Personen - Schutz. Jürgen H. Ruhr

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Hinsicht keine Sorge, Chrissi.“

      Christine winkte ab. „Da mache ich mir die wenigsten Gedanken drum. Um welchen großen Künstler handelt es sich denn?“

      „Winnibald Schlensbow, besser bekannt auch als Wim Schlensbow.“

      Wie aus einem Mund entfuhr es Chrissi und mir: „Wim Schlensbow? Oh nein, nicht ausgerechnet der!“

      Bernd konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Was habt ihr gegen den Mann?“

      Chrissi hatte sich noch nicht ganz gefasst: „Hast du jemals diese grottenschlechte Musik gehört? Dieses Gejammer“, und Chrissi stimmte einen jammernden, heulenden Singsang an: „Warum gibt es keine Fische mehr? Ich will mehr Fische mehr ...“

      Bernd lachte. Mir war so gar nicht zum Lachen zumute. Immer wenn solche Lieder im Radio kamen, drückte ich schleunigst den Ausschaltknopf.

      „Die Kids lieben es. Aber im Ernst: Natürlich können wir einen Auftrag nicht einfach ablehnen, nur weil uns der Auftraggeber nicht passt. Das machen wir nur, wenn die Person oder ihr Verhalten wirklich nicht mit unseren Vorstellungen von Moral und Anstand vereinbar sind. Und die Art der Musik ist nun einmal kein Grund für eine Absage. Aber noch eines ist wichtig: Dieser Wim Schlensbow gilt als unproblematisch, wie ich schon sagte, und für euch beide als Anfänger ist dies genau der richtige Auftrag. Musikgeschmack hin oder her!“

      „Wenigstens singt er zeitgemäße Lieder: Warum gibt es keine Fische mehr?“, sinnierte ich. „Na, das dürfte doch klar sein: wegen der Überfischung. Könnt ihr euch vorstellen, wie gerne ich einmal wieder eine Schillerlocke essen würde?“ Mir lief das Wasser im Mund zusammen.

      „Typisch Jonathan“, meinte Chrissi, „denkt wieder einmal nur ans Essen. Jedenfalls wirst du ja so genügend Gelegenheit erhalten, dir die schönen Reime dieses Sängerknaben aus nächster Nähe anzuhören.“

      Mir schauderte. Wie lange dauerte so ein Konzert? Zwei Stunden, drei Stunden? Und dann vielleicht noch eine Zugabe? Eine Frage schoss mir durch den Kopf: „Bekommen wir Ohrstöpsel?“

      Nach dieser Hiobsbotschaft ließ Bernd uns mit unseren Gedanken und Ängsten alleine. „Ich bekomme immer Ekelpickel von dieser Musik“, bemerkte ich scherzend zu Chrissi, die ernst nickte: „Ich verstehe nicht, was die Kinder und Jugendlichen daran finden.“ Langsam erhob sie sich von ihrem Stuhl. „Gut, ich mag auch Popmusik und es gibt ja eine Reihe von guten deutschen Liedern, aber ...“

      „Nenne mir nur ein einziges gutes deutsches Lied“, unterbrach ich sie, „der neueren Zeit. Ich meine nicht so Klassiker wie ‚Über den Wolken‘ oder so.“

      Christine überlegte nicht lange. „Kennst du ‚Gibt‘s das auch in groß‘ von Barbara Schöneberger?“ Ich schüttelte den Kopf.

      „Oder die Lieder von - hmm - zum Beispiel Roger Cicero?“

      Erneut musste ich verneinen. „Wenn ich schon einmal Musik höre, dann meistens Klassik.“

      „Na, dann höre dir die Titel einfach einmal an. Es gibt halt auch gute deutsche Musik und nicht nur dieses Gejaule und Gequäke, das in letzter Zeit so populär geworden ist.“

      Chrissi lachte und schob ihren Stuhl zurecht. „Kommst du mit ins Dojo? Ich muss nach dieser Nachricht unbedingt ein wenig trainieren und mich abreagieren. Du kämst mir als Partner gerade recht!“

      Ich nickte, dachte aber auch an die zahlreichen blauen Flecken, die das Kampfsporttraining in Rendsburg bei mir hinterlassen hatte. Wir waren übereingekommen, uns beim Training nicht mit Samthandschuhen anzufassen. Seufzend erhob ich mich ebenfalls. „Dann wollen wir mal.“

      Christine hatte es mir ‚richtig gezeigt‘. Aber auch ich konnte einige gute Treffer landen. Wir bereiteten uns jetzt beide auf weitere Prüfungen in Taekwondo vor. Auch wenn ich nicht ganz so verbissen bei der Sache war wie meine Kollegin. Die wollte in Kürze unbedingt noch die Prüfung zum ersten Dan machen. Vielleicht würde ich es ja noch schaffen, mit ihr gleichzuziehen.

