EIN HIMMLISCHER JOB. Til Erwig

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EIN HIMMLISCHER JOB - Til Erwig

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      Ertragen müssen diese von befähigten Wissenschaftlern enorm großzügig ausgelegte Müllhalde all jene Wesen, die da oben existieren, agieren, werkeln, spielen, dichten und denken, komponieren, musizieren oder auch nur friedlich vor sich hin philosophieren.

      Außergewöhnlich hell ist die Sternschnuppe, die sich gemächlich durch den interstellaren Bereich auf die in den Weiten des Raumes bläulich vor sich hin schimmernde Erdkugel zu bewegt. Gemächlich ist relativ, denn Tempo und hohe Geschwindigkeiten im göttlichen Sinne sind nicht messbar, sind nicht zu vergleichen mit von Menschen erdachten Verbrennungskraftmaschinen oder mit elektrischem Strom, der in einer Sekunde siebeneinhalb Mal um die Erde saust. Das sind pro Stunde 1,08 Milliarden Kilometer.

      Rein rechnerisch muss also davon ausgegangen werden, dass sich eine Reise vom Himmel zur Erde über viele Milliarden Lichtjahre hinzieht. Präzise ist das selbst mit einem computergesteuerten Rechner der neuesten Generation nicht zu schaffen.

      Also lassen wir es gefälligst dabei.

      Die Erzengel Raphael und Michael haben es in der näheren Vergangenheit,

      also vor etwas über 2000 Jahren, auch ohne Probleme hingekriegt auf die Erde niederzukommen. Ein Teil der Menschheit besingt das zur Weihnachtszeit

      heute noch mit dem Evergreen ´Vom Himmel hoch, da komm ich her...`

      Lobenswert vorbildlich hat der Allmächtige ganz im Sinne der ´Mission Emanze` für Fidelitas eine ähnlich kurze Zeitspanne eingeplant. So wie der berühmteste aller Sterne, der ´Stern von Bethlehem`, wird ihr ganz persönliches Transportmittel, eine Sternschnuppe, auf Erden landen, damit der erste weibliche Engel in himmlischer Ruhe seinen Fuß auf irdischen, deutschen, auf bayerischen Boden setzen kann, und dies auf Anordnung von oben, von sehr weit oben.

      Soviel hat die Splittergruppe ´Emanzipation in den Himmlischen Heerscharen` immerhin schon erreicht.

      *

      Psalm 1 Vom Himmel hoch, da komm ich her

      In Bad Tölz, einer kleinen Stadt im oberbayerischen Voralpenland, malerisch an der glasklaren von Schlick und Umweltsünden befreiten Isar gelegen, hat Herr Yüksel, knapp über vierzig und nach eigener Einschätzung ein echter Bayer wenn auch mit türkischen Wurzeln, einen Obststand fachmännisch vor seinem Lebensmittelladen aufgebaut, erstklassige Ware in der Auslage. Er akzeptiert die strengen deutschen Gesetze, hält seinen Laden penibel sauber und in Ordnung, seit vielen Jahren. Seine Tölzer Kunden wissen das zu schätzen, gehen gerne zum Türken einkaufen, da weiß man wenigstens was man hat.

      Die drei Männer mit ausländischem Aussehen, die sich jetzt vor dem Obststand aufbauen und die ausgelegte Ware mit bloßen Fingern betasten, sehen das möglicherweise anders. Oder wollen sie den Türken nur mal so richtig provozieren? Das Aussehen, Vollbart, Sonnenbrillen Blick, täuscht übrigens. Die drei sind deutschstämmig, sogenannte Biodeutsche.

      Kozak, ein äußerlich brutaler Typ, ledergewandet und mit Tattoos bestückt, scheint der Anführer des Trios zu sein. Fehrmann, der zweite im Bunde, wirkt eitel, ist geradezu geckenhaft gekleidet, trotzdem nicht schwul, was angebliche Kenner der Homo-Szene gerne vorschnell behaupten. Der Nummer drei heißt Blumenauer, ist das genaue Gegenteil seiner Kollegen. Rundlich, schlampig, ewig hungrig und insofern nicht immer Herr der jeweiligen Geistes-Lage. Gemeinsam eint die Mini-Gang ein T-Shirt mit einem Zähne fletschenden Pitbull, darunter ein in krassem Silber gehaltener Schriftzug: ´Underdogs`.

