Oskar trifft die Todesgöttin. Jörgen Dingler

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Oskar trifft die Todesgöttin - Jörgen Dingler

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Sondergenehmigung. Das galt bereits für die offiziellen, sichtbaren oder zumindest leicht auffindbaren, nicht serienmäßigen Teile. Ein Raketenwerfer mochte wohl übertrieben sein, aber dass dieser Wagen auch das ein oder andere extravagante Special beherbergte, stand außerhalb jeder Diskussion. Specials, für die keine Verkehrsbehörde dieser Welt Sondergenehmigungen erteilen würde.

      James Bond und sein Ausstattungsspezialist Q lassen grüßen.

       Wie war das gleich? Gegen Kali und ihre Agentin sind wir Waisenknaben!

      Eine lebende Killerlegende stand einem Kinohelden wohl kaum nach. Nur: Das hier war echt, kein Kino.

       Ihr Vehikel ist hier! Sie demnach auch. Zumindest sehr wahrscheinlich.

      »Schatz…«, begann Christine niedlich.

      »Ja?«

      »Wir wollten uns jetzt eigentlich nur noch von Jean-Pierre verabschieden, und ihr Männer macht wieder eine Auto-Diskussion daraus.«

      »Tschuldige.«

      »Ist nicht schlimm. Ich steh auch auf Autos, wie du vielleicht schon gemerkt hast.« Sie sah Oskar süß und mitleiderregend von unten an. Papa Vaarenkroog hatte recht: Sie konnte ihre Niedlichkeit wirklich manipulativ einsetzen. Etwas Niedlicheres als diese Frau musste erst noch erfunden werden. »Aber ich möchte weiter«, zog sie einen Schmollmund.

      »Aber klar, Süße. Äh… wir fahren weiter?«

      »Ja. Wir zwei, Jean-Pierre bleibt hier.«

      »Ihr habt das Liebesnest, Oskar«, spitzte Jean-Pierre. Auch diese Äußerung konnte Oskar nachvollziehen. Der Vertraute musste den neuen Lover als Störfaktor sehen. Mehr noch: als Gefahr. Dafür brauchte es keine Eifersucht.

      »Eigentlich dachte ich, du würdest mich hier noch etwas rumführen«, wandte sich Oskar an die Hausherrin. Selbstredend war er auf diese Hochsicherheitsanlage neugierig. Nun umso mehr. Wie er schon bei Gregs Garten-Briefing vermutet hatte, war es wohl nicht nur Christines Zentrale. Zuviel deutete auf eine Kali-Infrastruktur hin. Und sie war hier! Zumindest sprach die Anwesenheit ihres ‚Dienstwagens‘ dafür. Ihm fielen Garagen auf. Warum stand der schwarze Bomber nicht auch in der Garage? Weil er regelmäßig und wohl auch kürzlich bewegt wurde. Deswegen war auch sie hier!

      Ganz schön leichtsinnig. Der Blonde berichtigte sein Urteil über vermeintlichen Leichtsinn, den Wagen ‚offen‘ herumstehen zu lassen. Das Spezialfahrzeug stand auf einem hochgesicherten, nicht von außen einsehbaren, menschenleeren Gelände. Einzig Oskar war ein Betriebsfremder, aber sicherlich kein Insider, der auf Kalis Vehikel schließen könnte. Die reale Todesgöttin war keinem Normalbürger ein Begriff.

      »Heute nicht mehr, mein Schatz. Ich möchte mich nur noch entspannen«, Sie zwinkerte und machte eine aufmunternde Handbewegung in Jean-Pierres Richtung. Oskar reichte ihm die Hand.

      »Mach‘s gut, Jean-Pierre. Wir sehen uns ja sicher die Tage.«

      »Aber klar sehen wir uns, Oskar.«

      Christine beobachtete die Szene schmallippig mit kaum merklichem Schmunzeln. Wieder einmal studierte sie ihren neuen Lover. Der bekam es mit, weil sie noch eine Zeit lang unverändert so dastand, als er sich wieder an ihre Seite begab. Sie dachte vielleicht irgendetwas wie ‚Die zwei brauchen noch etwas Zeit, um miteinander warm zu werden‘. Hoffentlich dachte sie etwas in der Richtung. Die Umstände sprachen nicht unbedingt dafür, dass Jean-Pierre und Oskar diese Zeit haben würden. Sie sprachen vor allem gegen das Miteinander-Warmwerden an sich. Jean-Pierres Vertraute stand in Oskars Auftragsbuch, was eben nicht den Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen den beiden verhieß. Noch weniger verhieß es den Fortbestand der Liebesbeziehung mit der zauberhaftesten Frau, die Oskar jemals begegnet war. Der Zauberhaftesten trotz aller Haken.

