Der Fluch. Michael Lindner

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Der Fluch - Michael Lindner

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ihn. Sie war nackt im Bett. Er schloss vorsichtig die Tür zweimal ab, aus Angst vor dem Alten. Dann kroch er unter die Decke und konnte nicht aufhören und sie konnte nicht aufhören und so ging es die ganze Nacht.

      Von solchen Träumen bewegt, durchschlief er manch heiße Mittagsstunde und wenn er dann erwachte, fuhr er zusammen in größter Panik, drehte sich hastig nach allen Seiten, rieb seine Augen, erblickte grün, überall grün und nochmals grün, ehe die Erinnerung einsetzte und sich alles langsam wieder zusammenfügte.

      Dann schrie es: "Verdammt, verdammt noch mal!" aus ihm heraus und er griff mit laut schlagendem Herzen zu seinem Säbel, der neben ihm lag und den er wie die vielen anderen Sachen mit sich gebracht hatte, auf dem Weg in ein neues Leben. Mit ganzer Kraft hieb er ein Stück von den Halmen ab, hielt das eine Ende an den Mund und übergoss sich mit Wasser.

      Dann dachte er: "Es ist gut so. Es ist gut so. Ich kann nicht zurück. Es ist gut so." Erst allmählich konnte er sich wieder beruhigen, während die Sonne nicht aufhörte zu brennen.

      Eines anderen Tages, ebenso zur Mittagszeit, war er wieder eingeschlummert mitten im Wald, und diesmal wurde er von wildem Geschrei geweckt. Es surrte und knackte ringsum. Irgendjemand schoss mit Pfeilen. Die Pfeile pfiffen durch das Blattwerk und schlugen in die Stämme ein. Hastige Schritte wechselten sich ab mit lautem Rufen, das immer näherkam. Er verstand nichts, denn es war weder seine, noch irgendeine andere Sprache, die er kannte.

      "Wilde, irgendwelche Wilde!" dachte er und kauerte sich hinter einen mächtigen Stamm. Die Schritte kamen näher und er konnte die Richtung erahnen. Jemand keuchte und schrie, als ob er gleich sterben müsse. Jeden Moment würde er herausbrechen aus dem Unterholz und ihn entdecken. Auf einmal Stille. Dann wieder Schreie, lautes Gebrüll ganz dicht neben ihm. Ein Ast knackte und dann sah er ein Bein. Wie im Zeitraffer tauchten zuerst das dunkle Bein und dann der Körper, mit einem Lendenschurz aus braunem Stoff, zwischen den Stauden hindurch. Er blickte in die aufgerissenen Augen eines Wilden mit Kriegsbemalung. Das Blut gefror ihm in den Adern, als der Wilde losbrüllte, die Arme in die Höhe riss und schreiend auf ihn losstürzte. Da drückte er den Abzug. Er hatte das Gewehr die ganze Zeit im Anschlag gehabt. Ein Schuss löste sich und es krachte so heftig, dass er selbst erschrak. Doch noch mehr als er erschrak der wilde Kerl und fiel der Länge nach vor ihm auf den Boden und blieb da liegen, regungslos, wie tot.

      Robin kam hervor aus seinem Versteck, er zitterte am ganzen Leib, trat an ihn heran, presste den Lauf seiner Flinte auf den nackten, braunen Oberkörper und schrie mit furchterregender Stimme: "Keine Bewegung!" Dann stieg er in den Nacken des Mannes und überlegte kurze Zeit, ob er ihm den Stutzen über den Schädel ziehen sollte. Doch stattdessen schrie er, diesmal leiser wie zuvor und mit weniger Angst: "Umdrehen sofort!" Mit seinem Fuß grub er sich unter den linken Oberarm des Kerls, hob ihn ein wenig an und brachte ihn dazu, sich auf den Rücken zu drehen. Der Wilde lag jetzt vor ihm, die Augen geschlossen, mit bemalten Wangen, hastig durch den geöffneten Mund nach Luft schnappend. Robin sah, dass er völlig wehrlos war und stieß ihn leicht mit dem Gewehrkolben an.

      "Was ist hier los? Sag was!" Aufgeregt zuckten seine Lippen, er versuchte zu reden und zischte etwas, wandte den Kopf in die Richtung aus der er gekommen war, verdrehte kurz die Augen und fiel dann in Ohnmacht.

      Seine Oberarme waren mit mehreren nach unten zeigenden, keilartigen Symbolen in dicker, weißer Farbe bemalt, ebenso das Gesicht oberhalb der kräftigen Kieferknochen. Auf dem Brustkorb verliefen zwei halbkreisförmige Linien spiegel­verkehrt an der Innenseite der Brustwarzen herum. In der Mitte, da wo das Herz schlug, berührten sie sich fast.