      Immer wieder greifen die Männer ungeniert bei Äpfeln und Pfirsichen zu, beißen hinein und werfen das angebissene Stück wieder zurück. Yüksel hat das böse Treiben eine Zeitlang aus dem Laden beobachtet, jetzt kommt er heraus, man sieht ihm an, er hat Angst. Ängstlich ist auch Frau Schlatholt, eine treue Stammkundin, die mit äußerst kritischen Blicken von der anderen Straßenseite herüberstarrt. Was auch immer passieren wird, sie kann nicht eingreifen, denn erstens geht die alte Frau am Stock und zweitens, wer, wenn nicht sie, könnte den Menschen in und um Tölz berichten, was in und um den Feinkostladen vom Türken passiert, dafür, und allein dafür fühlt sie sich zuständig, genau daran hat sie unermüdlich gearbeitet, sich über Jahre hin einen Namen gemacht: als zweibeinige Tageszeitung. Für Nachrichten, auch wenn sie noch so aktuell sind und mündlich überbracht werden, interessiert sich Yüksel im Augenblick nicht, auch wenn die Überbringerin einen Teil ihrer monatlichen Rente bei ihm im Geschäft lässt. Sein Zorn gilt diesen Typen mit ihrem unverantwortlichen, geradezu saumäßigen Benehmen.

      „Was soll das, Sie können sich gerne bedienen, Herrschaften, aber bitte nicht wieder zurücklegen!“

      Wortlos nimmt Kozak Yüksel am Arm und zieht den widerstrebenden Mann in den Laden hinein. Fehrmann und Blumenauer bleiben vor der Tür stehen und sehen sich aufmerksam um. In der Sprache von gestern nennt man das schlicht und einfach ´Schmiere stehen`.

      Im Laden wartet bereits ein Älterer Herr. Ihm geht es wie der Frau Schlatholt, auch er empfindet die Situation eher als ungewöhnlich, versteckt sich vorsichtshalber hinter einem Regal mit feinen, orientalisch fantasievollen Gewürzen. Von dort lauscht er dem in hohen bayerischen Tönen vor sich hin jammernden Yüksel.

      „Sie san vui z´früh, Herr Kozak. Mehmet noch bei Bank Euro holen...“

      Der Mann mit den Tattoos antwortet nicht. Lässig, so wie Clint Eastwood im Film ´Für eine Handvoll Dollar`, geht er um die Ladentheke herum und öffnet die Kasse. Der Ältere Herr sieht aus seinem Versteck ängstlich und zugleich neugierig zu.

      „Nichts drin“, jammert Yüksel, „gar nixn, keine Wechselgeld...“

      Clint Eastwood alias Kozak bückt sich, holt unter dem Ladentisch eine alte Plastiktüte hervor. Inhalt: eine Menge kleinerer Geldscheine, die er trotz des Gejammers von Yüksel ungerührt an sich nimmt. Clint Kozak spricht leise, überaus freundlich und zündet sich dabei einen Zigarillo an. Obwohl das Rauchen in Deutschland so ziemlich überall verboten ist, besonders und ohne Ausnahmeregelung in einem Lebensmittelladen wie dem von Yüksel.

      „Morgen, spätestens morgen zahlst du!“, quetscht Clint zwischen Zähnen und Zigarillo heraus. „Alles klar? Sonst muss ich deinem Sohn eine kleine Story, eine nette Geschichte von seiner lieben Mutter erzählen“.

      Und ohne sich noch einmal umzudrehen, aber mit ansprechendem Hüftknick, verlässt er den Laden. Yüksel schaut ihm nach, innerlich zitternd vor Wut. Durch die Schaufensterscheibe muss er zusehen, wie Fehrmann und Blumenauer sich dem Hüfte schwingenden Kozak anschließen um kurz darauf mit ihren schweren Motorrädern weg zu ´reiten`, wie Motorrad fahren in der Harley-Davidson Fachsprache heißt.

      Der Ältere Herr im Lebensmittelgeschäft dreht sich erschrocken um. Denn jetzt wird ein den Laden von der dahinter liegenden Wohnung trennender Vorhang zur Seite geschoben. Mehmet betritt den Raum. Yüksels Sohn ist ein junger sympathischer Mann, für jeden Spaß zu haben, manchmal geradezu leichtsinnig in seinem jugendlichen Übermut und deshalb eher das Sorgenkind seines seriösen, stets auf äußerste Korrektheit bedachten Vaters. Irgendwas von dem unerwünschten Besuch hat Memet mitbekommen und wie es seine Art ist, kommt er umgehend zur Sache.

      „Was ist mit Mama?“

      „Nix, gar nichts! Imma wuin die a Spende für ihren Club. Geld, regiert die Welt!“ Und dann schimpft er in türkischer Sprache (was hier der Einfachheit halber gleich übersetzt ist) „Allah möge ihn strafen, den ungläubigen Hund!“

      Müde schlurft er hinaus um die Auslagen neu zu ordnen. Der Ältere Herr folgt ihm, offenbar unschlüssig was er hier eigentlich

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