Brief an Marianne. Martin Winterle

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Brief an Marianne - Martin Winterle

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Appetit hatte sie keinen, aber einen knurrenden, sein Recht einfordernden Magen. Mit Eva telefonierte sie nur kurz, das wichtigste war ja gesagt. Zog das Schlafteil ihrer Couch heraus, kleidete sich für die Nacht um, machte das Licht aus. Ihr Handy hatte sie lautlos gestellt. Mails an Horst würden künftig entfallen.

      Sie wollte nur noch Ruhe, Dunkelheit, ihren Frieden, vor allem den Frieden von Horst.

      Damit würden sie künftig entfallen, ihre freien Mittwochnachmittage…

      Vierzig – eine unvergessliche Reise

      Flug OS 0283 rollte langsam Richtung Startbahn. Hob Punkt 14 Uhr 30 vom Boden ab.

      >Ich freu´ mich total Mädel. Wir haben das oberheißeste Wochenende vor uns, das du dir nur vorstellen kannst. Bin gespannt, ob sie an der Alster, außer dem König, auch noch andere Löwen, im Programm haben. <

      Eva hatte ihr mit vielsagendem Grinsen, freundschaftlich auf den Schenkel geklopft. Marianne war in den letzten Minuten irgendwie wortkarg geworden. Es musste eine Ewigkeit her sein, dass sie das letzte Mal in einen Flugzeug saß. Beruflich brauchte sie nicht zu fliegen, privat konnte sie es sich in den letzten Jahren nicht leisten. Die Ausbildung ihres Sohnes, vor drei Jahren das neue Auto, das alte hatte seinen Geist aufgegeben. Eine Flugreise wäre nicht drin gewesen. So groß war ihr Gehalt nun wirklich nicht. Eva war da viel besser gestellt. Verdiente deutlich mehr, hatte kein Kind, musste nichts für ihre Wohnung bezahlen. Selbst die Schlüssel zu ihren nagelneuen, gelben Flitzer, hatte ihr Paps vor zwei Monaten zum Fünfundvierziger mit einem, farblich passenden Blumenstrauß überreicht. Marianne saß auf dem Fensterplatz, Eva neben ihr. Dieser Flug, war für die Airline kein großes Geschäft, kaum zwanzig Passagiere, verteilt auf den ganzen Flieger. Normalerweise war dieser Kurs immer ausgebucht. Noch einmal hielt die Maschine kurz an, um dann mit rasant zunehmender Geschwindigkeit, abzuheben. Einen leisen Ruck verspürte sie in der Magengegend. Rasch gewann der Flieger an Höhe. Links kamen die Ötztaler Alpen, rechts die Hohe Munde näher. Stetig steigend, sich leicht rechts haltend, überflogen sie das Mieminger Plateau. Marianne genoss die Aussicht, von keiner einzigen Wolke getrübt, von keinem plötzlichen Durchsacken der Maschine beeinträchtigt. Strahlender Sonnenschein über dem Ausserfern, adieu Tirol. Das Allgäu von großer Höhe aus, in der Ferne der Dunst des Bodensees. Für sie ein echtes Erlebnis. Wie sehr hatte sie sich auf dieses Wochenende mit Eva gefreut, wie gut tat es ihr, auf die Turbulenzen mit Horst hinauf.

      Eva löste die Sicherheitsgurte, orderte bei der Stewardesse zwei Prosecco. Mit den Plastikflötenimitationen stießen sie an, auf das Unternehmen Löwenkönig zum Vierziger.

      >Hat er dich eigentlich bislang in Ruhe gelassen, dein nimmersatter Kopfkissenzerwühler? <

      Eva hatte es ganz locker herausgelassen.

      Marianne die letzten beiden Wochen zu diesem Thema ja beharrlich geschwiegen. Nein, nicht wirklich, antwortete sie kopfschüttelnd. Wenn er anrief, hob sie nie ab. Auf seine SMS und Mails konnte sie ihm nicht antworten, da sie ausnahmslos alle Nachrichten von ihm, augenblicklich in den Müll verdonnerte.

      >Dann ist dir ja ernst, mit dem Aus auf alle Zeiten, oder? <

      >Vollkommen, soll sich gefälligst um seinen Nachwuchs kümmern, eine andere Dumme für seine Vergnügungen suchen, mir meinen Frieden lassen! <

      >Ja dann, auf ein Neues! <

      Triumphierte Eva mit einem siegessicheren Lächeln, nippte an ihrem Prosecco, fuhr gleich locker weiter:

      >Lieber einen Notfallgummi in der Tasche, als so eine Kaulquappe im Bett! Typen wie Horst kriegst du an der nächsten Tankstelle, im Stehcafé und an der Bushaltestelle. Überall im Sonderangebot, glaub mir. Bin froh, dass diese Geschichte endlich Nostalgie ist, hat eh zu lang´ gedauert, für meinen Geschmack. <

       Marianne sagte nichts, nickte nur, sah auf das weit unter ihr liegende Land. Es nahm sich aus wie abgezirkelt wirkende Kästchen, in grün und braun. Unterbrochen von Straßen und Autobahnen als graue Längs- und Querstriche. Die Dächer wirkten wie rote Punkte dazwischen. Immer wieder blaugrüne Flüsse und Seen in allen möglichen Formen.

