Das Blut des Wolfes. Michael Schenk
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„Ich werde noch ein wenig mit John reden und dann nach Hause fahren.“ Svenja hatte eigentlich keine Lust, nach Hause zu fahren, aber ihre Freundin Kim konnte sie nicht besuchen, denn die war mit ihren Eltern nach Köln gefahren. Natürlich hätte sie noch ein wenig an ihrem Computer arbeiten können. Die Firma hatte einen großen Auftrag von einer Lebensmittelkette erhalten und Svenja sollte Entwürfe für die verschiedenen Flyer ausarbeiten. Doch die Aussicht, bei dem schönen Wetter unter der Dachschräge zu schwitzen, gefiel ihr nicht sonderlich.
Jochen und Peter Wagner begannen das Absperrband aufzurollen und Svenja schlenderte auf das Gebäude zu, um mit John Turner zu reden.
Der Ranger lehnte am Eingang und unterhielt sich mit der Kassiererin Frau Honnig. Er nickte Svenja zu und grinste breit. „Langeweile?“
„Kann man so sagen“, räumte sie ein. „Der Rummel hier scheint ja wohl rum zu sein.“
„Wenn du willst, kannst du mit mir kommen. Oben, am großen Böttenbach, wo er aus dem abgesperrten Bereich herüber fließt, soll sich Knüppelholz am Zaun angesammelt haben und das Wasser staut sich. Ich will nachsehen, ob wir das räumen müssen. Nicht, dass der Wanderweg unter Wasser gesetzt wird.“
„Klar. Besser, als hier rumzuhängen.“
„Wir nehmen meinen Geländewagen. Das geht schneller. Außerdem habe ich da das Werkzeug drin.“
Sie stiegen in das lindgrüne Fahrzeug und John steuerte ihn auf den Weg, den Tage zuvor die Proschkes genommen hatten. „Dein Vater ist wohl ziemlich frustriert, wie?“
„Wie kommst du darauf?“
Turner grinste. „Sah man seinem Gesicht an.“
„Na ja, er findet das sicher echt Scheiße“, bekannte Svenja. „Endlich mal was los und dann kommt die Kripo und zieht die Ermittlungen an sich. Hat er sich wohl anders vorgestellt.“
„Dein Vater will noch vorankommen.“ John fuhr den Pfad langsam entlang und achtete darauf, was sich rechts und links davon tat. „Im Grunde kann er noch immer Karriere machen und ich denke, er will auch nicht, dass du hier in Wolfgarten verdauerst.“
„Versauerst, meinst du.“ Svenja lachte auf. „Ja, ich glaube, es gefällt ihm hier nicht mehr. Er hat schon ein paar Mal seine Versetzung beantragt. Ist aber immer vertröstet worden.“
„Woher weißt du das?“
„Manchmal kriegt er seinen moralischen Anfall. Dann trinkt er zu viel Bier und fängt an zu reden. “
Turner sah sie mitfühlend an. „Das klingt ein bisschen so, als hättet ihr euch sonst nicht besonders viel zu sagen.“
„Nein, in letzter Zeit eher nicht.“ Svenja zuckte die Schultern. „Worüber auch?“ Sie sah den Ranger an. „Und du?“
„Was, und du?“
„Na ja, willst du auch weg?“
Er überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. „Nein. Es gefällt mir hier. Ist ein sehr schöner Naturpark und ich mag Tiere.“
„Und sonst?“
„Was, und sonst?“
Sie errötete ein wenig. „Ich meine ja nur. Also, ich weiß, dass du Tiere magst. Aber man sieht dich kaum in der Kermeter Schänke oder auf den Festen im Ort.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „So kommst du bestimmt nie zu einer Freundin.“
Turner lachte auf. „Na, du machst dir vielleicht Gedanken.“
„Ist doch normal für Männer“, setzte Svenja nach. „Ich meine, dass die eine Freundin haben wollen.“
„Ich finde, dass ist aber eine sehr private Frage.“
„Sind wir Freunde oder nicht?“
„Sind wir.“
„Und du hast mal gesagt, ich kann mit dir über alles reden.“
„Habe ich gesagt, ja“, bestätigte er.
„Und? Willst du keine Freundin?“
John Turner nahm eine Hand vom Steuer und schob seinen Rangerhut in den Nacken. „Irgendwann bestimmt. Aber das hat Zeit. So etwas muss man nicht überstürzen.“
„Hab ich Paps auch gesagt.“
„So, hast du?“
Svenja nickte. „Habe ich.“
Der Ranger warf ihr einen kurzen Blick zu und konzentrierte sich dann wieder auf den Weg. „Gab es dazu einen bestimmten Grund?“
„Er hat was mit der Schneider.“
Turner atmete tief durch. „Nun, Svenja, ich finde, dass ist zunächst einmal seine Sache, oder? Du bist ja selbst schon erwachsen und könntest in der Stadt wohnen, heiraten und eine Familie gründen.“
„Mal den Teufel nicht an die Wand.“ Sie lachte. „Ich will erstmal Kohle in meinem Job machen und für den Rest braucht man den passenden Mann.“
„Noch nicht gefunden?“
„Sehe ich so aus?“
„Wundert mich. Du gehörst doch zu den Hübschen. Die Burschen müssten bei dir Schlange stehen.“
„Man muss ja nicht gleich mit Jedem ins Bett hüpfen.“
John warf ihr einen kurzen Blick zu. „Oder mit Jeder, nicht wahr? Was hast du gegen die Schneider? Ich finde, sie macht einen guten Job. Sie hat sich sehr für den Park bei uns eingesetzt.“
„Ich kann sie einfach nicht leiden.“
„Musst du ja auch nicht.“ Er sah sie erneut kurz an. „Aber deshalb musst du deinem Vater den Spaß ja nicht verderben.“
Svenja zog eine Schnute. Schließlich lächelte sie. „Wahrscheinlich hast du Recht. Und, was machst du? Wenn du Spaß haben willst?“
„Wenn du es genau wissen willst… Wenn ich Spaß haben will, dann fahre ich nach Schleiden.“
„Oh.“ Svenja begriff. „Na ja, auch eine Möglichkeit.“
Turners Gesicht wurde für einen Augenblick ernst. „Es ist nicht immer einfach für mich, hier draußen, auf dem Lande.“
„Warum?“
„Manche meinen, ich sei zu lange in der Sonne gewesen.“
Svenja verstand und konnte sich an einen Vorfall