EIN HIMMLISCHER JOB. Til Erwig
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„So s e h e ich aus.“ Es klingt fast ein wenig empört vom Allmächtigen.
„Ein weißer Mann mit einem Bart und langen grauen Haaren!“
„Ein w e i s e r Mann“, korrigiert Fidelitas, „der kraftvoll anmutig seinen rechten Zeigefinger ausstreckt um auf Adam den Lebensfunken überspringen
zu lassen. So und nicht anders steht es bei Wikipedia“.
„So steht es w o?“, fragt Gottvater und wirkt auf einmal gar nicht allwissend.
„Wikipedia – eine Erfindung des Computerzeitalters auf Erden. Eine tolle Enzyklopädie, ein modernes Nachschlagewerk, da steht es geschrieben, dort weiß man alles.“
„Die wissen mehr als i c h, der Allwissende?“ Der alte Mann scheint irritiert, zweifelt er gar an sich selbst?
„Nicht unbedingt m e h r , Chef, aber doch vieles. Möglicherweise auch, ob es überhaupt Sinn macht in den Himmlischen Heerscharen eine fette Debatte zum Thema ´Emanzipation weiblicher Engel` loszutreten.“
Einen kurzen Augenblick scheint die Zeit still zu stehen. Das ist immer der Fall, wenn der Allmächtige ein Problem erkennt, über das erstmal gründlich nachgedacht werden muss, was unter Umständen schon mal hunderttausend Jahre dauern kann.
Die Wissenschaft kennt diesen Vorgang, weiß allerdings nicht den Auslöser der Denkpause zu erklären, weshalb die sich daraus zwingend ergebende Korrektur der Weltzeit bisher nur mit Hilfe sogenannter Schaltsekunden erreicht wird.
„Ein Kelch, der nicht an mir vorübergeht?“, stört Fidelitas die Überlegungen des Herrn und gerät nur deshalb nicht ins Schwitzen, weil sie als Engel diese manchmal störende menschliche Eigenschaft nicht kennt. Der alte Herr hat inzwischen seine Entscheidung überdacht, hält aber in einer Art von sturem menschlichen Eigensinn daran fest.
„Wie ich es auch dreh und wende, Fidelitas, du bist nun mal auserwählt, denn
du bist unschuldig und hast den Glauben eines Kindes...“
„Ich bin fast zweihundert, Chef“, traut sich Fidelitas zu widersprechen und erfährt erneut eine göttliche Streicheleinheit, die sie in dieser erfreulichen Form nicht erwartet hätte.
„Du siehst wesentlich jünger aus.“
Durchaus charmant. Der alte Herr scheint hinter seinem weißen Vollbart zu lächeln; er amüsiert sich ganz offensichtlich über die junge Engelin um nicht zu sagen: er findet Gefallen an der kleinen Fidelitas. Wobei ein Amüsement im Himmel eigentlich erst erlaubt ist, seit der Münchner Dienstmann Alois Hingerl, gezeugt vom bayerischen Dichter Ludwig Thoma, hoch über den Wolken das ´Frohlocken` und ´Halleluja singen` begonnen hat, um dadurch irgendwann einmal an ´himmlisches Manna` zu kommen.
„Vorsicht - 8. Psalm, Chef!“ Fidelitas scheint sich auszukennen in den Gesetzen des Himmels: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten!“ belehrt sie respektlos den Allmächtigen, um sich gleich danach wieder zu disziplinieren.
„Aber dein Wille geschehe. Und gesegnet mit all meinen bisher erworbenen Gaben, wird mir der Job vielleicht nicht ganz so schwer fallen.“
„Nur – hüte dich vor Missbrauch!“ Der Rat des alten Herrn ist gut gemeint, aber so schwammig formuliert, wie der eines deutschen Politikers angesichts bevorstehender Wahlen.
„Missbrauch?!“ fragt Fidelitas deshalb und tut unschuldig.
„Missbrauch deiner Privilegien!“ antwortet der Chef streng. Er hat natürlich die Gedanken seines Engels durchschaut, schließlich ist er der Allmächtige.
