Das Blut des Wolfes. Michael Schenk
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Читать онлайн книгу Das Blut des Wolfes - Michael Schenk страница 27
Der Ranger zog die Tür zu und deutete durch die offene Seitenscheibe. „Sie befinden sich hier im Erfassungsbereich eines Kameraturms. Wir fahren jetzt außer Sicht- und Hörweite der Tiere, aber notfalls können wir noch rasch eingreifen. Wenn alles glatt geht, ziehen wir uns leise zurück.“
„Aber wenn wir sie nicht sehen, wie erfahren wie dann…“
„Kameraturm“, erinnerte John und hielt dann sein Mobiltelefon hoch. „In der Station werden wir und die Wölfe schon längst beobachtet. Da hat man die Monitore im Blick. Läuft etwas schief, rufen die sofort an.“
„Hätte ich mir denken können.“
„Ja, das ist nicht immer deine Stärke“, scherzte der Ranger. Sein Mobiltelefon vibrierte und der Ranger nahm das Gespräch an.
„Und?“, fragte Svenja.
John lächelte breit. „Alles okay. Wolfgarten hat seine Wölfe.“
Svenja klatschte demonstrativ in die Hände, was ihr ein kurzes Lächeln einbrachte.
John wurde unvermittelt ernst. „Übrigens, da wir gerade beim Thema Wolf sind… Kannst du dich noch an den kleinen Hund erinnern, den wir vor einiger Zeit gefunden haben?“
„Von dem ich das Blut ins Auge bekam? Klar, kann ich mich erinnern. Was ist damit?“
„Ich hab den Kadaver damals in die Tierpathologie geschickt, da er mir ungewöhnlich vorkam. Ich habe die Ergebnisse bekommen. Na ja, das klingt jetzt ein wenig seltsam, aber das war kein Hund.“
„Kein Hund?“ Svenja blinzelte überrascht.
„Kein Hund“, bestätigte John. „Ein Wolfswelpe, keine sieben Wochen alt.“
„Ein Wolf?“ Sie sah ihn überrascht an. „Ist doch Blödsinn. Bei uns gibt es keine Wölfe. Also, ich meine, damals gab es keine. Jetzt natürlich schon.“
„Definitiv ein Wolfsjunges.“
„Dann waren damals schon Wölfe hier? Und sind es vielleicht immer noch?“ Svenja sah auf die vorbei gleitende Landschaft des Parks. „Oh, Mann, hast du nie etwas bemerkt?“
„Nichts“, versicherte Turner. „Keine Spuren, keine Wolle vom Fell, kein gerissenes Wild. Auch kein Heulen. Dabei muss es ja ein Pärchen geben, wenn es auch ein Junges gab. Zumindest ein Weibchen. Ich muss allerdings zugeben, ich bin auch nur sehr selten im abgesperrten Bereich.“
„Wow.“ Svenja deutete auf das vorausfahrende Fahrzeug der EWoP. „Wissen die Wolfsforscher davon? Ich meine, falls sich schon ein Wolf hier befindet, dann hat das doch Einfluss auf das eben ausgesetzte Wolfspaar, nicht wahr?“
„Ich habe das mit der Parkleitung besprochen und natürlich mit Förster Bramke und Frau Schneider. Es gab bislang kein Anzeichen für einen oder mehrere andere Wölfe. Lebende, meine ich. Und der Welpe war tot.“
„Ich verstehe.“ Svenja warf John einen vorwurfsvollen Blick zu. „Ihr habt nichts gesagt, weil die Forscher von EWoP ihr Projekt sonst woanders angesiedelt hätten und nicht in unserem Park, nicht wahr?“
John zuckte die Schultern. „So oder so, Wolfgarten hat seine Wölfe.“
Kapitel 17
Es war Nacht und eine Flut von Lichtern strömte an Naukoda vorbei. Sie hatte nun den größten Teil ihrer langen Wanderung bewältigt und vor ihr lag eine jener breiten Autobahnen, welche die Waldgebiete unbarmherzig durchschnitten. Naukoda konnte die Metallkäfer sehen, in denen sich die Menschen von Ort zu Ort bewegten. Eine Kette von Käfern, schnell und undurchdringlich. Jedes Tier, welches sich auf das Band hinaus wagte auf dem sich diese Käfer bewegten, war dem Tode geweiht.
