Brief an Marianne. Martin Winterle

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Brief an Marianne - Martin Winterle

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fuhr es ihr durch den Kopf! Um jeden Preis, reiß dich zusammen!

      Du willst doch nicht, dass dein emotionaler Zustand den Kollegen, besser gesagt den Kolleginnen, bereits auf den ersten Blick auffällt. Das darf nicht passieren. Alles, nur das nicht auch noch. Bis in ihr Büro hatte sie nur eine Begegnung. Der Herr Fritz, Herr über Magazin und Logistik, quoll aus dem Chefbüro, wollte Vollgas geben, konnte gerade noch rechtzeitig sein Tempo zügeln, um sie nicht an die Wand zu quetschen.

      >Guten Morgen, schönes Mädchen, wenn du heute einmal Luft hast, kommst du zu mir raus, wir sollten Garantien für Frankreich machen. Viel ist es nicht, zwei Bruchkartons Hennessy und ein paar Remy Martin Flaschen mit undichten Verschlüssen, aber gemacht gehört es ja trotzdem. <

      Der Herr Fritz war kein Maßstab für eine Frau, um zu testen, ob sie heute gut oder weniger gut ankam. Er hatte sie ja nicht einmal richtig angesehen, der Herr Fritz. Aber das nahm ihm weder das „schöne Mädchen“ noch sonst jemand im Betrieb für übel. Er war halt ein raubeiniger Buckler, eine wirklich hilfsbereite Seele, hatte noch nie jemanden im Regen stehen gelassen.

      >Natürlich Herr Fritz, aber gerne Herr Fritz, sobald als möglich Herr Fritz! <

      Hatte sie ihm noch nachgerufen. Glaubte aber nicht wirklich daran, dass er auch nur ein Wort davon mitbekommen hatte. So rasch wie er die Kurve gekratzt hatte, der Herr Fritz.

      Sie ließ den PC hochfahren, hing die Jacke über den Kleiderbügel, öffnete einen Fensterflügel, schaltete ihr kleines Radio ein, leitete das Zentraltelefon auf ihren Apparat herein, alles mechanisch. Hunderte Male gemacht, ohne nachzudenken…

      Nach dachte sie über den gestrigen Sonntag, und natürlich über die samstägliche Putzparty, auf die sie sich gefreut hatte. Die dann für sie so dramatisch endete. Ihre Gedanken mischten sich zu einem Wirrwarr ohnegleichen. In der Mittagspause sollte sie in Italienisch, die ersten beiden Kapitel durchgehen. Wenigstens hineinschauen, in die dicke, blaue Mappe. Sie konnte sich nicht konzentrieren, schrak zusammen, wenn das Telefon klingelte. Genau dieses ewige Geklingel, schien heute Standard zu sein, wie zu Fleiß. Freilich, die meisten Anrufer konnte sie durchstellen, aber die Lieferanten blieben fast ausnahmslos ihr.

      Der Herr Tanzer hatte sich heute, gleich als einer ihrer ersten Gesprächspartner, bei ihr krank gemeldet. Ihr auch gleich einige Aufgaben für diese Woche übertragen. Sie hatte sich alle Positionen notiert, ihm eine baldige Besserung gewünscht, versichert, alles in seinem Sinne erledigen zu wollen. Gegen zehn Uhr leitete sie das Telefon um. Musste dringend für kleine Mädchen, dann zum Seniorchef wegen einer finanziell mehr als wackeligen, leider sehr treuen Kundschaft. Anschließend ins Lager um mit dem Herrn Fritz die Retouren zu besprechen, abschließend hatte sie mit dem Verkaufsleiter einen Termin. Dieser war nur am Montagvormittag und Donnerstag ganztags in seinem Büro anzutreffen, hatte überwiegen außer Haus zu tun. Bis dahin würde es sehr wahrscheinlich Mittag sein.

      Es war Mittag, und es war italienisch(nicht spanisch, wie es ihr vorkam…), zumindest das, was in der, offenen Mappe vor ihr geschrieben stand. Alleine, sie war nicht in der Lage, auch nur eine Vokabel zu lesen, konnte ganz einfach nicht. Heute hatte sich Horst noch nicht gemeldet. Sie sich bei ihm auch nicht. Es war ja 17 Uhr ausgemacht. Was hätte es also für einen Sinn gehabt, vorher ein SMS zu schicken?

      Ihr Sohn würde also zu seiner Oma ziehen, bereits in wenigen Tagen. Vorausgesetzt, dass er überhaupt im Lande war, nicht in seiner Studierstadt Leoben, würde er künftig einige hundert Meter von ihr entfernt leben. Sehen würden sie sich ganz bestimmt genauso oft, wie wenn er in seinem alten Zimmer bliebe. Sie würde endlich frei sein, ein eigenes, kleines Reich für sich ganz alleine haben. Wie sie sich wohl anfühlen wird, diese ungewohnte Freiheit?

