Liebe, gut gekühlt. Linda Große

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Liebe, gut gekühlt - Linda Große

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blieb sitzen und als ihre Mutter mit dem Geschirr Richtung Küche verschwunden war, nutzte sie die Abwesenheit ihrer Mutter, ihren Vater anzubetteln, noch mal in die Stadt zu dürfen. Alle ihre Freunde trafen sich abends auf dem Marktplatz in St. Remy. Nur sie durfte nie hin um diese Uhrzeit. Max nutzte die Gunst der Stunde und bot sich als Begleitschutz an, da er inzwischen erfahren hatte, dass sie noch nicht ganz 17 war.

      Unter diesen Umständen stimmte auch Jeannes Mutter zu und das Mädchen verschwand um sich umzuziehen. Als sie wieder auftauchte wirkte sie in Max Augen geradezu atemberaubend. Sie trug eine hautenge Jeans und dazu eine taillierte Bluse, die aber brav zugeknöpft war. Als sie später, in einem Straßencafe saßen, waren plötzlich mehrere Knöpfe geöffnet und gewährten einen tiefen Einblick auf ihren push up BH, der ihre Brüste zu prallen Kugeln trimmte.

      Jeannes Freunde waren nirgendwo zu sehen und sie nutzte die Gelegenheit ihn heiß zu machen sehr gekonnt. Trotzdem vermied er es, sie zu berühren, obwohl sie auch auf dem Rückweg wie selbstverständlich nach seiner Hand griff. Da er die Angewohnheit hatte, beim Reden mit den Händen zu gestikulieren, nutzte er das wiederholt um sich aus der Umklammerung ihrer Finger zu lösen.

      Auf dem Campingplatz war es dunkel und still. Er lieferte Jeanne an der Eingangstür zum Wohnhaus ab, das an die Rezeption grenzte. Danach schlenderte er zu seinem Zelt, holte seine Kulturtasche und wanderte zum Waschhaus. Jetzt konnte er eine kalte Dusche gebrauchen. Eine halbe Stunde später zog er, in jeder Hinsicht abgekühlt, den Reißverschluss zu seinem Zelt auf und war sprachlos, Jeanne in seinem Schlafsack liegen zu sehen. Immerhin trug sie Shorts und ein T-Shirt. Trotzdem konnte er ihr dieses Mal nicht wiederstehen. Die Tatsache, dass sie offensichtlich keine Jungfrau mehr war, nahm ihm seine kurz aufkeimenden Gewissensbisse. Sie liebten sich wild und hungrig und Jeanne verschwand erst aus seinem Zelt als die Sonne aufging.

      Sie hatte ihn heftig ausgetrickst. Sie wollte weg vom Campingplatz, sie wollte weg von Frankreich, sie wollte weg von ihren Eltern. Und sie wusste, wie man einen Mann ködert, der gerade von seiner langjährigen Freundin verlassen worden war. Sie baute ganz gezielt sein Selbstbewusstsein auf. „Nimm mich mit nach Aachen. Ich liebe dich.“ Unentwegt lag sie ihm damit in den Ohren, wie einst Delila ihrem Samson. Doch man konnte nicht einfach so eine Siebzehnjährige mitnehmen. Auf seine Argumente reagierte sie mit schmollen, weinen und Bestrafung. Immer in dieser Reihenfolge, nur wurde ihm das damals nicht bewusst. Bestrafung hieß, sie tauchte Nächtelang nicht in seinem Zelt auf, dann erst wieder kurz vor Sonnenaufgang um ihn erneut anzubetteln, sie mit nach Aachen zu nehmen und sofort wieder zu verschwinden, weil er nur zögernd auf ihr Drängen reagierte. Auf diese Art kochte sie ihn beharrlich weich.

      Natürlich war all das ihren Eltern nicht entgangen. Wim füllte ihn eines Abends am Swimmingpool mit Pastis ab und erzählte Max einiges über seine Tochter. Seine Adoptivtochter. Sie war bei der Adoption bereits fast sieben Jahre alt gewesen, scheinbar ein hoffnungsloser Fall. Sämtliche Adoptionsversuche davor waren gescheitert. Aber Mareike hatte sich richtig verliebt in dieses quirlige, wunderschöne kleine Mädchen. Ihre Geduld wurde dann allerdings wirklich auf eine harte Probe gestellt.

      „Wir sind wegen Jeanne nicht früher ausgestiegen aus unserem Leben in den Niederlanden. Auch wenn der Anfang mit ihr schwer war, aber danach war es wunderbar mit ihr. Wirklich so, wie Mareike und ich es uns vorgestellt haben mit einer Tochter. Und wir wollten, dass Jeanne ihre Schulausbildung beendet und auch nicht von ihren Schulfreunden getrennt wird. Natürlich wusste sie von unseren Plänen und fand die Idee, einen Campingplatz in der Provence zu haben ganz toll. Sie hat uns dann förmlich dazu überredet, die Sache früher anzugehen, als die Vorbesitzer sich nach einem Käufer umsahen. Sie war fünfzehn und wollte die letzten Schuljahre bei ihrer heißgeliebten Oma wohnen. Meine Mutter besitzt eine große Wohnung in Brunssum, Nicht weit von Jeannes Gymnasium. Und in den Ferien konnte sie uns ja besuchen. Außerdem kauften wir eine kleine Eigentumswohnung in Brunssum. Von Anfang Dezember an sind wir jedes Jahr für drei Monate dort. Das war gleich so geplant.“

      Max konnte sich noch genau erinnern, wie Wim plötzlich aufhörte zu reden und sein Pastisglas auf dem Tisch hin und her schob. Er wusste nicht, weshalb der Mann ihm all das erzählte und sagte lieber nichts dazu. Das Schweigen zog sich für ihn unangenehm in die Länge und er war erleichtert, als Jeannes Vater die Erzählung erneut aufnahm.

