EIN HIMMLISCHER JOB. Til Erwig

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EIN HIMMLISCHER JOB - Til Erwig

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finden meist ebenerdig im großen Saal des Gebäudes statt. Aber selbstverständlich verfügt jede ´Tenne` auch über ein Hinterzimmer in dem unter anderem auch verbotene Glücksspiele gespielt werden und eine besondere Art von weiblicher Bedienung die meist gern gesehene, finanziell gutgestellte Stammspielerkundschaft betreut.

      In eben diesem Hinterzimmer, wer hätte das gedacht, befinden sich die Herren vom ´Underdog` Chapter, die Harley-Davidson-Motorrad Jungs Kozak, Fehrmann und Blumenauer in einem Meeting, wie man heute sagt, auch wenn

      es nur um große Sprüche und Black Jack, Siebzehn und 4 oder Seven Card Stud Poker geht.

      Der Spielergemeinschaft angeschlossen hat sich seit einiger Zeit Werner Reuss, eine seit Jahren geachtete Persönlichkeit im Landkreis, seines Zeichens Bankdirektor, in Wahrheit aber nur Filialleiter der hiesigen Sparkasse.

      Reuss teilt gerade das Blatt aus, verzählt sich, einige Karten fallen auf den Boden.

      Ein Glück, dass es gerade an der Tür klopft, in einem bestimmten Rhythmus, weil dann die Anwesenden wissen, dass kein ungebetener Fremdling Einlass begeht. Poker ist schließlich ein Glücksspiel das einer Genehmigung, einer Lizenz bedarf. Denn der Staat will am Spiel, egal wer gewinnt oder verliert,

      durch steuerliche Abschöpfung beteiligt sein.

      Blumenauer öffnet die Tür, der rhythmische Klopfer ist Mehmet, er trägt den Rest seiner täglichen Lieferung herein, diverse Platten mit leckeren türkischen Spezialitäten. „Keine Tricks, Reuss!“ sagt Fehrmann gerade, denn der starrt seit ewiger Zeit auf die Karten in seiner Hand, schüttelt ungläubig den Kopf, schwitzt stark. „So ein Scheiß Blatt gibt’s doch gar nicht!“

      „Des sagst‘ jedes Mal, wenn du verloren hast“, stellt Blumenauer nicht ohne

      Häme fest.

      „Irgendwas ist faul hier!“ quengelt Reuss und erhält einen Klatscher mit der flachen Hand ins Genick. Es ist Kozak, der gerne und überraschend mit schlagkräftigen Argumenten hantiert. Gleichzeitig wendet er sich an Mehmet, quetscht zwischen Zähnen und Zigarillo ein „Was dauert da so lange?“ hervor.

      „Sorry, aber mich hat beinahe ein Blitz erwischt, direkt vor mir bäääännnng-

      baaaaffff-wummm!“ übertreibt Mehmet das Naturereignis.

      „Selber schuld“, knurrt Kozak und legt dem Sparkassenfilialleiter einen Schuldschein vor.

      „Du hängst jetzt mit zwanzig Mille, Reuss.“

      Nacha unterschreibst jetzat´!“, kann Blumenauer zur Sache beizutragen.

      „Spielschulden sind Ehrenschulden, jep!“, mischt sich Mehmet ungefragt ein, Fehrmann fühlt sich zu einer freundlichen Reaktion veranlasst.

      „Verpiss dich, Junge. Aber plötzlich.“ Davon lässt Mehmet sich aber nicht beeindrucken, er würde nämlich gerne dazu gehören, zur Gang, zum Chapter,

      zu den ´Underdogs`. Nur fehlen ihm leider die Mittel für so ein Moped, wie Harley Fachleute ihre 20.000 Euro Krafträder gerne bezeichnen. Mehmet muss deshalb unbedingt Kohle machen, egal wie und woher der Kies kommt. Im Pokerspiel sieht er Chancen.

      „Lasst mich ´ne Runde mithalten, okay?“

      „Wie vui Göid hosd nacha?“ Blumenauer meint es nicht böse, sollte eher ein Witz sein.

      „Gehör’ ich zu euch oder nicht?“ Diese Frage stellt Mehmet den Jungs vom Chapter öfter. Die Antworten sind immer gleich, weshalb Kozak, und er tut es fast liebevoll wenn auch mit leicht gereiztem Unterton, vor sich hin nuschelt

      „Grüß den Papa, Kleiner. Wir kommen wieder vorbei.“

      „ D e r wird sich freuen!“ Mehmet ist frustriert, aber weil Kozak immer schnell ungeduldig wird und sich jetzt bedrohlich aufrichtet, verdrückt er sich schnell. * An der Verkehrsampel hält der Lieferwagen diesmal ordnungsgemäß bei ROT. Mehmet hat nun alle Zeit der Welt, er kurbelt das Fenster herunter, steigt gemächlich aus und sieht sich um. Aber der Anhalter ist verschwunden.

