Brief an Marianne. Martin Winterle

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Brief an Marianne - Martin Winterle страница 24

Автор:
Серия:
Издательство:
Brief an Marianne - Martin Winterle

Скачать книгу

wäre. Freundlich erteilte der Angesprochene Auskunft, wies außerdem noch auf diese und jene Hamburger Sehenswürdigkeit hin. Dass sie Damen den Michel nicht nur von außen ansehen sollten, auch ein Rundgang durch den Kirchenraum wäre lohnenswert. Sich an Marianne wendend, fragte er, woher die Damen kommen.

       Sie seien zwei Tirolerinnen, entgegnete sie freundlich lächelnd. Nach ein paar kurzen, Tirol betreffenden Höflichkeiten, legte er grüßend seine rechte Hand ans Barett, nicht ohne Marianne, mehr als nur freundlich, zum Abschied anzusehen. Ganz augenscheinlich war sie mehr sein Typ, als die schlanke Blondine mit der Topffrisur. Ob der Kapitän zur See, heute Abend dienstfrei gehabt hätte, wäre Marianne solo den Kai entlang flaniert, hätte sich so ganz alleine in der fremden Stadt, nicht mehr zurecht gefunden? Eva hatte spaßhalber ein wenig hörbar orakelt. Marianne hatte vom seemännischen Interesse an ihr, gar nichts mitbekommen.

       Beide hatten ihre, vorsichtshalber mitgenommen, leichten Daunenjacken ausgezogen, über den Arm gelegt. Die Sonne schien vom fast wolkenlosen Himmel. Wäre nicht der leise Luftzug von der See her, es wäre fast schon sommerlich. Jedenfalls warm genug, für eine heiße Schokolade, ein Muffin mit Pfirsichstücken, im Freien. Bei einer Bude nahe den Landungsbrücken. Sie ließen die beindruckenden Bilder der riesenhaften Verladekräne, den Bergen von Überseecontainern, in allen Farben, auf sich wirken. Hinter ihnen die beeindruckenden, braunroten Backsteinbauten der alten Kontore. Der grüne Kirchturm im Hintergrund, dass musste wohl der Michel sein, von dem der Kapitän erklärt hatte, auch das Innenleben sei sehenswert. Sie würden es sich nicht entgehen lassen, heute oder spätestens morgen.

       >Eigentlich müssten wir vor dem Abend gar nicht mehr ins Hotel, oder? <

       Eva lutschte den knusprigen Rand von ihrer Muffin aus der Papierhülle.

       >Wir haben alles mit, was wir zum Abendessen und zum Reeperbahnbummel benötigen. Bräuchtest du noch was vom Zimmer, Mädel? <

       Marianne verneinte, war derselben Meinung.

       >Dann machen wir’s so, bis auf die Reeperbahn sind es gut zwanzig Minuten. Vor neun Uhr, frühestens, macht es wenig Sinn, dort zu sein, da ist nichts los. Hin spazieren wir zufuss, aber in der Nacht, zurück zum Stella Maris, nehmen wir uns ein Taxi. Ist bequemer, vor allem sicherer. Wenn wir uns links halten, liegt die Reeperbahn hier, wies Eva mit ihrem Arm die Richtung. Wir haben locker Zeit, uns jedes Lokal anzusehen, an dem wir vorbeikommen, müssen nicht extra suchen. Wo es uns reinschneit, da bleiben wir, ist das ok für dich? <

       Eva hatte den Plan, für den Rest des Tages herausgelassen. Ihr sollte es recht sein.

       Kulinarisch gab es so gut wie nichts, was in dieser Ecke Hamburgs nicht angeboten wurde. Von kasachisch bis bayrisch, die Damen hatten die Qual der Wahl. Fast schon am Beginn der klassischen Sündenmeile, schlenderten sie an einem Asia Palast vorbei. Die ausgehängte Speisekarte, lockte mit einem Riesenselbstbedienungsbuffet zum Schnäppchenpreis.

       Der Zauber Asiens umhüllte sie mit leiser Musik, schaurigen Drachenfiguren, einladenden Ledersitzgarnituren, gedämpftem Licht und einem Buffet der Extraklasse. Allein das Sushi Angebot war umfangreicher und bunter, als bei ihrem heimatlichen Stammchinesen, das ganze Buffet. Sie nickten sich zu, Volltreffer. Einen freier Tisch gleich besetzt, zweimal Apfelschorle, schnell bestellt. Marianne begann ihr Dinner mit einem Schälchen Pekingsuppe. Eva wollte zuerst nicht so recht. Eine Duftwolke aus dem Wärmebehälter wirkte überzeugend.