„Deine Privilegien könnten reduziert werden im Laufe deiner Mission an der ich in meiner Weisheit festhalte und die da lautet: Erfahrungen sammeln über die Emanzipation der Frauen und Mädchen auf Erden aus deiner, aus weiblicher Perspektive. Privilegien auf lange Sicht könnten dir eben diese verstellen. Also sei auf der Hut, und setze deine himmlischen Gaben sinnvoll und mäßig ein, sonst...“
„Sonst?!“, unterbricht Fidelitas und verstößt damit erneut gegen die auf einer Marmorplatte verewigten ´Benimmregeln für Himmlische Heerscharen`.
„Sonst müssen sie dir entzogen werden.“
Nun ist Schluss mit lustig, der Allmächtige hat gesprochen. Er scheint müde zu sein, gähnt sogar. Mit den üblichen Folgen im Universum. Kometen trägt es aus ihren Laufbahnen, manche explodieren oder kollidieren mit unkontrolliert herumtaumelnden Felsbrocken. Ein paar Milliarden Kilometer entfernt liegende Planeten sind in ihrer intergalaktischen Ruhe gefährdet, drehen sich plötzlich in die andere, die entgegengesetzte Richtung mit all den damit verbundenen Konsequenzen für die in Entstehung begriffene Flora und Fauna. Vulkane brechen zeitgleich aus, auch die sich gerade entwickelnde Tierwelt bleibt an vielen Orten nicht ungeschoren.
Dinosaurier, grotesk aussehende Flugvögel und anderes Getier müssen nach knapp zehntausendjähriger Existenz schon wieder dran glauben.
Dennoch, Fidelitas gibt nicht auf, will es genau wissen. „Dafür, für den Entzug der Privilegien, haben wir die Kontroller. Habe mich immer gefragt, wozu die eigentlich gut sind. Ganz schön Matcho mäßig, Chef. Nur, ohne himmlische Gaben ist unsereiner aufgeschmissen im Ausland! Ein verlorenes Schaf...“
„Die Emanzipation nach der du Ausschau halten sollst – ist e i n Apfel von meinem Baum der Erkenntnis...“ Und schon wieder unterbricht Fidelitas den allmächtigen Herrn.
„Bin ich denn ein Sündenfall?“ Der gibt sich gnädig geduldig, oder ist er schläfriger denn je?
„Im Gegenteil, deine Aufgabe ist zukunftsweisend für alle Engel der Himmlischen Heerscharen“.
„Vom Patriarchat zum Matriarchat? Hier im Himmel?! Das werdet IHR niemals durchsetzen - bei unseren geflügelten Machos“.
„Jetzt schau mer mal, Fidelitas. Was auf Erden vorangeht, sollten WIR im Himmel auch in den Griff kriegen“.
Er beginnt damit ein paar Wolken für das anstehende Mittagsschläfchen aufzuschütteln. Fidelitas zuckt die Achseln, denn was ´Ruhekissen` bedeuten, weiß natürlich jeder im Himmel: Gespräch beendet. Zufrieden ist sie allerdings nicht.
„Ihr Wort in Gottes Ohr, Chef. T’schuldigung, so sagt man, höre ich, auf Erden. Ach, übrigens, wo speziell soll ich anfangen?“
Der alte Herr kann ein weiteres Gähnen kaum unterdrücken.
„Bei einer Familie namens...äh...jetzt ist mir der Name entfallen. Am besten frag den Aloisius, den Dienstmann aus Bayern. Und für den Fall, dass etwas schief läuft: Über die Direktleitung sind WIR immer erreichbar“. Er wirft ein halbes Dutzend Wolkendecken über sich und ist damit verschwunden.
„Über den Privatanschluss, Chef?! Welche Nummer ist das?“, ruft ihm Fidelitas nach. Aber Gott der Allmächtige wäre nicht allmächtig, wenn es ihm nicht gelingen würde sich jederzeit vor den Mitgliedern seiner Heerscharen zu verbergen.
*
Ein unwidersprochen überirdischer Anblick ist und bleibt das Panorama des Universums. In letzter Zeit allerdings ein wenig getrübt durch millionenfach herumfliegenden Weltraumschrott, bestehend aus ausgebrannten Raketenteilen, Wetter Satelliten,