Das Blut des Wolfes. Michael Schenk

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Das Blut des Wolfes - Michael Schenk

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erkennen, der dort das Areal und einen kleinen Teil der Weide absperrte.

      „Gibt es hier wilde Tiere?“, fragte Lydia prompt.

      „Deswegen sind wir ja hier“, seufzte er.

      „Deswegen bist du hier“, korrigierte sie ihn.

      „Hier gibt es Biber und Luchse“, erklärte er, denn er wusste, dass seine Frau vor allem die putzigen Biber liebte. „Und natürlich Rotwild und Wildschweine. Vielleicht haben sie den Zaun errichtet, damit die Tiere nicht gestört werden.“

      Der Wagen rollte auf den Parkplatz der Rangerstation und Klaus war froh, dass er direkt am Waldrand lag. Zwar gab es noch keinen Schatten, aber sobald sie wieder nach Hause fuhren, musste sich das geändert haben und der Wagen würde dann nicht mehr so aufgeheizt sein. Er musste trotzdem daran denken, einen Sonnenschutz über das Lenkrad zu legen. Jedenfalls würde sein nächster Wagen eine Klimaanlage haben. Dieser Sommer war ja wirklich kaum auszuhalten.

      Die Markierungen der Parkbuchten wirkten frisch, ebenso wie das Holz des Zaunes, der den Platz eingrenzte. Während er den Wagen einparkte, warf er einen Blick zum Stationsgebäude. Es erinnerte Klaus an eine Baubaracke, die man mit etwas Farbe aufgewertet hatte.

      „Rangerstation Wolfgarten“, las Klaus von dem Schild ab. „Na, also.“

      „Viel ist hier aber auch nicht los“, meinte Lydia mit Blick auf die drei Fahrzeuge, die auf dem geräumigen Platz standen.

      „Es ist Mittwoch und keine Urlaubszeit. Was erwartest du da?“ Klaus stellte erleichtert den Motor ab. „Am Wochenende ist hier sicher Betrieb.“

      Auch der Belag des Parkplatzes wirkte noch neu, ebenso wie die Grillhütte, die man hier für die Besucher aufgebaut hatte. Klaus stieg aus und blieb an der Fahrertüre stehen. Unschlüssig blickte er zu der Station hinüber, vor der ein lindgrüner Rangerover stand. Tafeln und Hinweisschilder an der Längswand des Gebäudes wiesen auf die Themen der Wanderpfade und einen Verkaufskiosk hin. Letzterer war geschlossen. Ein anderes Schild trug die Beschriftung „Ranger“.

      „Gott, wie im Wilden Westen.“ Lydia saß auf dem Beifahrersitz, zog ihre Pumps aus und die Wanderschuhe an.

      „Hat man aus den USA übernommen“, stellte Klaus fest. „Wildhüter täte es auch, aber heutzutage muss ja alles amerikanisch klingen. Gehen wir Mal rüber. Ich glaube, da ist jemand.“

      Ein Mann in Rangerkleidung und mit einem „Mountain-Peak“-Hut, wie ihn auch die kanadische berittene Polizei trug, trat aus dem Stationsgebäude und sah den Ankömmlingen mit einem Lächeln entgegen. „Herzlich willkommen im Naturpark Hohes Venn-Eifel“, sagte er zur Begrüßung. „Mein Name ist John Turner und ich bin hier der zuständige Ranger.“

      „Sie sind aber kein Deutscher, oder?“, fragte Lydia Proschke.

      Der Farbige lächelte. „Inzwischen schon, junge Frau.“ Er deutete mit einer ausholenden Bewegung um sich. „Ich war früher Soldat bei den amerikanischen Streitkräften. Habe ein nettes Mädel kennengelernt und bin nach meiner Entlassung hier hängen geblieben.“ Er sah Klaus an. „Sie waren noch nie hier?“

      „Nein, ein Bekannter hat uns von Wolfgarten erzählt“, gestand Klaus Proschke ein. „Wir wussten gar nicht, dass es ein Dorf mitten im Nationalpark Eifel gibt. Ist ja sehr schön hier. Jedenfalls haben Sie hier eine Menge Wald.“