      Sie konnte es sich noch gar nicht vorstellen.

      Komisch, dass ihr heute das Zubuchen der Rechnungen keine Entspannung brachte, an anderen Tagen ging das, wie von selbst, immer ganz relaxt. Heute nicht, ganz im Gegenteil, ihr unterlief ein Buchungsfehler nach dem anderen. Es war zum Verzweifeln, sie konnte sich nicht konzentrieren, schweifte immer wieder gedanklich ab. Ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, holte sie sich eine Schale Kaffee im Verrechnungsbüro. Gleichzeitig das beste Testgebiet. Den drei dort arbeitenden Kolleginnen entging nichts. Sicher nicht einmal, etwas Schwarzes unter dem Fingernagel, geschweige denn ein um zwei Millimeter zu lange geratener Lidstrich. Um allen eventuellen Fragen oder Anspielungen bereits im Vorfeld, den Wind aus den Segeln zu nehmen, erklärte sie von sich aus, lediglich ihre Tage zu haben, neben ihren Schuhen zu stehen. Sonst sei alles paletti. So wurde sie nicht darauf angesprochen, dass ihr sonstiges Strahlen vermisst wurde.

      Zehn vor fünf öffnete sie die Toilettentür, frischte sich so gut es ging auf. Sah länger als gewöhnlich in den Spiegel.

      Ihr Spiegelbild bekräftigte, dass sie Klarheit haben musste. Wissen, woran sie mit Horst war. Dann würde sie entscheiden, ob überhaupt, wenn ja, wie es eine weitere Beziehung mit ihm geben könne. Ein kurzer Blick durch das Gangfenster auf die Straße hinaus genügte. Er parkt gegenüber, trommelte nervös mit seinen Fingern auf das Lenkrad. Sah dabei permanent in Richtung, zu ihrem Büroeingang. Sie atmete tief durch, gab sich einen Ruck, machte ihr Büro dicht und ging.

      Einer schwierigen, entscheidenden Begegnung entgegen…

      Horsts Blick war angespannt, als sie aus der Tür trat, die Straße überquerte, sich zu ihm ins Auto setzte. Er wollte sie, wie üblich in den Arm nehmen, zu sich herüber ziehen und küssen. Sie machte sich steif wie ein Brett. Nur einen halben Kuss konnte er auf ihrer linken Wange platzieren.

      >Liebes, was ist los mit dir? Du machst mir echt Angst! Was um Gottes Willen ist denn passiert? Habe ich etwas falsch gemacht, dir etwas Unrechtes getan? Bitte sprich mit mir, klär mich auf. Ich kenn´ mich nicht mehr aus, weiß mir keinen Rat mehr! <

      Er machte einen sichtlich fertigen Eindruck.

      >Gib endlich Gas, will nicht mit dir gesehen werden, unsere Fenster haben Augen. Fahr auf den Parkplatz hinter dem WIFI, dann reden wir. <

      Mehr sagte sie nicht. Sie sah während der ganzen Fahrt zum Fenster hinaus. Versuchte sich auf das kommende Gespräch vorzubereiten. Es fiel kein einziges Wort, bis Horst in den großen Parkplatz einfuhr, sich als einziges Auto in weitem Umkreis, in der letzten Reihe, unter einen jungen Ahornbaum einparkte. Hier waren sie ungestört. Sie hatte tief Luft geholt, gewitterartig entladen:

      >Du bist verheiratet und hast zwei kleine Buben mit deiner Sabine!

      Wie konntest du da noch ein Verhältnis mit mir anfangen?

      Hätte ich das gewusst, hättest du in Siena keine Telefonnummer von mir bekommen, da kannst du dir vollkommen sicher sein!

      Mir erklärst du, dass ich die einzige Frau bin, die du liebst, wie sehr du mich liebst, wie einmalig ich für dich bin, und liegst jede Nacht bei deiner besseren Hälfte im Bett!

      Wahrscheinlich habt ihr euren Sex auch regelmäßig!

      An was denkst du denn, wenn du auf deiner Sabine liegst, vielleicht an mich?

      Echt, ich finde du bist ein Schwein, Horst!

      Denkst du gar nicht an deine beiden Buben. Daran, dass sich ihre Eltern scheiden lassen, sobald Sabine deine Liaison mit mir spitz kriegt?

      Ich möchte jetzt echt von dir wissen, wie du die Begriffe Treue und Verantwortung definierst.

      Wahrscheinlich existieren sie für dich gar nicht!

      Natürlich hast du deswegen am Wochenende nie Zeit für mich,

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