Weltenwanderer-Chroniken I. Heike Möller

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Weltenwanderer-Chroniken I - Heike  Möller

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sein größter Lichtblick in seinem Leben. Er musste lächeln, als er an den Moment ihrer Geburt dachte.

      Er dachte an Keela, Sondras Mutter. Diese grünen Augen wie frisches Moos.

      Thorben schloss die Augen.

      „Ich bin gleich bei dir, mein Schatz“, sagte er und starb.

      Kapitel 1: Ein ganz normaler Anfang

      Sondra genoss die Ruhe, die sie umgab.

      Endlich!

      Nichts hasste sie mehr als falsche Bekundungen des Beileids und des Mitgefühls, aber genau das hatte sie die letzten drei Stunden über sich ergehen lassen müssen.

      Sondras Vater Thorben Wieland war gestorben, plötzlich und unerwartet. Ein Herzinfarkt, haben die Ärzte gesagt.

      Sondra musste lächeln. >Fachidioten!<, dachte sie.

      Sie hatte die Leiche gefunden und sie würde nie mehr diesen Ausdruck des Erstaunens gepaart mit der Erkenntnis, dass es nun zu Ende sei auf dem Gesicht ihres Vaters vergessen.

      Seine Fingernägel der rechten Hand waren blutig, weil er seinem einzigen Kind noch eine Botschaft hinterlassen hatte, eingekratzt im Parkett seines Arbeitszimmers. Bevor Sondra einen Arzt gerufen hatte, musste sie noch einige Spuren verschwinden lassen.

      Zu viele Fragen, auf die sie zwar die Antworten wusste, die ihr aber die Klapsmühle eingebracht hätten.

      Über die eigentliche Botschaft zog sie eine kleine Teppichbrücke, die dicht bei der Leiche lag. Mit der Hand ihres Vaters verursachte sie direkt daneben neue Kratzspuren, so, als ob er in einem Krampfanfall unkontrolliert ins Parkett gekrallt hätte. Dann schloss sie die Augen ihres Vaters, während sie bitterlich weinte.

      Ja, sie hatte ihren Vater geliebt.

      Und sie hielt zu ihm, während alle anderen aus der Familie, Brüder und Schwestern, Nichten und Neffen und sogar Thorbens eigener Vater ihn zumindest für einen Sonderling, wenn nicht sogar für komplett verrückt und unzurechnungsfähig hielten.

      Aber Sondra wusste, dass ihr Vater weder verrückt noch sonderbar oder krank gewesen war.

      Sie schüttelte kurz die Erinnerung an die Ereignisse der letzten Woche aus dem Kopf, holte tief Luft und ging in das Arbeitszimmer ihres Vaters, dass nach der obligatorischen polizeilichen Ermittlung bei einem häuslichen Todesfall bis heute Morgen versiegelt worden war.

      Da der Gerichtsmediziner nur einen natürlichen Tod feststellen konnte und die Leute von der Spurensicherung keinerlei Einbruchs- oder Kampfspuren sicherstellen konnten, wurde der Tod von Thorben Wieland als alltäglich eingestuft und die Familie konnte nun wieder ihren normalen Tätigkeiten nachgehen.

      „Normal, dass ich nicht lache!“, murmelte Sondra.

      Sie holte noch mal tief Luft und drückte dann die Türklinke zum Arbeitszimmer hinunter.

      Es war dunkel und es roch muffig.

      Sondra holte tief Luft, hielt den Atem an und rannte zum Fenster. Mit einem Ruck zog sie die schweren Samtvorhänge auseinander, sodass der Staub nur so aufwirbelte. Hastig öffnete sie die alten Flügelfenster und stieß die Holzjalousien auf. Sie machte ein paar tiefe Atemzüge, auch um sich erstmal wieder zu beruhigen, bevor sie sich umdrehte.

      Unweigerlich kam ihr der süße, schreckliche Duft des Todes wieder in die Nase und sie schaffte es gerade noch, sich aus dem Fenster zu lehnen, bevor sie sich in die Rabatte übergab.

