Das Blut des Wolfes. Michael Schenk
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Читать онлайн книгу Das Blut des Wolfes - Michael Schenk страница 9
„Davon will ich auch gar nichts verstehen.“ Er deutete auf ihren Computer. „Jedenfalls nicht in der Lautstärke. Mach das jedenfalls leise, Svenja, bevor mir die Ohren abfallen, ja?“
„Ja, ja, schon gut.“ Sie legte das Buch zur Seite und erhob sich. „Ist die Schneider noch da?“
Sein Gesicht wurde verlegen. „Hab schon gehört, dass du ihr begegnet bist.“
„Ja, dumm gelaufen.“ Svenja zuckte mit den Schultern. „Hast du was mit ihr? Ich meine, was Ernsthaftes?“
„Weiß ich noch nicht“, murmelte er. „Hat sich so ergeben. Wieso fragst du?“
„Sie hat ihre Kette im Bad vergessen.“ Svenja angelte nach dem Schmuckstück und hielt es ihrem Vater entgegen.
„Oh. Danke.“ Jürgen Kircher sah sie nachdenklich an. „Ich habe das Gefühl, du magst sie nicht. Ich kenne diesen Blick bei dir.“
„Na ja, Paps, vielleicht ist sie ja ganz nett.“
„Bist du sauer, weil ich…?“
„Blödsinn.“ Sie legte das Buch zur Seite und sah ihn ernst an. „Ich meine, ich kann verstehen, dass du dir wieder eine Freundin suchst. Mama ist…“
„Lass Karin aus dem Spiel“, knurrte er. „Du weißt, dass ich deine Mutter sehr geliebt habe.“
„He, so habe ich das auch nicht gemeint.“ Sie machte eine entschuldigende Geste mit den Händen. „Ist doch normal, dass du wieder eine Beziehung willst. Kommt nur ziemlich überraschend. Vor allem, weil es die Schneider ist.“
„Hör mal, Große, das ist meine Sache, oder?“ Sein Gesicht rötete sich. „Ich rede dir ja auch nicht in deine Freundschaften rein, nicht wahr?“
„Na, immer wenn ich dir erzähle, dass ich mal ausgegangen bin, bekommst du diesen finsteren Bullenblick.“
„Ich will nur nicht, dass du an den Falschen gerätst.“
„He, ich bin schon ein großes Mädchen, okay?“
Jochen leckte sich über die Lippen. „Manchmal vergesse ich das“, gestand er ein. „Es fällt mir schwer, in dir eine junge Frau zu sehen, Svenja. Irgendwie bist du für mich immer noch das kleine Mädchen.“
In Svenja regte sich schwacher Protest, aber sie wusste, was er damit ausdrücken wollte.
Für einen Augenblick herrschte Schweigen und in die nachdenkliche Stille hinein war das Summen von Jochens Mobiltelefon zu vernehmen. Er räusperte sich, zog das Gerät aus der Hosentasche und klappte es auf. „Ja?“
Svenja bemerkte, wie sich der Gesichtsausdruck ihres Vaters verwandelte. So sah er immer aus, wenn er sein „Dienstgesicht“ aufsetzte und sich seiner Bedeutung als Amtsperson bewusst wurde. Gott, sie hasste es, wie er sich dann aufführen konnte.
„Bin in fünf Minuten unten“, beendete er das Gespräch.
„Was Besonderes?“
Er nickte. „Ranger Turner hat auf der Wache angerufen. Er vermisst zwei Wanderer. Wahrscheinlich ist es nichts Ernstes und die haben sich nur verlaufen. Jedenfalls werde ich Mal nach dem Rechten sehen.“
„Okay“, erwiderte sie.
Jochen warf ihr einen scharfen Blick zu. Immer wenn sie derart einsilbig wurde, drückte sie damit ihren Protest aus. Aber jetzt hatte er nicht die Zeit, darauf einzugehen.
Svenja hörte seine hastigen Schritte auf der Treppe und wie er das Haus verließ.
