Brief an Marianne. Martin Winterle
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Schäm dich, du lügst, sobald du den Mund aufmachst, hast mich von Anfang an belogen und hintergangen!
Du bist sowas von gemein und hinterhältig, ich hätte dir das nie zugetraut, mir das gar nicht verstellen können, nicht bei dir!
Wie konntest du mich so im Unklaren über deine Verhältnisse lassen.
Sabine als Nummer eins und ich als deine Mätresse, nicht mit mir, könnte dir super in dein Ego passen, spielen sie aber nicht, vergiss es!
Ich blöde Kuh hab´ deinen Liebesschwüren geglaubt, mich dir hingegeben, mit dir geschlafen!
Echt Horst, ich will dich nicht mehr sehen, nie mehr, mir graust vor dir!
Hab keinen Bock mehr auf Mittwochnachmittage und das war´s wieder für die ganze Woche!
Danke, ich verzichte! <
Marianne hatte sich in Rage geredet, war vollkommen rot angelaufen. Aber keine einzige Träne war geflossen. Sicher, sie hatte ihre ganze Munition auf einmal verschossen, das Horst-Schiff damit vollständig manövrierunfähig gemacht. Nun war es heraus, wie ausgekotzt. Gesagt, was heraus musste. Irgendwie war sie erleichtert. Hatte ihn, während sie ihm ihre Vorhaltungen ins Gesicht schleuderte, keine Sekunde aus den Augen gelassen, sein Minenspiel beobachtet.
Er war abwechseln blass, dann wieder rot geworden. Seine Schläfenadern standen hervor. Ihrem zornigen, enttäuschten Blick hatte er nicht standgehalten. Hielt ihn nicht aus, zuckte völlig fertig zusammen. Starte auf seine, um das Lenkrad herum, verkrampften Hände. Woher hatte sie so plötzlich Wind bekommen, von Sabine und den Jungs?
Wer hatte ihr das zugetragen, steckte dahinter?
Als sie mit ihren Vorwürfen zu Ende war, sah er sie kurz, schweigend an. Begann nach einer langen Minute, stockend heraus zu stottern. Leiser und unsicherer, als sie es von ihm gewohnt war. Sie ließ ihn nach Worten ringen. Er hatte sie ja auch nicht unterbrochen…
Ruth war Dreiunddreißig gewesen, er Siebenundzwanzig als sie sich bei einem Dorffest kennen gelernt hatten. Die dunkelhaarige Dirndlträgerin war ihm sofort ins Auge gestochen. Sie einfach zum Tanzen aufgefordert, den Rest der Nacht, nur noch mit ihr, den Tanzboden betreten. Bei beiden wirklich Liebe auf den ersten Blick gewesen. Sie wollte einen Mann und Kinder, er endlich wieder eine Frau im Bett. Horst war Vertreter, Ruth Sachbearbeiterin. Sie hatte von ihrer Großtante einiges Geld geerbt, besaß eine gediegen eingerichtete, familientaugliche Dreizimmereigentumswohnung, ein nagelneues Auto und Bares. Er hatte seinen Charme spielen lassen, sie angebaggert und abgeschleppt. Nein, gleich ging bei Ruth nichts, als er sie nach einigen Wochen soweit hatte, war sie keine Enttäuschung im Bett. Ruth kochte wie ein Weltmeister, besaß zudem die denkbar sauberste Wohnung. Konnte aus jedem verdienten Schilling fast zwei machen, war stets fröhlich und ausgeglichen.
Kein Jahr später tauschten sie die Ringe, Horst unsicher und nervös, Ruth mit leichter Wölbung unter ihrem Brautdirndl. Fünf Monate später waren sie zu dritt. Ruth übernahm von Anfang an die Führungsrolle in ihrer Ehe. Er passte sich ihr, ihren logischen Vorgaben an, weil diese auch zu seinem Besten waren. Je länger sie zusammen waren, desto offener wurden ihre, anfangs nur angedeuteten Vorwürfe, seinen Lebensstil betreffend. Hatte er Alkohol getrunken, was freitags fast regelmäßig vorkam, stoben gelegentlich die Funken. Beruflich solle er sich weiterbilden, entweder mehr im jetzigen Betrieb einsetzen oder sich um eine bessere Position umsehen. Nach gut neun Jahren Ehe war ihre Beziehung zu einem inhaltslosem Raum, ohne jede Farbe geworden. Sie nervten sich gegenseitig. Auf ein kurzes Zwischenhoch folgte immer ein massives Dauertief mit Blitz und Donner. Der Rest war nur noch zermürbend…
Da hatte eine Neue im Betrieb angefangen. Hieß Sabine, Anfang Zwanzig mit schulterlangen, blonden Haaren, bis zum Boden reichende Storchenbeine. Zwischen den beiden knisterte es von Anfang an, Tendenz steigend. Er nur zu feige gewesen, den ersten Schritt zu wagen. Angesehen hätte es ihn längst schon. Wenn er, was zunehmend seltener wurde, mit Ruth schlief, gaukelten ihm seine Wunschträume vor, wie es mit Sabine wäre.
