Brief an Marianne. Martin Winterle

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Brief an Marianne - Martin Winterle

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       >Möchtest du es haben, ich geh rein und kauf´s dir. Wir können dann ja Horst drauf schreiben, wie wär´s? Das Monster ist, dank Duracell, sicher ausdauernder, als dein fahrender Weinhändler! <

       Eva war von der Idee ganz begeistert. Marianne protestierte, wehrte lachend aber nachdrücklich ab.

       Bei Eva konnte sie nicht sicher sein, die setzte solche Gedankenblitze in die Tat um, war imstande dazu…

       Eintritt wurde im „Alt Altona“ keiner verlangt, dafür selektierten die Türsteher das Publikum genau.

       Zwei überdimensionale Schiffsanker flankierten die breite, mit roten Teppichen bespannte Stiege in den ersten Stock hinauf. Viel, meist nicht ganz junges Publikum drängte sich am Ende des Aufganges, an einer Bar, die so groß war, dass deren beide Enden nicht zu sehen waren. Im Hintergrund gab es eine Tanzfläche, auf der sich einige Pärchen, zu einem deutschen 50er Jahre Schlager, drehten.

       Der Kellner fragte die Damen, ob sie alleine oder in (männlicher…)Gesellschaft sitzen möchten. Nein, ein Tisch für zwei wäre ihnen sehr willkommen, orderte Eva, wie aus der Pistole geschossen. Er schleuste sie durch den halben Saal, vorbei an der Tanzfläche, bot ihnen einen kleinen Tisch mit Superausblick für beide an. Marianne gefiel es auf Anhieb, Eva auch(nach drehen ihres Stuhles um Neunzig Grad…). Bestellten sich Longdrinks, begannen Lokal und Besucher auf sich wirken zu lassen. Über der Bar Modelle, moderner und antiker Schiffe. Bilder berühmter Seeschlachten, wunderschöner, sehr erotischer Meeresjungfrauen, ehrfurchtgebietender Kapitäne, zierten die, mit dunkelroten Samttapeten, verkleideten Wände. Seitlich neben der Dreimannkapelle mit ihren Verstärkern, war die Lautstärke angenehm. Sie konnten sich unterhalten, ohne gegenseitig in die Ohren zu schreien. Alte Schiffslaternen aus poliertem Messing, tauchten den Raum in dezentes Licht. Das Trio spielte Lieder, die von Sehnsucht nach der Ferne, fremden Häfen, betörend schönen Frauen und südlichen Sternen erzählten. Vor Schmalz nur so trieften(laut Eva…). Dazwischen einen in die Jahre gekommenen, Swing oder Jazz. Ein überaus tanzfreudiges Publikum sorgte für angenehm lockere Stimmung…

      

       Marianne war der Typ, am Tisch halbschräg gegenüber nicht entgangen. Auch nicht sein bislang vergebliches Bemühen, mit ihr einen Blickkontakt herzustellen. Als die Kapelle die ersten Takte eines bekannten Seemannshits der 50er Jahre intonierte, hielt ihn nichts mehr. Er baute sich vor ihr auf, bat sie freundlich, in unverfälschtem sächsisch, um diesen Tanz. Mit liebenswürdigen Worten lehnte sie, auf ihre zum Tanzen vollkommen ungeeigneten Schuhe zeigend, mit dem Zusatz, fünf Stunden gelaufen, echt wehe Beine zu haben, dankend ab. Die prompt folgende Einladung, auf einen Drink an der Bar, schlug sie mit der Begründung, mit ihrer Freundin alleine feiern zu wollen, ebenfalls dankend aus. Sichtlich enttäuscht über seine misslungene Werbung, setzte sich der Sachse wieder zu seinen Kumpels, leerte sein Pils auf einen Zug. Orderte zum Trost ein frisches. Freundlich zu ihr herüber lächelte er immer wieder, sie ebenso charmant zurück. Sie konnte derzeit alles brauchen, nur kein Da Capo von „Junge komm bald wieder“, im Moment sicher nicht. Das hatte sie gerade hinter sich gebracht, die Spuren in ihrer Seele waren noch nicht verheilt. Ungezwungen den Abend mit der besten Freundin genießen, ihr Motto für heute, sonst gar nichts…

      Als sich die beiden, einiges nach Mitternacht auf den Weg machten, sie dem Sachsen freundlich eine Gute Nacht wünschte, meinte dieser, er hätte sehr, sehr gerne mit dem hübschen Mädchen aus Bayern getanzt. Sie stellte im Vorübergehen lachend richtig, Tirolerin zu sein, nicht aus Bayern zu kommen.

      Nach wenigen Minuten Taxifahrt, waren sie im Hotel. Eva ließ ihr den Vortritt in der Brause.

      Wollte in Ruhe ein oder zwei Zigaretten am nächtlichen Balkon genießen. Der Abend im „Alt Altona“ war rauchlos über die Bühne gegangen. Nicht, das es keine Raucherterrasse gegeben hätte, Eva wollte sie nicht alleine im Lokal sitzen lassen.