      „Wir waren keine zwei Wochen weg, da rief meine Mutter an, total in Panik. Jeanne war verschwunden. Nur ein kleiner Zettel lag auf dem Tisch in ihrem Zimmer: Omilein, ich habe dich sehr lieb. Mach dir keine Sorgen um mich. Na, und wie wir uns Sorgen gemacht haben. Es hat fast drei Monate gedauert bis sie hier aufgetaucht ist. Mareike war glücklich, ihre Ängste mit einem Schlag wieder los zu sein. Jeanne hat uns nie erzählt, wo sie gewesen ist, was sie gemacht hat … Tja, und jetzt will sie wieder weg: Sie hat gesagt, du willst sie heiraten.“

      Max war wie vom Donner gerührt, das war also der Grund für die lange Ansprache. Es lag wohl an dem vielen Pastis, dass er die unausgesprochene Frage mit ja beantwortete. Damit war Wim seine Sorgen los, aber für ihn selbst begannen sie.

      Keuchend blieb er stehen, der Anstieg am Elleterberg nahm ihm die Luft und erinnerte ihn an die ständigen Ermahnungen seiner Physiotherapeutin Inga, bei der er seit einem Autounfall in Behandlung war, endlich etwas für seine Fitness zu tun. Seit Jeannes Verschwinden schob er es vor sich her, bei seinem Arzt ein neues Rezept für die nächsten sechs Anwendungen zu holen. Inga war unübersehbar scharf auf ihn und witterte ihre große Chance, sich ihn jetzt zu angeln. Max witterte dagegen den Alkohol in ihrem Atem, wenn sie sich bei der Massage seiner Schultergelenke über ihn beugte, trotz Pfefferminz, vermischt mit Wolken von Parfüm. Sie war eine Spiegeltrinkerin, niemals würde man sie betrunken erleben. Max hatte sie als Alkoholikerin erkannt, als er eines Tages den ersten Termin am Morgen zur Behandlung bei ihr wahrnahm. Er war nach der Betätigung des Türöffners wohl schneller die vier Treppen hochgestiegen, als sie von ihm erwartet hatte. Blitzschnell ließ sie das kleine Fläschchen verschwinden, dessen Inhalt sie in ihre Kaffeetasse geschüttet hatte.

      Das kannte er von Onkel Erich, dem Lebensgefährten einer seiner verwitweten Tanten. Onkel Erich startete den Tag genau wie Inga mit Schnaps im Kaffee. Er war ebenfalls Spiegeltrinker, trotzdem kletterte er mit seinen siebzig Jahren sicher die Leiter rauf und runter, als er in Max Atelier den mit Heftpflaster verbundenen Klingeldraht durch richtige Elektroleitungen ersetzt hatte. Den Staub, den das Aufstemmen der Wände erzeugte, spülte er mit einer ganzen Kiste Bier herunter. Die mitgebrachten Proviantpakete verspeiste der alte Mann mit großem Appetit, was wiederum jedes Mal ein Verdauungsschnäpschen nötig machte. Im Gegensatz zu Inga spielte Onkel Erich nicht Versteck, sondern soff fröhlich und mit Überzeugung. Auf einen ahnungslosen Menschen wirkte er stocknüchtern. Wie Inga auch.

      Max schaute auf seine Armbanduhr. Es wurde Zeit umzukehren, wenn er nicht verspätet bei Hanni und Bachman auftauchen wollte.

      Es roch schon im Treppenhaus fantastisch lecker. Leider erzeugte der appetitliche Geruch bei Max erneut die depressive Stimmung. Er vermisste Jeanne. Er vermisste sie, obwohl sie in letzter Zeit ständig unzufrieden gewesen war, über alles mögliche nörgelte, sogar über Dinge, die sie früher schön fand oder sogar aufregend. Aufgemotzt Vernissagen besuchen, die Aufmerksamkeit der Besucher durch schrille Klamotten auf sich ziehen, all das machte ihr mit einem Mal keinen Spaß mehr!

      Ich muss mich zusammenreißen, dachte er, auch wenn Hanni und Bachman wirklich Freunde sind, ich will kein Mitleid. Sie müssen nicht wissen, dass ich glaube, nein, davon überzeugt bin, Jeanne ist einfach abgehauen, auf und davon, wie ein Zugvogel.

      „Wo ist Jeanne?“, fragte Parvis, drängelte sich an den Beinen seines Vaters vorbei und schaute die Treppe hinunter. „Wo ist Jeanne? Wir wollen doch Mensch ärgere dich nicht spielen!“

      Es war Jeanne gewesen, die dem kleinen Sohn von Bachman und Hanni mit einer, für sie ungewöhnlichen Geduld dieses Spiel beigebracht hatte. Parvis verzog weinerlich das Gesicht, als sein Vater ihm erklärte, Jeanne

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