Liebe, gut gekühlt. Linda Große

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Liebe, gut gekühlt - Linda Große

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warf. Seine Haare waren im Nacken kurz geschnitten, doch die Vorderpartie war so lang, das sie fast bis ans Kinn reichte. Als er den Tresen erreichte, nickte er der Schönen mit einem einnehmenden Lächeln zu, wobei eine breite Haarsträhne nach vorne rutschte, was er beabsichtigt hatte. Erneut strich er sie mit einer wohlgeformten Hand zurück. Die Frauen liebten seine Hände.

      Er ließ ihr Zeit, ihn zu begutachten, während er eine Visitenkarte aus seiner Brieftasche, einem edlen Lederstück aus besseren Zeiten, zog und sie ihr mit einem freundlichen „Guten Tag“ überreichte. Sie warf lediglich einen kurzen Blick darauf, behielt sie aber in der Hand, was ein gutes Zeichen war.

      Eine Mondfrau, dachte er. Dunkel und geheimnisvoll. Sein gesamtes vergangenes Leben war bevölkert gewesen von diesem Typus Frau. Brünett, mit einer starken erotischen Ausstrahlung. Für solche wie sie hatte er sein Geld mit vollen Händen ausgegeben. Nein, er bereute es nicht. Das Bedauern in seiner Seele rührte vielmehr von seinem Alter her. Er war zu alt für dieses Weib, viel zu alt. Und vor allem viel zu arm. Er würde sie zu gerne zum Essen einladen. Einfach so, ohne übertriebene Erwartungen. Es würde schön sein, sich mit ihr zu unterhalten, das wusste er.

      „Was kann ich für sie tun, Herr Emmerich?“, eröffnete sie leicht amüsiert die Konversation.

      Er erklärte den Grund seiner Nachforschungen. Natürlich erinnerte sie sich an die verschwundene junge Frau aus Aachen.

      „Sie ist aber nicht aus unserem Hotel verschwunden“, korrigierte sie ihn. „Sie hat ganz normal ausgecheckt.“

      „Verzeihen sie einem alten Herrn“, entschuldigte er sich, mit seinem Alter kokettierend. Zu seiner Freude ging sie auf das Spiel ein.

      „Wenn sie ein alter Herr sind, bin ich eine Frau in mittleren Jahren!“

      Sie flirtete tatsächlich mit ihm. Wenn er doch bloß Geld hätte, um sie zum Essen einzuladen. Sollte er dafür seine Prinzipien aufgeben und zum ersten Mal seinen Bruder anpumpen, den ehrenwerten Dr. Emmerich? Oder doch lieber wieder Frau Krygier? In der Regel ließ die sich das Geld nicht zurückgeben, sondern in Form von kleinen Dienstleistungen, meistens handwerklicher Art, abarbeiten. Doch um diese Klassefrau auszuführen benötigte er mindestens einen Hunderter, und um solch eine Summe hatte er seine Nachbarin bisher noch nie angepumpt.

      „Ich kann ihnen leider gar nichts dazu sagen. Ich arbeite hier nur ab und an als Aushilfe. Ich habe diese vermisste Frau gar nicht zu Gesicht bekommen.“

      „Oh, sie sind sicher die Hoteldirektorin“, mutmaßte er und ärgerte sich schon, als es noch nicht ganz ausgesprochen war. Viel zu plumpes Kompliment für so ein Rasseweib. Er versuchte, die fatale Wirkung durch ein kurzes Auflachen abzumildern. Doch sie zierte sich kein bisschen.

      „Ich habe ganz andere Ziele, studiere an der TU. Ich werde mal den Nobelpreis bekommen.“

      Soviel unverkrampfte, jugendlich naive und überzeugte Zielstrebigkeit schwemmte bei Theo die letzten Hemmungen fort.

      „Ich würde sie gerne zum Essen einladen.“

      „Warum gerade mich? Ich kann ihnen doch bei ihren Ermittlungen nicht weiter helfen!“, entgegnete sie mit kühler Logik.

      Theo suchte blitzschnell nach einem überzeugenden Argument. Logik war schließlich sein ureigenstes Spezialfach!