      Das Frühstücksbuffet im Hotel Stella Maris konnte sich sehen lassen, da blieb kein Wunsch offen. Wenn doch, aufmerksame Geister erfüllten auch diesen. Der lichte Raum war um halb neun gut besucht. Es war Samstag und Marianne sich sicher, dass ein großer Teil der Frühstückenden, abends ebenfalls das Musical besuchen würden. Beide hatten gut geschlafen, waren bester Laune, voll Tatendrang. Eva hatte, zwischen Müsli und weichen Ei, den Tagesplan vorgetragen. Geplant, den ganzen Vormittag, bis etwa halb zwei, einen Bummel durch die Alsterarkaden, die Europapassage, dem Gänsemarkt bis zur Bleichenbrücke hinaus zu unternehmen. Natürlich war der Michel fixer Programmpunkt, innen wie außen. Mittags würden sie, es wäre ja Pflicht in Hamburg, sich leckere Fischbrötchen organisieren, eventuell direkt am Wasser, die Brösel mit den zahllosen Vögeln teilen. Spätestens etwas vor zwei Uhr, an der Mole, das Rundfahrtschiff besteigen, rechtzeitig um noch einen guten Platz am Oberdeck zu erhaschen.

      Das besondere Flair der Stadt faszinierte beide gleichermaßen. Die verschiedenen Stilrichtungen und Epochen der Bauwerke beeindruckte sie tief. Von restauriertem Hansebarock, über mondäne Glaspaläste, bis zu den tonangebenden Backsteinbauten. Dazu Shops ohne Ende, Mode, Kleinkunst, Schmuck, Nippes, Exotik pur, in unübersehbarer Vielfalt. Eva hatte einen kleinen, indischen Laden mit Tee entdeckt. In unseren Breiten hatte die Teeexpertin eine solche Auswahl, kombiniert mit kompetenter Beratung noch nie erlebt, dazu alles in frischer Qualität. Bestenfalls im Internet hätte sie solche Exoten bestellen können. Sie schlug gewaltig zu. Wie viele Sorten in den, gleich mitgekauften Jutesack verstaut wurden, konnte Marianne nur hochrechnen. Diese erstand für ihre Mutter einen hübschen Seidenschal. Als geschmackvolles Geschenk zum kommenden Geburtstag. Für sich ein Dreierset, zierlicher kleiner Bilderrahmen mit Blumendeko. In einem Drogerieladen, gleich zwei Dosen ihres Lieblingsdeos, um lediglich den halben, vom normal üblichen Preis. Die längsten Aufenthalte nahmen Schuhgeschäfte in Anspruch. Eva war voll in ihrem Element, geriet vor dem Schaufenster halb in Ekstase. Bis zur Hafenrundfahrt war sie um zwei Paar, hochhackige Männerhälseverdreher reicher. Marianne organisierte vorsichtshalber, zwischenzeitlich zwei leckere Räucherlachsbrote, ebenso viele Dosen Cola. Notfalls konnten sie diese Touristenmahlzeit auch auf dem Schiff verspeisen, was sie dann auch taten.

      Der Michel, von außen und von innen, war sich zeitlich gerade noch im Eiltempo ausgegangen. Pünktlicher als sie zwei, konnte kein Mensch, im Laufschritt, zum Ablegen antanzen. Setzten gerade ihre Füße auf das Schiff, als nach ihnen, die Gangway auch schon eingezogen wurde. Bis die Fahrkarten gelöst, das Oberdeck erklommen, zwei aussichtsreiche Sitzplätze angesteuert waren, fuhr das Schiff bereits. Die Begrüßung via Lautsprecher begann gerade. Wäre das bunte Durcheinander von Booten aller Art auf dem Wasser, schon spannend und abwechslungsreich zu beobachten gewesen, die Highlights rundherum waren noch beeindruckender. Schipperten an der historischen Speicherstadt, der sündhaft teuren Elbphilharmonie, dem gigantischen Containerhafen vorbei. Bekamen die Alsterschleuse erläutert, fühlten sich neben mondänen Kreuzfahrtschiffen aus aller Welt, wie Ameisen auf einem Treibholz. Besonders sehenswert für beide, Hamburgs´ Skyline vom Wasser aus.

      Zwei Stunden entspanntes schaukeln und staunen. Von Seemannsliedern unterbrochenen Informationen zu lauschen. Gleichmäßig langsam vorüberziehende Bilder, eine Wohltat für ihre brennenden Füße. Die Luft schmeckte für Marianne nicht nach Teer und Abgas, sondern nach Salz und Freiheit.

      Beide hatten eine richtig gesunde Farbe im Gesicht bekommen. Dafür verantwortlich eine Mischung von strahlender Sonne am wolkenlosen Himmel und eine stetige Prise Seeluft…

      Zu ihrem Leidwesen waren beide ziemlich streichfähig, echt voll super! Hätte ihnen jemand, zwei weiche Betten angeboten, vor dem nächsten Morgen, wäre keine wieder wach geworden. Ihr Boot hatte angelegt, die Passagiere strömten dem Abgang zu.

      Eva schielte sie an, diese ebenso geistreich zurück.

      Mein

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