      „Mann, Mädchen! Hab dich doch nicht so!“, schimpfte sie mit sich selbst. „Wende an, was du mal gelernt hast über Selbstbeherrschung in Extremsituationen, und alles ist halb so schlimm.“

      Sondra wusste, dass es jetzt kein Zurück mehr gab. Auf diesen Moment war sie von ihrem Vater seit ihrer Geburt trainiert und instruiert worden. Gut, vielleicht nicht auf die Art dieses Momentes, aber sie wusste, dass der Zeitpunkt gekommen war. Noch einmal holte sie tief Luft und drehte sich dann um.

      Da, neben dem Lieblingssessel ihres Vaters, ein Ungetüm aus dem frühen 20. Jahrhundert mit Ohren, fast mannshoher Lehne und ohne Beine, dort waren noch die Flecke von ihres Vaters letzter Entleerung zu sehen, bevor er starb. Sie wusste, dass der Geruch von diesen Flecken stammte. Aber egal, Sondra musste sich jetzt zusammenreißen.

      Sie ging zu der Stelle, wo sie die kleine Teppichbrücke rüber gezogen hatte und schlug sie beiseite.

      Es war nur sehr schwer zu erkennen. Vorsichtig pustete Sondra Staub und andere Partikel weg, aber auch das brachte nicht viel. Das Holz war viel zu dunkel und die Kratzer waren nicht so tief, dass man sie ohne weiteres entziffern konnte.

      Sondra grinste, das erste Mal an diesem Tag. Sie stand auf und ging ins Bad. Dort holte sie ihren Kosmetikpinsel. Aus der Küche holte sie sich Mehl und aus der Abstellkammer einen alten Farbpinsel. Damit bewaffnet ging sie wieder ins Arbeitszimmer.

      Mit dem Farbpinsel fegte sie vorsichtig die restlichen Partikel weg, die sie mit ihrem Pusten nicht wegbekommen hatte. Dann streute Sondra etwa eine Handvoll Mehl auf die Kratzspuren. Vorsichtig verteilte sie es mit ihrem Kosmetikpinsel, um danach die Überreste wieder weg zu pusten.

      „Tja, Papa, du wärst stolz auf mich.“

       Hez

       Yl

       Shwe Sta

      Mehr war nicht zu entziffern. Das letzte konnte Sondra auch nur erraten, aber sie erkannte die Botschaft als ganzes

      „Okay, alter Mann.“ Sie wischte sich mit der Hand über ihr Gesicht und merkte gleich, dass das eine verdammt blöde Idee war. Sie bekam Mehl in ihre Augen.

      Fluchend ging sie wieder ins Bad und wusch sich Hände und Gesicht gründlich ab. Als sie fertig war betrachtete sie ihr Spiegelbild.

      Feurige wilde Locken umrahmten ein schmales, eher blasses Gesicht mit einer schmalen Nase und vollen Lippen. Ihre Augen lagen ein bisschen zu weit auseinander und waren leicht schräg. Die Farbe ihrer Augen war ein zartes Grün, so wie das erste Gras im Frühling.

      Sondra strich sich eine widerspenstige Strähne aus ihrem Gesicht, dadurch wurde kurz ihr Ohr sichtbar. Es sah eigentlich wie ein normales Ohr aus, aber oben war es leicht spitz zulaufend.

      Sie hatte die breite, schwarze Ledermanschette, die sie immer um ihr linkes Handgelenk trug, abgelegt, um sich waschen zu können. Nachdenklich schaute sie auf die Tätowierung, die sie seit zehn Jahren hatte. Eine stilisierte Sonne, die von zwei schmalen Händen gehalten wurde. Der Gewohnheit folgend band sie sich die Manschette wieder um.

      „Dann will ich erstmal aufräumen, bevor meine bucklige Verwandtschaft auf die Idee kommt, mich zu besuchen.“

      Sondra zog ihre Trauerkleidung aus und schlüpfte in T-Shirt und Jogginghose. Dann schnappte sie sich einen Eimer mit heißem Wasser und Putzzeug und ging wieder ins Arbeitszimmer.

      Der penetrante Geruch hatte sich schon etwas verflüchtigt, da die frische Luft des Spätsommers wie ein Deodorant

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