      "Er lebt", flüsterte Robin, betastete die Farbe und strich über die harte, muskulöse Bauchdecke weiter zum etwas hervorstehenden Nabel, der von symmetrischen Dreiecken eingerahmt wurde. Er besah sich die Zeichnungen genau. Die beiden Dreiecke bildeten ein auf dem Kopf stehendes Quadrat, eine Art Raute, deren Spitze in die Leistengegend wies, da wo der Oberkörper in das Becken überging. Es war wohl eine Kriegsbemalung, dachte Robin und ließ von ihm ab. Er lauschte angestrengt. Es war jetzt nichts mehr zu hören. Seine Gefährten hatten offenbar das Weite gesucht, als der Schuss fiel.

      Er hieß Nuii, der schöne junge Mann, wie er später erfuhr. Sein Gesicht war so ebenmäßig gezeichnet und es sah gar nicht aus, wie das eines Farbigen. Es war feiner, mit einer hübschen Nase und hatte den Teint einer reifen Kokosnuss. Die Augen waren so tief und schwarz wie der Ozean in der dunkelsten Nacht. Nuii konnte die Sprache der Weißen sprechen. Er hatte sie bei ihnen gelernt.

      Robin nahm ihn mit in das alte Haus. Auf einem seiner ersten Streifzüge über die Insel hatte er es entdeckt, und obgleich es völlig verfallen war, war er sehr froh, es sein Zuhause nennen zu dürfen. Es bot ihm Schutz vor den wilden Tieren.

      „Du warst schon hier?“ fragte er ihn, als sie gemeinsam auf der hölzernen Veranda standen. Nuii nickte.

      Robin war erstaunt. „Ich lebe nämlich schon einige Zeit hier“, sagte er, „zwei Jahre, zwei Monate

      und elf Tage.“

      „Ja?“

      „Ja“, sagte Robin und betrachtete ihn skeptisch.

      „Hast du das Haus jemals betreten?“

      Nuii schüttelte den Kopf, so dass seine Halskette mit dem Haifischzahn, den Muscheln, den Korallen und den kleinen weißen Perlen rasselte. Robin war sich nicht sicher, ob er ihm glauben sollte.

      „Ich wohne woanders“, sagte Nuii, „ich wohne

      dort, wo die Weißen nicht sind.“

      „Wo wohnst du?“ fragte Robin und sah ihn an.

      „Ich wohne in der Nähe!“ antwortete Nuii. Seine weißen Zähne standen in einer Reihe dicht beieinander, ohne jeden Makel. Sie glänzten wie Kokosnussfleisch.

      „In der Nähe, was heißt in der Nähe?“

      „In der Nähe“, wiederholte Nuii. Und als wäre

      es ganz selbstverständlich, sagte er: „Ich sehe dich, aber du siehst mich nicht!“ Robin nahm einen tiefen Zug aus der Pfeife und paffte ein Rauchwölkchen nach dem anderen in die Luft, so wie er es immer machte, wenn er angestrengt nachdachte. „Seit zwei Jahren beobachtest du mich also?“

      „Ja“, erwiderte Nuii, ohne aufzusehen.

      „Und, gibt es da noch mehr von euch?“ Robin zog die Stirn in Falten. Der Pfeifenqualm stand in der feuchten, schwülen Luft, wie eine dicke, schwarze Gewitterwolke, die den Himmel verfinsterte. Nuii sagte nichts. Sein leerer Blick war auf den Boden gerichtet.

      „Wo sind die anderen?“ fragte ihn Robin nervös. „Sag schon! Sie werden doch nicht kommen, oder?“ Nuii setzte sich auf die Stufen, die zur dahinterliegenden Haustüre führten. Er fächelte den Qualm zur Seite und schüttelte mit trauriger Miene den Kopf. „Nein, ich bin nicht mehr ihr Freund.“

      Robin verstand nicht, was er meinte. Er lehnte sich an einen der Holzpfähle unter dem Balkon. Sie umrahmten links und rechts neben der Treppe den Eingangsbereich. Zusammen mit einer Reihe weiterer Holzpfosten, denen das Wetter im Laufe der Zeit bereits stark zugesetzt hatte, trugen sie das obere Stockwerk. Er bemerkte wie Nuiis Kopf zwischen seinen Händen immer tiefer sank. Es drängte ihn, mehr zu erfahren. „Wenn du nicht mehr ihr Freund bist“, fragte er, „was bist du dann?“

      Nuii sah zu ihm hinauf. „Ich bin ein Verräter, ein Feigling. Ich habe meine Frau betrogen!“

      „Du hast deine Frau betrogen?“

      „Ja,

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