       >Mal was ganz anderes, als bei uns daheim, nicht Eva? Wie spät ist es denn eigentlich schon, ich hab richtig Kohldampf bekommen. <

       Marianne, einen prüfenden Blick auf ihre Armbanduhr werfend, erklärte gleich:

       >Naja es ist in wenigen Minuten acht, da dürfen wir schon Hunger haben. Wie weit ist jetzt dieses Herz von St. Pauli noch weg? <

       Sah dabei Eva an.

       Diese arbeitete gerade mit ihren Backenzähnen, meinte:

       >Wenn du mich fragst, wenige Minuten zu Fuß, warum? <

       >Nein, nur so, ich hab überhaupt keinen Orientierungssinn in fremden Städten. Hast du ein bestimmtes Lokal im Auge für heute Abend, oder schauen wir einfach, wo was los ist? <

       Eva tauchte ihr Smartphone aus dem Umhängebeutel, drückte ein paar Tasten, bevor sie es ihr hinüber, sich genüsslich, gebackenes Gemüse in den Mund, schob.

       >Vorher schauen wir uns aber noch in den kleinen Kunstgewerbeläden und Ateliers um. Die haben alle bis 22 Uhr und länger auf. Vielleicht findet gerade irgendwo eine Vernissage oder, noch besser, eine hochgeistige Dichterlesung statt. <

       Das letzte habe sie nicht ernst gemeint, betonte sie rasch lachend, als sie Mariannes fassungslosen Blick gewahr wurde. Das Bild am Display zeigte ein größeres, altehrwürdig-maritimes Lokal, die Tanzbar „Alt Altona“. Ein Geheimtipp der mit einem Repertoire von Livemusik und Seemannsliedern, aufwarten konnte. Das richtige Ambiente zum Tanzen, Mitsingen, oder sich einfach nur amüsieren (wem kennen lernen…).

       Sie hatten sich richtig schön Zeit gelassen, das Buffet lückenlos durchgekostet. Nie mehr als eine Koste genommen, dafür nichts ausgelassen. Genussvoll ihr Abschluss Eis schleckend, gratulierten sie sich zur gelungenen Restaurantwahl. Marianne winkte dem Ober, diesmal wollte sie bezahlen. Ein kleines Dankeschön an ihre Freundin…

       Das also war nun der berühmte Kiez.

       Grellbunte, überdimensionale Leuchtreklamen, reißerische Werbung für Etablissements, überwiegend für männliche Besucher, ihr ersten Eindruck. Überall mehr oder weniger dezente Aufforderungen, sich dieses Kabarett nicht entgehen zu lassen, bei dieser oder jener Show, live dabei zu sein. Die Freundinnen genossen den Trubel vorüberziehender Menschenmassen. Die ausgefallensten Typen gab es zu sehen, männliche wie weibliche. In einer, etwas ruhigeren Hinterhofeinfahrt, bemerkte Marianne eine Bildergalerie und zog Eva mit hinein. Von moderner, undefinierbarer dafür riesenhafter Klekserei, bis zu kleinen Aquarellen mit den üblichen, diversen Hafenszenen, gab es Bilder ohne Ende zu bestaunen – und natürlich zu kaufen. Tatsächlich fand gerade eine Vernissage statt, wie Marianne, nebenbei bemerkte.

       Aus dem Hinterhof heraus auf die Straße kommend, bemerkte Eva das „Alt Altona“ genau schräg gegenüber, auf der anderen Seite, des pulsierenden Besucherstromes.

       >Wenn uns eh keiner fragt, wieviel wir verlangen und was wir dafür zu bieten haben, können wir uns gleich selber amüsieren gehen, oder was denkst du? So hübsch wie die Allerweltsdamen hier, sind wir Alpengirls allemal! Möchtest du schon hineingehen, oder noch ein Stück die Straße hinauf schauen? < Hatte Eva trocken feststellend nachgefragt.

       >Wenn wir schon einmal da sind, würde ich gerne noch was sehen, wenn es dir passt. Hierher kommen wir so schnell nicht wieder. Einmal im Leben sollte man es erlebt haben. <

       Mariannes Meinung dazu.

       Ließen sich weiter treiben, schwammen im Trubel der Menge mit. Drehten erst beim Eingang zum Rotlichtviertel um, spazierten die andere Seite der Läden und Etablissements zurück. Bei einem der zahlreichen Sexshop, blieb Eva, das Angebot im Schaufenster studierend, stehen.

      

Скачать книгу