      *

      Im Hinterzimmer der ´Tenne` ist das Pokerspiel zu Ende gegangen. Die Stimmung gereizt. Fehrmann hält Reuss erneut den Schuldschein unter die Nase, wedelt damit hin und her, vertreibt dadurch auch den fiesen Geruch, der immer noch aus Kozaks inzwischen erkalteten Zigarillo Stumpen aufsteigt.

      „Zwanzigtausend sind doch kein Weltuntergang, Mann, noch dazu wenn man an der Quelle sitzt.“ Und Kozak assistiert liebevoll, ohne seine extrem geweißten Zähne auseinanderzukriegen.

      „Und du sitzt doch direkt an der Quelle, mein Freund.“

      „Er kannt’ natürlich auch an ´Hartz` beantragen un hinterher in Raten abzoin, des wärn nachher wie vui Jahr, hähähähä…?“ Nur Blumenauer selber kann über seinen humoristischen Einfall lachen.

      Reuss schon gar nicht. Er übt sich in Schweigen. Um die Angelegenheit etwas voranzubringen, zieht Kozak jetzt einen Revolver aus der Tasche. Mit der vorgetäuschten Freundlichkeit eines Marlon Brando, dem berühmten Paten aus Francis Ford Coppolas gleichnamigem Film Epos, lässt er die Trommel rotieren und legt die Waffe vor Reuss auf den Tisch. Das wäre Marlon Brando allerdings nie eingefallen. Dafür hatte er seine Leute.

      Kozak muss darüber nicht groß nachdenken. Er bleibt lieber Clint Eastwood und quetscht ein cooles „Noch ´ne Lösung“ zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor.

      Die Schweißperlen auf Reuss´ Stirn vermehren sich. Wie hypnotisiert starrt er auf den Revolver. Schließlich gibt er sich einen Ruck und unterschreibt.

      Die anderen lachen bösartig, oder nur erleichtert? Man weiß es nicht zu dieser Zeit. Aber Zeiten ändern sich.

      *

      Mehmet fährt mit geöffneten Fenstern und lauter Musik durch Bad Tölz. Hin und wieder sieht er Menschen auf dem Weg zur nächsten Wirtschaft, oder zur Arbeit. Das gibt es auch noch, denkt er. Hinter zwei Mädchen pfeift er her. Die eine zeigt ihm den Stinkefinger. Mehmet grinst, wirft ihr einen Handkuss zu.

      Den Lieferwagen parkt er direkt vor dem Friedhof, greift nach einem kleinen Blumenstrauß auf dem Beifahrersitz, der aus Wassernot schon ziemlich verwelkt aussieht, öffnet eine kleine, laut quietschende Seitentür in der Friedhofsmauer. Besuche der letzten Ruhestätte von Hinterbliebenen laufen in einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ab. In Japan etwa, aber auch anderswo, sind gemeinsame Treffen der Verwandtschaft in Form eines Picknicks, mit Musik aus einem tragbaren Radiogerät, durchaus üblich. Man zeigt auf diese fröhliche Art und Weise, die immer und ewig währende tiefe Verbundenheit der Lebenden mit den Dahingeschiedenen. Im ägyptischen Kairo wohnen einige sogar auf Friedhöfen. Das ist kostengünstig, keine Miete, und zugleich fühlt sich der Rest der Familie den Verstorbenen rund um die Uhr nahe. So jedenfalls erzählt es der deutsch sprechende Fremdenführer im vorbei fahrenden Reisebus und erfreut sich dabei an den schaudernden Touristen. In Deutschland nimmt man den Totenkult anders wahr. In einer Spannweite von ernst bis dramatisch. Das teure, dafür aber äußerst stattliche Familiengrab wird von früh bis spät gehegt und gepflegt. Manch trauernde Witwe verwandelt die letzte Ruhestätte in eine Art Schrebergarten. Blattgold gerahmte Fotos des verstorbenen Gatten verzieren ein hochglanzpoliertes Granitgestein, dicht umstellt von Zierbüschen, rustikalen Sträuchern und größeren Bäumen, belegt mit je nach Jahreszeit wechselnden, üppigen Blumenarrangements, umschlungen von Girlanden und

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