      Nach dem Duschen trafen wir uns wieder in der Bibliothek, wo Sam schon auf uns wartete.

      „Hallo ihr beiden. Ich habe euch eben ein wenig beim Training beobachtet. Ihr geht ja ganz schön hart ran. Denkt immer daran, dass das lediglich ein Training ist und ihr euch auf gar keinen Fall verletzen sollt. Gerade jetzt, da die Verträge mit Wim Schlensbow in trockenen Tüchern sind.“

      „Ja, deswegen mussten wir uns ja so abreagieren“, warf Chrissi ein.

      Sam schaute sie verständnislos an. Lachend erklärte ich: „Wir mögen beide diese furchtbare Musik nicht. Und der Gedanke, zwei oder mehr Stunden bei so einem Konzert verbringen zu müssen ...“

      Jetzt lachte auch Sam. „Da müsst ihr durch. Leider können wir uns unsere Auftraggeber nicht aussuchen. Gut, bestimmte Personen lehnen wir ab. Auch für diesen Schlensbow würden wir normalerweise nicht arbeiten. Der ist einfach ein paar Nummern zu klein. Aber für euch beiden Anfänger ist der Job ideal. Ungefährlich und problemlos.“

      „Ja, das erwähnte Bernd schon“, meinte Chrissi, „aber wozu braucht dieser Schlensbow dann eigentlich Bodyguards? Wenn alles so problemlos ist?“

      „Wim Schlensbow ist ein Angeber. Ein typischer Medienmensch. Da braucht er ein wenig Show - sprich Bodyguards, und die möglichst bewaffnet, eine Stretchlimo und eine Riesensuite im Hotel. Seine Fans verlangen das einfach. Und es schmeichelt seinem Ego.“

      Ich schüttelte den Kopf. „Der Mensch wird mir immer unsympathischer.“

      „Sag das nicht Jonathan, bevor du ihn nicht persönlich kennengelernt hast. Das sind die Attribute, die er der Öffentlichkeit gegenüber verwendet. Urteile erst, wenn du ihn wirklich kennst.“

      „Kennst du ihn, hast du ihn getroffen?“, wollte Christine wissen.

      „Nein, ich habe nur mit seinem Manager gesprochen. Ziemlich arroganter Kerl. Und als es an das Unterzeichnen der Verträge ging, fragte der doch wirklich noch nach einem Preisnachlass. Am liebsten hätte ich die Papiere direkt zerrissen und dem Kerl um die Ohren gehauen. Das ist keine Liga in der wir normalerweise spielen ... Aber egal, Augen - und Ohren - zu und durch.“

      „Und was genau wird dort unsere Aufgabe sein?“ Mit ein paar Details sollte Sam ja schon herausrücken.

      „Ihr bekommt beide noch ein Dossier mit den Informationen. Das Konzert soll am dritten Mai stattfinden. Das ist ein Samstag. Ort des Ereignisses ist der Hockeypark in Holt. Aber eure Aufgabe besteht nicht nur darin, bei dem Auftritt Präsenz zu zeigen. Schlensbow kommt am Tag vor dem Konzert - also dem Freitag - mit dem Zug in Rheydt an. Ihr holt ihn am Bahnhof mit einer Stretchlimousine und großem Tam -Tam ab. Das ganze wird als Medienereignis gefeiert. So nach dem Motto ‚Ankunft des Superstars in Mönchengladbach.‘“

      Chrissi und ich stöhnten gleichzeitig auf. „Auch das noch! Ist das wirklich notwendig?“

      „Gehört alles zu unserem Komplettservice. Wir stellen auch das Fahrzeug. Selbst die Kleidung müssen wir euch vorschreiben: Rock, beziehungsweise natürlich Hose für dich Jonathan, weißes Hemd und offenes Jackett. Ihr werdet euch noch entsprechend einkleiden müssen. Das Jackett offen, damit eure Schulterhalfter sichtbar werden.“

      Jetzt war es an mir zu jammern: „Das hat ja gerade noch gefehlt! Wir sollen für diesen Sangesbruder herumlaufen wie

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