Liebe, gut gekühlt. Linda Große

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Liebe, gut gekühlt - Linda Große

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geben, die Notration. Einen Kanten Brot gab es auch noch im Steintopf, in dem er sein Brot aufbewahrte. Damit würde er bis heute Abend durchhalten können.

      Während die Suppe köchelte, kramte er unter seinem Bett nach den Hanteln. Eingesponnen in einer, von Staubfäden durchzogenen, grauen Schicht, wirkten sie wie die Requisiten eines Horrorfilms. Er hielt sie unter den laufenden Wasserhahn, trocknete sie dann sorgfältig mit seinem Frotteehandtuch ab und begann mit Armbeugen für den Bizeps.

      Die Suppe machte ihn erst richtig hungrig. Da half nur noch Ablenkung. Er schob den leeren Teller von sich, sprang auf und flüchtete vor dem Essensgeruch ins Büro. Automatisch drückte er auf den Knopf für den Anrufbeantworter. Überraschend erklang die Stimme einer unbekannten Anruferin. Eine Frau Müller-Schlomkat bat dringend um Rückruf.

      Solch ein hochherrschaftliches Treppenhaus hatte Theo schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen. Gewienerter Parkettboden, nur der altmodisch vertraute Geruch von Bohnerwachs fehlte. Farbige Sisalläufer zogen sich durch die Flure und die Treppen hinunter. Eine Menge Arbeit für die Reinigungsfirma, dachte er. Zweite Etage hatte sie durch die Sprechanlage gesagt. Die Tür mit dem großen stumpfen Messingschild war noch geschlossen. Anscheinend rechnete sie damit, dass er den alten, mit schmiedeeisernem Blattwerk verzierten Fahrstuhl benutzen würde. Prof. Dr. Dr. Müller-Schlomkat stand auf dem schwarz angelaufenen Schild. Ihr Mann hatte also auch schon diesen Doppelnamen getragen. Ziemlich ungewöhnlich. Gerade als er auf die Klingel drücken wollte, öffnete sich die Tür.

      Eine korpulente kleine, sehr energisch wirkende Frau. Die weißen Haare lagen in akkuraten Dauerwellen angeordnet um ihren greisenhaften Schädel. Bevor sie die Tür weiter öffnete, um ihn einzulassen, musterte sie ihn mit wachen, erstaunlich dunklen Augen.

      Sie ging vor ihm her durch den langen Flur. Ihre Bewegungen waren überraschend flüssig, schienen weder zu ihrem Alter noch zu ihrem Übergewicht zu passen. Sie führte Theo in das geräumige Wohnzimmer, das nur durch einen breiten Durchgang vom Esszimmer getrennt war. Beide Räume zusammen schätzte er auf mindestens 80 Quadratmeter. Alte dunkle Eichenmöbel mit gedrechselten Säulen verliehen dem Raum einen nostalgischen Charme, da Frau Müller-Schlomkat interessanterweise weiß gestrichene Raufasertapeten favorisierte. Englische Polstermöbel in weinrotem, abgestepptem Leder ruhten behäbig auf einem sicherlich echten, sehr teuren Perserteppich. Auf dem Couchtisch standen zwei Kaffeetassen bereit.

      „Sie trinken doch einen Kaffee mit?“, fragte sie ihn, während sie mit einer Hand auf den Sessel wies. Theo setzte sich brav und nahm ihr Angebot an. Sie entschuldigte sich und verschwand, wahrscheinlich in Richtung Küche.

      Er lehnte sich in dem erstaunlich gemütlichen Sessel zurück und fing gerade an den Raum mit den Augen zu inspizieren, als sie schon wieder auftauchte, in der Hand eine Porzellankanne, umhüllt von einer museumsreifen, wattierten Haube zum Warmhalten. Trotzdem schmeckte der Kaffee ausgezeichnet.

      „Ich gebe immer eine Prise Salz und einen gestrichenen Teelöffel Kakao hinzu“, erwiderte sie sein Kompliment.

      Dann herrschte wieder Stille. Sie ließ sich Zeit, nippte an ihrer Tasse mit einem verhaltenen Schlürfgeräusch. Theo spiegelte ihr Verhalten wider, das erzeugte Vertrauen. Wie sie führte er die Tasse mit beiden Händen zum Mund, nahm nur kleine Schlückchen und erzeugte zarte Töne des Behagens. Es wirkte.

      „Rauchen Sie gern Zigarren? Möchten Sie eine? Mein Mann war Zigarrenraucher. Ich mag den Duft so gern.“

      Erfreut nahm Theo dieses unverhoffte Angebot war. Die alte Dame wurde ihm immer sympathischer.

