Liebe, gut gekühlt. Linda Große

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Liebe, gut gekühlt - Linda Große

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ein Mann, den seine Ehefrau hat sitzen lassen, das war ein willkommener Anlass negative Sichtweisen zu manifestieren. Bachman und Hanni würden zu ihm stehen, davon war er überzeugt. Aber seine anderen Bekannten, da hegte er heftige Zweifel. Die wenigstens Künstler die er persönlich kannte waren verheiratet, das passte einfach nicht in ihre Vorstellung von einer Lebensweise, die nur von ihrer Kunst bestimmt wurde.

      Max löste sich vom Fenster. Das Wetter machte ihn heute sehr melancholisch. Dabei freute er sich auf die Einladung bei seinen persischen Freunden. Hanni würde sein Lieblingsgericht Imam Bayildi kochen: Das Essen bei dem der Imam in Ohnmacht fiel. Irgendwo lag das Rezept herum. Sie hatte es eines Tages für Jeanne aufgeschrieben. Jeanne kochte gerne und gut. Sehr gerne. Das erste, was sie damals in der Provence für ihn gekocht hatte, war algerisches Couscous gewesen. Er wollte nicht an Jeanne denken! Warum war der Imam in Ohnmacht gefallen? Er versuchte, sich an Hannis Erklärung zu erinnern. Eine Legende besagte, er habe das Bewusstsein verloren, als ihm der Wohlgeruch der gefüllten, geschmorten Auberginen in die Nase stieg. Eine weniger feine Version behauptete, er habe sich an dem Leckerbissen völlig würdelos bis zum Kollaps überfressen. Nach der dritten Legende sollen ihn die Sinne verlassen haben, weil ihm sein Lieblingsgericht aus irgendwelchen Gründen verweigert wurde.

      Er schüttelte unwillkürlich den Kopf. Auch nicht gerade aufmunternd. Er musste irgendetwas tun um sich abzulenken. Es waren noch einige Stunden bis zu der Einladung. Unschlüssig trat er an seine Staffelei, nahm einen Pinsel zur Hand, starrte auf das angefangene Bild und legte nach kurzem Zögern den Pinsel wieder ab. Nein, seit Jeannes Verschwinden musste er selbst beim malen an sie denken. In seinem ruhelosen Zustand wäre ein ausgiebiger Spaziergang wahrscheinlich das Beste. Er ging entschlossen in den Flur, suchte seine bequemen Segelschuhe in den Schuhkippern, überlegte einen Moment, ob er sicherheitshalber einen Regenschirm mitnehmen sollte und verließ die Wohnung.

      Wohlüberlegt ging er nicht Richtung Stadtmitte, Aachen war einfach zu klein, dort traf man unweigerlich Bekannte. Und er wollte jetzt niemanden treffen. Das Selbstmitleid zerrte zu sehr an seiner Selbstbeherrschung. Wer auch immer ihm heute über den Weg lief, es bestand die Gefahr, dass er sich als verlassener Ehemann outen würde!

      Als Max den Elleterberg hinaufstieg geriet er außer Atem und lehnte sich keuchend gegen einen Baumstamm. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er das Gillesbachtal weit hinter sich gelassen hatte, ohne es überhaupt wahrzunehmen. Er konnte sich auch nicht daran erinnern die Adenauerallee und die Monschauer Straße überquert zu haben. Jeanne hatte ihn voll im Griff! Seine Gedanken kreisten ausschließlich um sie und sein Gehirn ließ die Erinnerungen als Film vor seinem inneren Auge abspulen.

      Dieser aufregende, lange Sommer in der Provence. Er war mit dem Zelt unterwegs gewesen. Das Ende einer langjährigen Beziehung weckte in ihm wieder Abenteuerlust und Erlebnishunger. Er war damals mit seiner alten Campingausrüstung ins Auto gestiegen und Richtung französische Mittelmeerküste gefahren, ohne ein bestimmtes Ziel. Hinter Lyon übernachtete er das erste Mal bei Weinbauern, Camping a la ferme. Das Ehepaar war in seinem Alter, Mitte Dreißig und sie verbrachten einen feuchtfröhlichen Abend in der Scheune. Sein Französisch reichte aus für ein Gespräch über die Tücken der Weinherstellung. Sie ließen ihn sogar ihren größten Flop verkosten und gaben ihm einen ganzen Karton mit auf den Weg, weil er ihn gar nicht so schlecht fand. Danach wechselten sie zu den besseren Sorten und hörten auf, Striche auf dem Rechnungsblock zu machen. Er erzählte ein wenig von seiner Kunst und kritzelte ein paar Karikaturen in seinem Skizzenblock für die beiden. Im Laufe des Abends trudelten noch einige Leute aus der Nachbarschaft ein und die deutsch-französische Völkerverständigung endete mit dem Versprechen, zur Weinlese wieder zu kommen. Er hatte das wirklich ernst gemeint, zumal sie ihn überreden wollten noch ein paar Tage zu bleiben. Aber ihn trieb es nach Süden, denn über den Weinbergen hing ein nicht weichen wollender Nieselregen. Fast wie Aachener Wetter. Seine zweite Zwischenstation lag in der Provence, St. Remy du Provence.