Immerhin konnte sie nun wieder ungestört ihre Musik genießen.
Kapitel 3
Peter Wagner hielt den Streifenwagen vor dem Haus der Kirchers an und rutschte zur Seite, als Jochen aus dem Haus trat. Wagner war Polizeimeister und hatte für sein Alter eigentlich einen zu niedrigen Rang. Der dickliche Polizist hatte sich längst damit abgefunden, seinen beschaulichen Dienst in Wolfgarten zu beenden und war eher froh, dass sich hier so wenig ereignete. Den Eifer seines Kollegen Kircher konnte er kaum nachvollziehen. Aber Kircher war auch jünger und wollte sich sicherlich nicht mit dem Rang eines Polizeiobermeisters zufrieden geben. Der war eifrig genug, noch vorankommen zu wollen und immer wieder frustriert, dass Wolfgarten wenige Möglichkeiten bot, sich hervorzutun.
Jochen stieg in den Wagen, startete und wendete das Fahrzeug. „Hast du schon was Genaueres gehört?“
Peter Wagner schüttelte den Kopf. „Nur das, was ich dir sagte. Gestern kamen wohl zwei Touris zur Rangerstation und als Turner heute den Dienst aufnahm, hat er bemerkt, dass der Wagen von denen noch auf dem Parkplatz steht.“
„Hätte ihm früher auffallen müssen“, kritisierte Jochen.
Wagner zuckte die Schultern. „Turner musste gestern noch zu einer Besprechung mit dem Förster. Wurde wohl spät und er hat nicht mehr an die Touris gedacht.“
„In jedem Fall hat er seine Aufsichtspflicht verletzt.“
„Ach, nun mach aber Mal einen Punkt“, brummte Wagner. „Die Honnig war doch im Souvenirladen und der hätte das zuerst auffallen müssen.“ Der Polizeimeister bemerkte, wie Jochen ans Armaturenbrett langte. „Muss das sein?“
Kircher schaltete grinsend Martinshorn und Blaulicht ein. „Wann haben wir schon Mal die Gelegenheit dazu?“
„Für die paar Meter? Mann, du hast echt eine Profilneurose.“ Peter Wagner seufzte. „Und ras nicht so. Turner wird nicht gerade begeistert sein, dass du mit dem Lärm die Tiere erschreckst.“
„Der soll sich bedeckt halten“, zischte Jochen. „Schließlich hat der die Wanderer verloren und nicht wir.“
Sie erreichten den großen Parkplatz vor der Rangerstation und Jochen bedauerte es ein wenig, das Martinshorn nun abschalten zu müssen. Er sah Ranger John Turner und zwei Parkmitarbeiter vor dem Stationsgebäude, die sich mit Bärbel Honnig unterhielten, die für den Kiosk zuständig war. Sein Blick fiel auf den Rangerover. Das fremde Fahrzeug gehörte sicherlich den beiden vermissten Wanderern.
Er und Peter stiegen aus und Jochen achtete akribisch auf den korrekten Sitz seiner Dienstmütze. „Tag zusammen.“ Er tippte kurz an den Mützenschirm. „Wir wurden verständigt, dass hier zwei Personen vermisst werden.“
„So ist es.“ John Turner wies auf das geparkte Fahrzeug der Wanderer. „Klaus und Lydia Proschke. Sie kamen gestern gegen Mittag und wollten nur wenige Stunden bleiben. Heute Morgen stellten wir dann fest, dass der Wagen noch da ist.“
Jochen zog seine Taschenlampe hervor und leuchtete ins Innere des Rangerovers. Eigentlich war es hell genug, um selbst den Fußraum gut sehen zu können, aber Jochen liebte solche kleinen Gesten, bei denen die Zuschauer Zeugen wurden, wie er seinem Amt nachging. „Die Sitze sind ziemlich weit zurück. Sieht nicht so aus, als wenn die Proschkes klein und zierlich wären.“
„Nein, ganz bestimmt nicht.“