       Ihr kam vor, die Maschine verlor an Höhe, die Bilder unter ihr wurden deutlicher, die Einzelheiten besser erkennbar. Sie sah Eva an, diese auf ihre Armbanduhr. In zehn Minuten, meinte diese, wären sie bereits in Frankfurt. Ihr war der Flug bisher, wie ein einziger, spannender Augenblick vorgekommen. Hatte ihr Zeitgefühl in Innsbruck, am Flughafen gelassen. Vom überdimensionalen Frankfurter Airport bekamen sie, abgesehen von einem Vierhundert-Meter-Dauerlauf, nichts mit. Als eine der Letzten hatten sie sich in den Flugfeldbus gezwängt. Der Lufthansa Airbus hob mit einem Tempo und einen Steigwinkel vom Boden ab, dass sie froh um ihren leeren Magen war. Dafür landeten sie in Hamburg schneller, als sie ihren aktuellen Gedankengang, noch im Flieger für kleine Mädchen zu gehen, oder erst nach der Landung, fertig überlegt hatte.

       Eva hatte auf ihrem Smartphone das komplette Wochenende, selbst die kleinsten Details, minutiös aufgelistet. In wenigen Minuten müsste ein Bus, direkt vom Flughafen zum Hotel Stella Maris fahren. Gut getimt, keine zwanzig Minuten später checkten sie bereits ein. Bezogen ein weitläufiges, maritim eingerichtetes, helles Zimmer im dritten Stock. Ob im Raum selbst, oder auf dem Balkon, den sie gerade erkundete, es war nicht zu leugnen, man befand sich an der See. Die Luft ganz anders, als zwischen den einengenden Bergen. Vereinzelte, weiße Wolken, zogen freier, viel höher, als daheim. Die beiden frischten sich auf, kleideten sich sportiv, wollten erstmal die Umgebung erkunden.

       Bis zum Abendessen war noch genug Zeit. Mussten sich erst klar darüber werden, ob die Richtung des Dinners asiatisch, hanseatisch oder italienisch, sein sollte. Sie einigten sich auf – überraschen lassen…

       Schlenderten zum nahen Hafen, spazierten auf die Landungsbrücken hinaus. Die Möwen kreischten heißer, zogen enge und weite Kreise, knapp über ihre Köpfe hinweg, aggressiv um Futter bettelnd. Kleine und größere Buden, boten appetitliche Happen, meist frisch gefangener Fisch, dazu kühle Getränke. Es duftete geradezu verführerisch, das Gusto Pendel für das Abendessen, tendierte stark Richtung hanseatisch. Besucher aus aller Herren Länder flanierten dem Kai entlang. Auf dem Wasser herrschte reges Treiben. Rundfahrtschiffe in allen Größen, ein mittlerer Kreuzfahrer wurde gerade mittels armdicker Taue festgemacht. Lotsenboote tuckerten gemächlich Hafen einwärts.

       Eva´s suchender Rundumblick brachte ihr keinen einzigen Hans-Albers-Typ, dafür kleinwüchsige Asiaten, mit schussbereiten Kameras in rauen Mengen, ein. Einige hundert Meter schlendern, sich von den Wellen, die unablässig an die Hafenmauer knallten, begleiten lassen, war schon notwendig, bis sich der erste zeigen sollte.

       Ein Seenotkreuzer der DGzRS, lag direkt am Pier vor Anker. Die Besatzung mit Arbeiten an Deck beschäftigt. Da stand wirklich eine männliche Schrankwand von gut zwei Meter, direkt vor ihnen. Strahlend blaue Augen, blonde Kurzhaarfrisur, Pfeife im Mundwinkel. Die Kapitänsinsignien am Ärmel, Kontrollmappe unter den Arm geklemmt, ein Bild für Götter, jedenfalls für Eva. Marianne raunte ihr zu, sie möge jetzt bitte nicht in Ohnmacht fallen, nur um von diesem Frauentraum, wieder zum Leben erweckt zu werden. Lachend meinte Eva, sie brauche keine Angst zu haben, kannte weit einfachere Möglichkeiten, auf die Schnelle ein nettes Erlebnis zu provozieren.

       Infernalischer Lärm mehrerer Starktonfanfaren, kombiniert mit dem röhrend, anschwellenden Geräusch, eines stark an Fahrt aufnehmenden Schnellbootes der Hafenpolizei, erzwang von Eva einen zweiten Anbaggerungsanlauf. Herhalten musste der Nordseehüne trotzdem. Die Spinne hatte ihn bereits im Netz. Eva fragte, (mit

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