      Er musste eine Entscheidung treffen.

      Dieser Job hatte wirklich das Potenzial, schlimm zu werden. Und etwas Schlimmes war bereits eingetreten. Das Schlimme war sogar noch schlimmer. Es war mehr als nur eine Verliebtheit. Wie er sich Minuten zuvor zum ersten Mal eingestanden hatte, liebte er die Frau, die er töten musste. Das bedingte sein Interesse an Kalis sehr wahrscheinlicher Nähe. Noch vor ein paar Tagen wäre der Grund für dieses Interesse gewesen, wie er es vermeiden konnte, der Tödlichsten von allen über den Weg zu laufen.

      Christine und Jean-Pierre verabschiedeten sich per Umarmung und Wangenküsschen.

      »Pass auf dich auf, Große«, sagte Jean-Pierre leise auf Französisch. Soviel Französisch verstand Oskar so gerade noch. Witzigerweise war das ‚Große‘ auf Deutsch. Nicht nur Jean-Pierre, auch er hatte gute Ohren. Christine sah ihren Beschützer an, als hätte er diesen Allerweltssager zum ersten Mal an sie addressiert. Vielleicht war es auch so.

      »Lass die Sachen einfach im Auto, mein Lieber. Die Jungs vom Lager sollen sie am Montag reintragen«, gab Christine laut genug auf Deutsch von sich, sodass man es hören musste.

       Eine etwas zu offensichtliche Ablenkung von Jean-Pierres besorgtem Ausspruch, S üß e! Da h ä tte ich mehr von dir erwartet.

      Christine schlenderte lächelnd auf Oskar zu, ergriff seine Hand, schlang sich geschickt zu ihm (er wettete, dass sie – neben allem anderen – auch eine ausgezeichnete Tänzerin war) und küsste ihn.

      »Komm. Wir fahren weiter. Ich hab Lust auf ein schönes heißes Bad… und dann auf was anderes Heißes!«, hauchte sie ihre weiteren Pläne für den Tag.

      »Klingt verdammt gut, du heiße Maus.«

      Sie fuhren über ähnliche Pisten, bis sie wieder festen Asphalt unter den Rädern erreichten. Dieser formte wundervolle Serpentinen, die sich durch die Cinque Terre schlängelten. Eine traumhafte Landschaft. Vorbei an Riomaggiore, Volastra, San Bernadino, links abbiegen nach… Vernazza. Christine bog in eine kleine Gasse direkt nach dem Ortseingang ein und ließ den Lamborghini in einen Carport vor einem schönen alten Haus gleiten.

      »Wir sind da«, hauchte sie.

      Sie stiegen aus, Oskar fischte das Gepäck aus dem Kofferraum und stellte es vorerst auf den Boden. Christine breitete die Arme aus und strahlte.

      »Hach!… Herrlich!«, juchzte sie. »Auch das hier ist ‚Chez Christine‘!«

      »Ist nicht überall, wo du zuhause bist ‚Chez Christine‘?«

      »Quasi schon. Aber das hier heißt auch so wie mein Lokal in Zürich. Natürlich heißt es hier ‚Da Christine‘. Wir sind ja in Italien.«

      In der Tat. Es hieß wirklich ‚Da Christine‘. Oskar erblickte den handgemalten Schriftzug auf der blassroten Hauswand. Er vermutete, dass sie den Schriftzug selbst gemalt hatte.

      »Es ist eine alte Ferienpension. Ich hatte sie gekauft, als ich mein Unternehmen hier ansiedelte.«

      »Wie lange ist das her?«, fragte er interessiert. Natürlich interessierte ihn jede nähere Information über Christine, nicht nur aus privater Neugier.

      »Hm…« Es war kein ‚Hm‘, als ob sie überlegen musste, sondern: Warum fragte er danach? »… gute fünf Jahre.«

      »Und jetzt ist

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