Und es war ganz anders…
In Strömen hatte es gegossen, als Sabine nach der Präsentation, neben Horst die Firma verließ.
Da hat er ihr angeboten, sie mit dem Dienstwagen heim zu fahren. Gefragt, ob sie noch Zeit auf einen Drink hätte, da die Konferenz fast eine Stunde früher, als geplant, zu Ende ging. Nicht er, nein, Sabine legte mit flirten los, auf Teufel komm raus. Er fühlte sich geschmeichelt, sein Ego, und nicht nur dieses, befand sich plötzlich in einer Wachstumsphase, wie er es noch nie vorher, in seinem Leben gefühlt hatte. Sie blieben gleich, wo sie waren, auf dem von keiner Seite einzusehenden Parkplatz hinter dem Café, im Auto. Wie Sabine es schaffte, mit ihren langen Beinen, war ihm ein Rätsel gewesen, aber es hatte funktioniert.
Und wie es ging, explosionsartig…
Der gute Horst schwebte in den Wolken, saß dafür sprichwörtlich, zwischen zwei Stühlen.
Fast wöchentlich hatte er ab sofort einen abendlichen Schulungstermin in der Firma. Hatte Ruth doch gemeint, er solle sich endlich weiter bilden. Die Unterlagen dazu, extra im Wohnzimmer deponiert, damit seine Gattin etwas Angreifbares zu sehen bekam. Der Kurs war echt, die angegebenen Zeiten weniger. Da es ihm beim Tennis spielen, ganz gewaltig an Kondition haperte, ging er nun wöchentlich einmal laufen, nahm jeden zweiten Freitagnachmittag Tennisstunden. Einmal half er am Wochenende diesem Kollegen beim Übersiedeln, drei Wochen später dem Nächsten beim Ausmalen. Sein Handy hatte er zuhause nur noch auf lautlos, angeblich um seine Ruhe am Feierabend zu haben. Ruth fiel seine fahrige Abwesenheit, sein verändertes, ungeduldiges Verhalten seinem Sohn gegenüber auf. Sie tat nichts anderes, als eins und eins zusammenzuzählen. Suchte nach der Ursache, begann instinktiv zu spionieren. Der Erfolg gab ihr Recht.
Da Sabine, in der entgegengesetzten Richtung, von Horsts Firma und Reisegebiet aus gesehen wohnte, wäre viel kostbare Zeit damit vertan, für jedes Treffen in ihre Wohnung zu fahren. Als Superersatz für einen schnellen Quickie, bot sich ihr Stammparkplatz geradezu an. Einmal zu oft, hatten sie sich dort vergnügt. Ruth hatte es herausgefunden, war ihnen nach gefahren.
Direkt neben dem Auto gestanden, mit eigen Augen sehen müssen, was Sabine zum Lutschen hatte, ohne das es ihr gehörte.
Das war das Ende der Ehe, von Ruth und ihm gewesen.
Er war zu Sabine gezogen. Die Scheidung eine kurze, einvernehmliche Lösung. Er besaß ja nichts, alles gehörte von Haus aus Ruth. Er musste für den gemeinsamen Sohn Alimente bezahlen. Ruth ging wieder halbtags arbeiten.
Seither besuchte Horst seine Mutter nun tatsächlich wöchentlich einmal. Brachte ihr seine Hemden und Hosen zum Waschen und Bügeln. Sabine war weder willens noch in der Lage, seine Kleidung, die er beruflich anziehen musste, in Schuss zu halten. Wollte er Hausmannskost essen, empfahl es sich, selber zu kochen. Sabine designte lieber schnelle Gerichte aus dem Tiefkühlfach mit Fertigsahne aus der Sprühdose und sonstigem Schnickschnack. Was sie wirklich gut konnte, da stahl sie garantiert jeder Frau die Schau – sie konnte sich perfekt verkaufen – und, sie war eine Wucht im Bett, auf der Couch, am Küchentisch, im Auto…
Nach einem Jahr hat sie Horst geheiratet. Es stimmt, den Antrag hatte er ihr gemacht. Die Vorarbeit dazu, war aber zu Neunundneunzig Prozent, Sabines Konto zuzubuchen. Vor nicht ganz fünf Jahren kam der erste Sohn, drei Jahre später der zweite, Nervtötkind Felix zur Welt. Der musste die Gene seiner Großmutter mütterlicherseits geerbt haben, Teile seiner Optik, übrigens auch. Logisch, dass er rasch zu Omas vergötterten Liebling avancierte.
Sabine