Das Blut des Wolfes. Michael Schenk

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Das Blut des Wolfes - Michael Schenk

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an ihre häufigen Migräneattacken, die von schlechten Kochkünsten begleitet wurden, und nickte widerwillig. „Schon gut. Von mir aus. Warte, ich mache nur schnell ein paar Fotos.“

      „Du bist abartig. So was fotografiert man nicht.“

      „Ist für den Ranger“, beruhigte er sie.

      Erneut war das Knacken zu hören und als Klaus rasch in Richtung des Geräusches blickte, glaubte er, ein dunkles Schemen zu erkennen, welches sich zwischen den Bäumen bewegte. Er war sich nicht sicher, doch das Tier schien die Größe eines erwachsenen Menschen zu haben.

      „Hast du es gesehen?“ Lydias Stimme vibrierte leicht.

      „Ja, hab ich“, erwiderte er nachdenklich. „Sah mir aber nicht nach einem Tier aus.“

      „Das ist mir Scheißegal“, ächzte sie. „Jemand oder etwas schleicht da herum und mir ist völlig egal, ob das so ein Perverser oder sonst was ist.“

      Erneut war eine schnelle Bewegung zu erkennen. Als spränge ein Schatten von einem Baum zum nächsten. Und dieser Schatten kam mit jeder Bewegung näher.

      „Hallo, wer ist da?“, rief Klaus, der nun selbst ein mulmiges Gefühl in der Magengegend hatte.

      „Bist du wahnsinnig?“, keuchte Lydia. „Du machst das Ding ja noch auf uns aufmerksam.“

      „Der weiß ohnehin, dass wir hier sind.“ Klaus sah sich um und bückte sich nach einem stärkeren Ast. Das solide wirkende Holzstück gab ihm das Gefühl, nicht mehr ganz Schutzlos zu sein.

      „Komm jetzt endlich!“ Die Panik in ihrer Stimme war unverkennbar.

      Da war die Bewegung erneut. Viel näher als zuvor.

      Klaus Proschke riss entsetzt die Augen auf. „Oh, Scheiße“, keuchte er. „Oh, Scheiße.“

      Lydia wartete nicht auf ihren Mann. Sie schrie auf, warf sich herum und begann zu rennen.

      Klaus hingegen starrte dem Wesen wie gelähmt entgegen. Er wollte den Ast heben, aber der schreckliche Anblick ließ ihn förmlich erstarren.

      „Oh, mein Gott“, ächzte er.

      Die Kreatur hatte die Größe eines Menschen und auch die ungefähre Gestalt eines solchen. Doch damit hörte die Ähnlichkeit auch auf. Der Schädel ähnelte dem einer Katze und das Wesen war vollständig mit einem unregelmäßig gestreiften Fell bedeckt. Hornige Krallen krümmten sich Klaus entgegen und als sich der Rachen öffnete, wurden lange Reißzähne sichtbar. Die geschlitzten Pupillen der Augen schienen bösartig zu funkeln.

      „Oh, mein Gott“, wiederholte Klaus entsetzt.

      Die monströse Gestalt ging ein wenig in die Knie, duckte sich und sprang.

      Klaus Proschke spürte ein Brennen im Hals und warme Flüssigkeit, die seine Kehle hinunter sickerte. Dann einen scharfen Schmerz, als ein Hieb der Krallen seine Baudecke öffnete und die Eingeweide hervorquollen. Er sackte auf die Knie und seine Augen wurden bereits starr, noch während sein Körper leblos nach vorne sank.

      Das Wesen hielt sich nicht mit dem Sterbenden auf. Mit gleitenden, elegant wirkenden Bewegungen sprang es hinter Lydia Proschke her.

      Diese schrie und rannte um ihr Leben, doch gegen die Schnelligkeit des Verfolgers hatte sie keinerlei Chance. Das letzte, was sie in ihrem Leben vernahm, war das Bersten ihres Schädeldachs, als sich die gewaltigen Fänge unbarmherzig hinein bohrten.

      Kapitel 2

      Svenja Kircher nahm zwei Stufen auf einmal. Beim Telefonat mit ihrer Freundin Kim hatte sie die Zeit vergessen und den drängenden Druck ihrer Blase ignoriert, aber nun forderte die Natur ihr Recht. So hastete sie die Treppe hinunter, öffnete die Tür des Badezimmers und trat ein, ehe sie das Rauschen der Dusche realisierte.