      „Die verschwundene Frau ist 24 Jahre alt, seit 6 Jahren mit einem Künstler verheiratet, der Mitte Vierzig ist. Ich denke, Sie sind etwa im gleichen Alter wie diese Frau. Weshalb ist sie verschwunden? Entführt, verschleppt, gar ermordet? Oder hat sie einfach ihren Gatten sitzen gelassen? Darüber würde ich liebend gern mit ihnen ein wenig philosophieren. Vielleicht hilft mir das irgendwie weiter. Die Polizei hat jedenfalls bis jetzt nichts herausgefunden. Ich brauche irgendeinen Ansatzpunkt. Inspiration wäre da nicht schlecht.“

      Sie dachte einen Moment darüber nach, dann lachte sie ein kleines, amüsiertes Lachen: „Einen Privatdetektiv inspirieren. Sowas erlebt man wirklich nicht jeden Tag. Okay. Aber heute geht nicht. Wie wäre es mit morgen Abend?“

      Nachdem sie einen Treffpunkt ausgemacht hatten, ging Theo hoch erfreut davon. Wieder einmal war er für die, von seiner rumänischen Mutter ererbte Begeisterungsfähigkeit dankbar. Trotzdem überraschte ihn die Wirkung heute: Das bei solch einer Traumfrau, die doch seine Tochter sein könnte. Nun musste er nur noch seine Nachbarin davon überzeugen, ihm einen Hunderter zu leihen. Oder sollte er doch seinen kleinen Bruder bitten? Angeboten hatte der ihm das schon mehrfach. Ach, verfluchter Stolz, dachte er. Ich werde Victor anpumpen. Und nicht bloß um einen Hunderter, mindestens zwei!

      Theos Tatendrang wuchsen Flügel durch das Date mit Tanja. Ach was Flügel, Schwingen! Die Schwingen eines Adlers. „Sagen Sie ruhig Tanja zu mir, alle nennen mich hier Tanja.“ Tanja und Theo, Theo und Tanja. Morgen würde er mit ihr essen gehen. Das Blatt wendete sich, seine Pechsträhne versickerte, blieb in der Zeit stecken. Wurde festgehalten von der Vergangenheit!

      Im Treppenhaus hing der schwere Geruch von gekochtem Basmatireis. Erinnerte Theo irgendwie an Schweißfußsocken, denn er mochte keinen Reis. Er war ein ausgesprochener Kartoffelfreak: Pommes, Pellkartoffeln, Stampfkartoffeln, Kartoffelgratins aller Art, Bechamelkartoffeln, nur keine Salzkartoffeln. Sein beflügeltes Gehirn setzte die Visionen prompt um, trotz Reisgeruch schoss ihm das Wasser in den Mund.

      Aber erst der unangenehme Teil. Victor anrufen. Es war kurz nach Halbdrei. Da war die Praxis noch geschlossen. Also Handynummer wählen.

      Victor freute sich richtig über den Anruf.

      „Du treulose Tomate! Wann kommst du mal wieder? Wie wär’s heute Abend? Marianne ist mit ihrer Gymgruppe unterwegs. Haben wir sturmfreie Bude. Ich koch uns was Feines!“

      „Nicht schlecht. Aber eigentlich rufe ich an, weil ich dringend Geld brauche. Arbeite gerade an einem Fall, aber ohne Vorschuss…..“

      „Wie viel brauchst du?“, unterbrach Viktor ihn.

      „Zwei Hunderter mindestens“, erklärte er, ermutigt durch die positive Reaktion seines Bruders.

      „Kein Problem. Heute Abend, 20°° Uhr bei mir. Bring Zeit mit! Nach dem Essen können wir meinen neuen Whisky verkosten.“

      „Neu? Nicht mehr Glenfiddich?“

      „Seit ich in einem Roman gelesen habe, dass Glenfiddich für den wahren Whiskykenner nur Spülwasser ist, bin ich umgestiegen. Allerdings konnte ich mich bisher nicht für eine Sorte entscheiden, entweder Bruichladdich oder Glenlivet.“

      „Spülwasser, das darf doch nicht wahr sein! Sag mal, haben die Leute von Glenfiddich denn nicht den Verlag verklagt, der sowas druckt?“

      „Keine Ahnung“, lachte Victor, „aber ich habe noch eine angebrochene Flasche, kannst du gerne haben! Auf jeden Fall brauchen wir eine gute Grundlage, also bring Hunger mit!“

      Noch eine Verabredung zum Essen, nicht schlecht. Victor kochte sehr lecker, so wie Mama, viel Butter und Sahne. Deswegen ließ Marianne ihn so ungern an den Kochtopf. Sie hatte mal gesagt, Victor suche vergebens nach einem Ernährungsratgeber, der Fritten mit Majo sowie Schokolade für gesund erklärt. Und das als Facharzt für Inneres. Metabolismus oder ‘Metabeulismus‘, das war die entscheidende Frage. Trotz Geldmangel neige ich im Moment mehr zum ‘Metabeulismus‘, dachte Theo und schaute an sich hinunter. Sein Bauch wölbte sich unübersehbar nach außen, trotzdem knurrte sein Magen jetzt vernehmlich. Automatisch öffnete er die Kühlschranktür, obwohl er wusste, was ihn

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