondern in blökendem Vieh besteht, so hat der Meistbietende

       die besten Aussichten auf Verwirklichung

       seiner Wünsche.

       2 Ein Kraal ist ein Negerdorf. Kaffern leben in Hütten,

       welche in Gestalt von Halbkugeln, aus starkem

       Geäst geflochten und mit Pfählen in den Boden befestigt

       sind. Sie sind vollkommen vor den Unbilden des

       Wetters geschützt. Die größten dieser Hütten haben

       einen Durchmesser von 25 Fuß und eine Höhe von 8

       Fuß. Der einzige Zugang ist eine schmale, niedrige

       Öffnung, welche Tür, Fenster und Rauchfang zugleich

       ist. Das Innere ist immer rauchig und meist schmutzig.

       Gewöhnlich bauen die Kaffern ihre Kraale oder

       Dörfer auf einer Anhöhe, die eine weite Aussicht bietet.

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