      „Oh, ´tschuldigung.“ Svenja errötete verlegen.

      Seit dem Tod ihrer Mutter lebte sie mit ihrem Vater alleine und die Person unter der Dusche war definitiv nicht männlichen Geschlechts. Die Anwesenheit einer anderen weiblichen Person überraschte sie. In den vergangenen Jahren hatte ihr Vater Jochen kein sonderliches Interesse an der Damenwelt gezeigt. Stattdessen hatte er sich auf seinen Beruf als Polizeibeamter und auf Svenjas Erziehung konzentriert. Allerdings war seine „kleine“ Tochter inzwischen neunzehn Jahre alt, machte eine Ausbildung zur Werbegrafikerin und hatte inzwischen auch eigene Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht gesammelt. Sie war aus dem Gröbsten heraus, wie Jochen vor einigen Wochen einmal beiläufig erwähnt hatte und vielleicht war das der Grund dafür, dass sich so unvermutet ein weibliches Wesen unter der Brause drehte.

      Svenja hoffte vergebens, dass die Fremde ihr Eintreten nicht bemerkt und das Rauschen der Brause die Geräusche überdeckt hatte. Die Gestalt in der Duschkabine bewegte sich und eine schwarzhaarige Frau schob den Plastikvorhang ein Stück zur Seite und lächelte sie an. „Schon in Ordnung, ich habe das Klopfen sicher nicht gehört.“ Die Frau deutete mit dem Kopf zur Toilette. „Ich sehe auch nicht hin, falls du…?“

      Svenjas hätte es sich liebend gerne verkniffen, denn die Situation war ihr doch ein wenig unangenehm. Aber ihre Blase konnte nicht länger warten.

      Errötend nickte sie. „Tut mir leid. Ist mir jetzt echt peinlich.“

      „Kein Problem.“

      Der Duschvorhang wurde wieder geschlossen und Svenja beeilte sich, auf die Toilette zu kommen. Im Stillen verfluchte sie ihren Vater Jochen. Zum Einen, weil er keine Gästetoilette eingebaut und zum Anderen, er ihr nicht gesagt hatte, dass er Besuch erwartete. Vielleicht war sie aber auch zu sehr mit ihrem Telefonat beschäftigt gewesen und hatte nicht darauf geachtet, wie ihr Vater ihn ankündigte. Sie erinnerte sich, dass er kurz in ihrem Zimmer gewesen war, aber Kim hatte Stress mit ihren Eltern und das nahm Svenjas Aufmerksamkeit stärker in Anspruch, als der übliche Kontrollblick ihres Vaters.

      Svenja blickte auf die Dusche. Durch den milchigen Vorhang war die schlanke Gestalt zu sehen. Manchmal presste sich der Körper gegen das Plastik, so dass die Details hervor traten. Die Frau war ihr keine Unbekannte. Svenja hatte sie schon gelegentlich gesehen, denn als Polizeibeamter arbeitete ihr Vater eng mit der Ortsverwaltung von zusammen. Im Fall des winzigen Wolfgartens bestand diese Verwaltung aus der Ortsvorsteherin Vanessa Schneider. Dass ausgerechnet diese Frau so unvermutet unter der Dusche stand, verblüffte und verärgerte Svenja.

      In den vergangenen Jahren waren sie und ihr Vater zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammengewachsen und sie hatte ihre Mutter in vielen Dingen ersetzen müssen. Svenja lernte die Wäsche zu machen und den Haushalt zu führen, konnte längst weit mehr als nur Spaghetti zubereiten und schaffte es auch, einen Knopf anzunähen, ohne sich die Finger zu zerstechen. Fertigkeiten, die ihr Vater wohl niemals erwerben würde. Der Beruf nahm ihn zu sehr in Anspruch. Das Leben in Wolfgarten und an der Seite ihres alleinerziehenden Vaters hatte Svenja früh erwachsen werden lassen. Jetzt schien zum ersten Mal wieder eine andere Frau in das Leben ihres Vaters zu treten und das gefiel Svenja überhaupt nicht.

      Sie säuberte sich und betätigte die Spülung. „Bin fertig“, rief sie Vanessa zu.

      „Alles cool“, kam die Erwiderung.

      Svenja verzog das Gesicht und verließ das Bad.

      Alles

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