      Jeanne lief ihm schon beim einchecken über den Weg. Oder besser gesagt, saß vor ihm, hinter dem Tresen der Rezeption. Eine braungebrannte, faszinierende blonde Schönheit. Botticellis Venus. Er hätte sie am liebsten sofort gemalt. Von Anfang an blieb er ihretwillen länger auf dem Campingplatz. Es wurden fast zwei Monate daraus. Das Mittelmeer lief ja nicht davon. Aber bei solch einer Frau konnte man nie wissen. Dabei hatte er fürs erste die Nase voll von festen Beziehungen. Trotzdem fuhr er am Ende mit einem Heiratsversprechen nach Aachen zurück.

      Sie war ein frühreifes Früchtchen, ohne Hemmungen verführte sie ihn und war so abgebrüht, nicht zu verhehlen, welchen Spaß ihr das machte. Wie der sprichwörtliche Stier, der zur Schlachtung geführt wurde, ging er ihr in die Falle und war noch glücklich dabei.

      Dieser warme Abend, die Zikaden zersägten unermüdlich die abendliche Ruhe, nur in regelmäßigen Abständen übertönt von dem klopfenden Ruf eines Käuzchens, das nach einem Partner suchte. Er saß auf einem der Plastikstühle neben dem Swimmingpool des Campingplatzes. Mareike und Wim, die Besitzer, betrieben gleichzeitig ein kleines Restaurant. Und meistens kochte Jeanne. Der Duft des Lammragouts waberte durch die Eingangstür und umwehte die Tische. Er war an diesem Abend der einzige Gast, es war ein Montagabend. Sonntag hatte sich der Campingplatz deutlich geleert, noch waren keine Sommerferien in Frankreich.

      „Riecht lecker, nicht wahr?“, fragte Wim und setzte sich an den Nachbartisch.

      „Himmlisch! Dauert es noch lange?“

      „Na, halbe Stunde.“

      „Rutsch doch rüber, ich lade dich zu einem Pastis ein.“

      Bis Jeanne das Couscous servierte, waren die beiden Männer schon sehr entspannt vom Alkohol. Jeannes Mutter deckte den Tisch nebenan für vier Leute und dann zelebrierte Jeanne gekonnt ihr algerisches Ragout. Es war umwerfend lecker, Max aß zum ersten Mal Kichererbsen und stellte fest, er habe sich den Geschmack ganz anders vorgestellt.

      „Jeanne hat sich mit einer algerischen Familie angefreundet. Sie haben eine Tochter in ihrem Alter. Da hat sie dieses leckere Rezept her.“

      Mareike und Wim waren unübersehbar stolz auf ihre Tochter. Und Max nutzte das, um Jeanne ausgiebig zu loben.

      Nach dem Essen fragte er sie, wie eine holländische Familie zu einem Campingplatz in der Provence käme.

      „Wir sind Aussteiger!“, beantwortete Wim seine Frage kurz und knapp. Mareike lachte und erklärte: „Sehr langsame Aussteiger! Wir haben Jahre dafür gebraucht. Wir haben viele Jahre auf diesem Campingplatz Urlaub gemacht. Wir sind richtige Frankreichfans.“

      „Deshalb habe ich auch einen französischen Namen. Jeanette. Grässlich!“, beschwerte sich Jeanne.

      „Sie hat sich selbst umbenannt, als sie sich in der Schule mit Jeanne d’Arc beschäftigt haben. Von da an durften wir nicht mehr Jeanette zu ihr sagen.“

      „Jedenfalls hatten wir uns mit dem Ehepaar angefreundet, dem der Platz gehörte“, erzählte Mareike weiter.

      „Und ich hatte nicht den Wunsch, mein Leben lang Plastiktüten herzustellen“, unterbrach Wim sie. „Wir hatten eine Fabrik, ein Haus mit einem Park und Limburger Wetter. Und das ein Leben lang, nein, das wollte ich nicht.“

      „Das mit dem Wetter kann ich nachvollziehen“, meinte Max. „Ist genau dasselbe Wetter wie in Aachen. Aber eine Plastiktütenfabrik fände ich nicht schlecht. So neben der Kunst als Einkommensquelle.“

      „Leider kannten wir dich da nicht, sonst hätten wir sie dir verkauft. Auf Raten natürlich!“

      „Oh, danke. Du bist ein wahrer Freund!“

      „Noch ein Pastis?“

      „Wie

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