Aber die Menschen hatten an dieser Stelle vorgesorgt. Ein breiter Übergang führte über die Autobahn hinweg. Breit und stabil genug, dass man ihn hatte bepflanzen können. Er ermöglichte den Tieren den Wildwechsel.
Nahezu gleichzeitig mit Naukoda war ein Wolf erschienen. Ein großer und stattlicher Rüde, der nun vor ihr stand und ihr den Weg versperrte. Naukoda sandte beruhigende Impulse aus, doch der Rüde fletschte die Zähne. Die Aussicht, einen fernen Artgenossen zu töten, behagte Naukoda nicht. Doch sie verfügte auch über andere Mittel, sich den Weg frei zu machen.
Ihr Körper wuchs in die Höhe. Die Gliedmaßen und der Schädel veränderten sich. Es währte nur Augenblicke, dann war die Veränderung abgeschlossen und der Rüde rannte mit eingeklemmter Rute davon und suchte sein Heil in der Flucht.
Naukoda sank langsam vornüber, bis ihre Hände den weichen Boden berührten und wieder zu Pfoten wurden. Dann hastete sie weiter.
Der Hilferuf des Steins war schwächer geworden.
Aber er war noch da.
Kapitel 18
Es liebte die Nacht. Erneut verspürte das Wandelwesen dieses erregende Gefühl, wenn es durch die Dunkelheit ging und sich vor den Blicken verbarg. Wenn es seine Opfer beobachten konnte, ohne dass diese etwas davon ahnten. Wie oft hatte es sich schon am Blut und der Qual der Menschen gelabt? Die Kreatur hätte es nicht zu sagen vermocht. Doch trotz all der vielen Jahre, die verstrichen waren und trotz all der vielen Leben, die es genommen hatte, war das erregende Gefühl der Jagd nie schwächer geworden.
Das Wandelwesen schlich durch die nächtlichen Straßen, spürte den Asphalt unter seinen Füßen und konnte sich noch gut an jene Zeit erinnern, da es hier kaum mehr als einen bescheidenen Fahrweg und einige wenige Hütten gegeben hatte. Damals waren die Menschen von Unwissen und Aberglauben erfüllt gewesen und hatten es hingenommen, wenn einer der ihren spurlos verschwand oder einem Raubtier zum Opfer fiel. Selbst die Eigentümer der Burg waren machtlos gegen ein Wesen geblieben, welches seine Gestalt so leicht verändern konnte.
Ja, es war eine Zeit der Völlerei für das Rudel gewesen.
Doch die Zeiten hatten sich geändert.
Die Zahl der Menschen und deren Fähigkeiten hatten zugenommen. Und doch waren sie ahnungslos geblieben. Sie wussten nicht, was mitten unter ihnen lebte. Dennoch, es hieß nun vorsichtiger zu sein, den natürlichen Trieb zu beherrschen. Noch waren die künftigen Männchen, die das Rudel benötigte, nicht weit genug, um sich wandeln zu können.
Oh, wie oft hatte das Wandelwesen seine Begierde schon unterdrückt und es war wirklich nicht leicht, das Verlangen zu verdrängen. Es war eine innere Qual, den Menschen so nahe zu sein, dass man das Pochen der Halsschlagadern sehen konnte und sich doch nicht daran erfreuen zu können. Aber es durfte nicht leichtsinnig werden. Noch musste es den Rausch und die Leidenschaft hinter den Erfordernissen des Rudels zurückstellen. Noch konnte es sich mit dem warmen Saft von Tieren begnügen, auch wenn es ein fader Geschmack war, im Vergleich zum Blut eines Menschen.
Bald.
Bald würde es seine Fänge in die Kehlen der Ahnungslosen schlagen.
Aber alles musste gut vorbereitet sein und mit Bedacht geschehen.
Auch wenn seine eigene Art