      Während der gesamten zeremoniellen Prozedur bis zum Anzünden der Zigarre beobachtete sie ihn schweigend. Nach dem ersten Zug lehnte sich Theo entspannt zurück, schlug die Beine übereinander und blies einen fast perfekten Rauchkringel in die Luft. Seine Gastgeberin blieb weiter stumm. Die geruhsame Stille, in der die Zeit stehen zu bleiben schien, verstärkte das bisher nicht wahrgenommene leise Ticken eines mechanischen Uhrwerks und unbewusst fing er an mit den Augen nach der Quelle des Geräuschs zu suchen.

      „…… meiner Nichte.“ Mühsam zog sich Theo aus seiner Wohlfühltrance heraus. Frau Müller-Schlomkat hatte angefangen zu erzählen, was ihr auf dem Herzen lag. Er unterbrach sie nicht, obwohl ihm der Anfang entgangen war.

      „Sie ist meine einzige Verwandte, mein Mann und ich haben keine Kinder. Ulrike ist die Alleinerbin meines nicht unbeträchtlichen Vermögens. Sie ist 38 Jahre alt, lernt einen Mann kennen, der macht ihr bereits nach vier Wochen einen Heiratsantrag und das im 21. Jahrhundert! Da stimmt doch was nicht!“

      „Kennen Sie ihn?“

      Meine Nichte kommt jeden Sonntag zum Essen. Sie hat ihn nach dem Antrag eingeladen. Natürlich mit meiner Zustimmung. Er war nur ein einziges Mal dabei. Die letzten beiden Sonntage war er jedes Mal verhindert. Das ist doch kein Zufall! Der Kerl gefällt mir nicht!“

      Zu Theos Fragen lieferte sie leider keine nennenswerten Einzelheiten und er fragte sich, ob sie sich vielleicht mehr Sorgen um ihr Geld machte als um ihre Nichte. Er verdrängte diesen Gedanken jedoch sofort wieder und ließ sich die Informationen geben, die er benötigte um die erwünschten Nachforschungen anzustellen. Dann stellte sie ihm die Frage nach dem wie viel.

      „200 pro Tag, plus Spesen.“

      „Wie lange werden Sie brauchen?“

      „Normalerweise nur ein paar Tage.“

      Sie zückte ihr bereitliegendes Scheckbuch, schrieb den Scheck aus und überreichte ihn Theo.

      „Sechshundert fürs erste. Falls ich recht habe, ist mir das eine Erfolgsprämie wert.“

      Beglückt verstaute Theo den üppigen Scheck in seiner Brieftasche. Da hätte ich Victor gar nicht anpumpen müssen, dachte er. Während er mit wohligem Behagen die Zigarre rauchte, fing die alte Dame an von ihrem verstorbenen Gatten zu erzählen. Als Theo sich eine halbe Stunde später verabschiedete, tätschelte sie seine Hand als wären sie alte Freunde.

      Kapitel 7

      Die Reste eines Tiefs hingen als Filzdecke über Aachen. Diese übliche homogene Wolkenmasse, die nicht den kleinsten Sonnenstrahl hindurch ließ, lediglich eine diffuse Helligkeit. Max Rahn war gebürtiger Aachener, er liebte seine Stadt. Alles an ihr, bis auf das Wetter und den Karneval. Wenn irgend möglich verbrachte er die Tage von Fettdonnerstag bis Aschermittwoch außerhalb der Stadt. Leider war das Wetter im Gegensatz zum Karneval ganzjährig. Wie oft hatte er es erlebt, wenn er die Autobahn Richtung Heimat fuhr, überall blauer Himmel und Sonnenschein, auch noch in Köln. Aber hinter Frechen sah man dann diese Wolkenmatte am Nordrand der Eifel festhängen, ganz Aachen überschattend. Er erinnerte sich an den Sommer, als zwei Monate lang, Juni und Juli dieser Filzhimmel über Aachen klebte, der nicht mal ahnen ließ, wo die Sonne stand. Kein Tropfen Regen in diesen langen Wochen, aber auch kein Sonnenstrahl, während sich ganz Deutschland über einen Jahrhundertsommer freute. Und trotzdem, er wollte nirgendwo anders leben. Er hatte geglaubt, auch Jeanne liebe Aachen, zumal es so nahe bei ihrer ursprünglichen Heimat in Limburg lag.

      Der Schmerz um ihr Verschwinden zuckte in seinem Bewusstsein. Doch er wollte nicht daran erinnert werden, nicht jetzt, nicht heute, am liebsten gar nicht mehr. Seit dieser Detektiv aus Berlin angerufen hatte, fiel ihm das Verdrängen wieder schwer. Alle diese Gefühle und Zweifel. Irgendetwas sagte ihm, das sie einfach abgehauen war, verschwunden aus einem Leben, das sie zusehends langweilte. Es war schließlich nicht das erste Mal. Ihren Eltern hatte sie mit fünfzehn Jahren dasselbe zugemutet. Trotzdem verschwieg er seine Vermutungen,

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