      „Sogar eines der größten geschlossenen Waldgebiete des Rheinlands“, erklärte der Ranger mit sichtlichem Stolz. „Über dreiunddreißig Quadratkilometer. Zur Hälfte Buche und Eiche, der Rest Eiche, aber deren Anteil nimmt ab. Einige Bereiche des Waldes überlassen wir sich selbst. Umgestürzte Bäume und abgebrochene Ästen lassen wir im Wald, so dass wir allmählichen den Urzustand wieder herstellen können. Wissen Sie, Totholz bietet Flechten, Pilzen, Moosen und einer Menge Insekten einen natürlichen Lebensraum. Daraus ziehen Tiere und Pflanzen ihren Nutzen, die hier ein seltenes Refugium gefunden haben.“ John Turners Lächeln vertiefte sich. „Hier finden sie genügend Platz und Ruhe, sich ungestört zu entwickeln und ihre Verhaltensweisen auszuleben. Besonders für störanfällige Arten ist so ein geschützter Lebensraum entstanden.“

      „Aha“, sagte Lydia, deren Interesse sich in überschaubaren Grenzen hielt.

      Ihr Mann Klaus hingegen nickte. „Scheint aber nicht sehr vielen bekannt zu sein, sonst wäre hier mehr los.“

      „An den Wochenenden und in der Urlaubszeit ist hier die Hölle los. Aber viele Besucher des Parks fahren natürlich auch zur Dreiborner Hochfläche und, natürlich, an die Urfttalsperre.“

      „Ha“, machte Lydia triumphierend. „Ich sagte doch, wir hätten zur Talsperre fahren sollen.“

      Im Gegensatz zu Klaus, nahm Turner ihr die Bemerkung nicht übel. Der Ranger deutete auf eine Karte, die an der Wand der Station hing. „Glauben sie mir, der Besuch des Parkbereiches lohnt sich. Wir konnten hier viele Farn- und Blütenpflanzen nachweisen, von denen eine ganze Reihe auf der Roten Liste der Bundesrepublik oder der des Landes stehen“, erklärte er mit sichtlichem Stolz. „Öffentlichkeitswirksamer sind natürlich die größeren Tiere wie Luchs, Wildkatze oder Rothirsch. Auch Rehe, Mufflons und Wildschweine, die hier ein Rückzugsareal gefunden haben. Das heißt für Sie, dass Sie sich im Zweifelsfall zurückziehen. Die Natur geht hier vor, aber das werden Sie als Naturfreund ja sicherlich verstehen.“

      „Ja, natürlich.“ Klaus Proschke deutete auf seine Kamera. „Aber fotografieren wird man doch wohl dürfen, nicht wahr?“

      „Selbstverständlich. Hier, auf der Karte sehen Sie die Wanderwege und den Jägerpfad. Ein Stück nördlich fließt der große Böttenbach. An ihm sind sogar einige Biber heimisch geworden.“ Turner sah das Interesse in den Augen von Klaus Proschke und lächelte entschuldigend. „Der größte Teil des großen Böttenbachs liegt aber im abgesperrten Bereich.“

      „Dann sind die interessanten Dinge also hinter diesem Zaun“, brummte Klaus.

      „Ich kann Ihnen versichern, als Naturfreund werden Sie voll auf ihre Kosten kommen. „Folgen Sie am Besten dem Ziegenbendges Weg. Alles Rechts von ihm und jenseits des Zauns können Sie fotografieren, aber Sie dürfen das Areal natürlich nicht betreten. Ein gutes Stück den Weg entlang, fließt der Bach auf die linke Seite hinüber. Es könnte also durchaus sein, dass Sie doch einen Biber zu Gesicht bekommen.“ Er sah die Proschkes mahnend an. „Sie sollten aber auf den vorgeschriebenen Wegen bleiben.“

      „Selbstverständlich.“

      Turner schob seinen Rangerhut ein Stück in den Nacken. „Alles auf der rechten Seite des Ziegenbendges Weges betreten selbst wir Ranger nur in absoluten Ausnahmefällen.“

      „Verstehe“, seufzte Klaus. „Das Rückzugsareal.“

      „Genau, das Rückzugsareal. Da müssen wir um Ihr Verständnis bitten.“

      „Kein Problem“, versicherte Klaus Proschke. „Ich wollte mir ohnehin erst einmal einen Überblick verschaffen.“

      „Es wird Ihnen gefallen“, versicherte John Turner.

      „Gibt es hier gefährliche Tiere?“, fragte Lydia rasch, als der Ranger Anstalten machte, in die Baracke zurück zu treten.

      „Nun, wir haben hier Wildschweine und ein Luchspaar. Aber die Wildschweine haben ihr Revier mehr im Süden, in Richtung auf den alten Feuerwachtturm.

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