Die Wächter. Elisabeth Eder

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Die Wächter - Elisabeth Eder

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Elefanten trompeteten durch ihre Rüssel und Kai sah die Silhouetten der großen Tiere am Horizont auftauchen.

       Er ritt, bis die Sonne aufging und ihre warmen Strahlen über den Boden tasten ließ. Die rotbraune, trockene Erde erstrahlte, die Büsche glänzten blassgrün. Bis zum Mittag reisten Reiter und Pferd, ehe Kai eine Pause machte, gierig trank und Donnerhuf den Rest überließ. Dann aß er eine einzelne Frucht und baute sein kleines Überdach, ehe er sich niederlegte und in einen langen, erschöpften Schlaf fiel, der bis zur Abenddämmerung andauerte.

      Drei Tage reiste Kai auf diese Weise.

       Am vierten Tag wurde die Landschaft fruchtbarer. Bäume ragten aus dem Boden, Grashalme wuchsen dichter. An einigen Stellen war die Erde schlammig, an anderen flossen kleine Rinnsale. Hügel, die mit grünem, gelbem und braunem Gras bedeckt waren, türmten sich vor ihm auf.

       Endlich erblickte er die Ausläufer des dunkelgrünen Waldes. Die Bäume erhoben sich in den Himmel. Donnerhuf beschleunigte sein Tempo, ohne, dass Kai es ihm befahl. Sie galoppierten auf den Wald zu, beide erschöpft, aber froh.

       Als der Junge noch einmal zur Steppe zurückblickte, flimmerte diese in der Hitze. Die rotbraune Erde verschwamm am hellblauen Horizont, bis Kai die Bäume umschlossen und er nichts mehr außer den dicken Stämmen und den saftigen Sträuchern sah.

       Der Aufenthalt bei den Nomaden erschien ihm wie ein Traum.

       12 Der Beginn einer langen Reise

      Helle Aufregung herrschte im Bergdorf der Greife. Kalter Wind zischte zwischen den Steinen der Häuser umher. Der stahlgraue Himmel ließ kein Sonnenlicht auf die grünen Bäume herabscheinen und dennoch standen die Nadelgewächse würdevoll im heraufziehenden Sturm.

       Lya saß neben Alma, Java und Rosali, die ihr gezeigt hatten, wie sie sich einen Bogen schnitzte. Ihre Königin war seit einer guten Stunde am Arbeiten, aber Alma betrachtete zufrieden das gebogene, dunkle Stück Holz, das Lya bereits erschaffen hatte.

       „Es herrscht Nordwind“, bemerkte die Frau von Sylon.

       Lya blickte von ihrer Arbeit auf. Holzsplitter lagen vor ihr auf dem Boden und Kinder liefen hin und her. Sie trugen Gewänder, persönliche Schätze, Nahrungsmittel und Wasservorräte zu ihren Häusern oder tauschten sie miteinander aus. Wägen und Karren waren vor Esel und Pferde gespannt worden, auf deren hölzernen Boden sich bereits Kisten und Teppiche stapelten. Lya hatte bei einem kurzen Rundgang durch das Dorf sogar einen Sessel mit kleinen Rädern gesehen, auf dem alte Leute Platz genommen hatten.

       „Ist das etwas Besonderes?“, wollte Lya wissen, die die junge Frau schon ins Herz geschlossen hatte.

       „Es heißt, dass der Nordwind Veränderungen bringt“, lächelte Alma und sog die Luft tief in ihre Lungen.

       Lya sah eine Weile in den grauen Himmel und betrachtete die Bäume, die sich sanft im heulenden Wind bogen. Auf den weißen Bergspitzen ging staubend und leise grollend eine Lawine ab, die eindrucksvoll von Tannen gestoppt wurde. Einige fielen um, richteten sich jedoch sofort wieder auf und waren schneebedeckt. Andere blieben liegen.

       „Schau“ Java, eine alte, weise Frau, erklärte Lya dazu: „Das ist wie im Leben. Der Schnee drückt sie nieder, aber sie richten sich auf. Die, die umfallen, haben verloren. Wenn der Schnee schmilzt, stehen die Aufgerichteten, aber die Gefallenen sterben. Deshalb darf man nie die Hoffnung verlieren.“

       Lya nickte. Sie versuchte, sich alles zu merken – selbst wenn es noch so nervtötend und pädagogisch klang – was man ihr erzählte, solange es nützlich für ihre … Herrschaft war. Es klang immer noch merkwürdig. Vor zwei Wochen war sie ein einfaches Mädchen gewesen, mit nichts mehr als dem Wunsch, einen Mann zu finden und mit ihm eine Familie zu gründen – und jetzt war sie Königin und lernte von Phyan und Verhandlungen, die Alten erzählten ihr Sagen, Weisheiten und geschichtliche Fakten, Sylon war dabei, ihr das Kämpfen mit einem Schwert beizubringen (natürlich waren sie noch bei langen, schmalen Holzstäben) und Alma wollte ihr Bogenschießen lehren und Rosali ihr alle Vorzüge einer feinen Dame schmackhaft machen.

       Schon jetzt bemühte sich Lya, stolz und unerschütterlich aufzutreten, aber manchmal gab es Momente, in denen sie unsicher und leicht zu beeinflussen war. Das ärgerte sie selbst mehr als Sylon, der sich offenbar vorgenommen hatte, ihr persönlicher Ratgeber zu werden.

       „Schnitze ein Muster hinein, sodass du ihn wieder erkennst“, riss sie Rosali aus ihren Gedanken.

       Lya nickte rasch und entschied sich für eine kleine Rose. Eine Weile arbeitete sie still, betrachtete nichts anderes als ihren Bogen und hin und wieder den staubigen Steinboden, dann war sie zufrieden, blies den Staub von dem Stück Holz und blickte auf.

       Sylon, Erich und Niono standen auf dem Hauptplatz. Inmitten des Gedränges stritten sie sich lautstark, welche Waffen sie mitnehmen würden.

       Die Aufbruchstimmung hatte ihren Höhepunkt erreicht, zumindest bei denen, die schon seit mehreren Stunden ihr Hab und Gut zusammensammelten. Kinder liefen quengelnd hinter ihren gereizten Müttern her und Männer schleppten Kisten herum und räumten sie aus und wieder ein. Der eisige Wind schien sie vertreiben zu wollen. Lyas dunkelbraunes Haar wurde aufgewirbelt, als eine kalte Brise hindurchfuhr.

       „Wie lege ich die Sehne ein?“, fragte sie und wandte sich wieder den drei Frauen zu, die seelenruhig auf dunklen Holzscheiten saßen. Neben ihnen lagen Sägespäne und fertige Pfeile. Lya hatte schon fünfzehn dieser einfachen Geschosse geschnitzt und sie in einen schwarzen Köcher gelegt, den ihr Alma überlassen hatte.

       „Ich zeige es dir“, sagte Rosali.

       Nach einer Weile war Lyas Bogen fertig.

       „Geh zu Sylon, er wird dir eine Waffe aussuchen“, sagte Alma und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Aber lass dir nichts einreden, was du noch nicht beherrschst.“

       „Ich werde aufpassen“, grinste Lya, stand auf und ging durch das Gedränge. Selbst jetzt wichen die Menschen respektvoll vor ihr zurück und in dem Moment erinnerte sie sich daran, dass sie ihre Königin war. Augenblicklich straffte sie die Schultern.

       Bei Sylon angekommen, rief Niono gerade: „Aber Morgensterne sind sehr nützlich für diese Biester!“

       „Aber wenn sie am Gürtel hängen, kannst du dich damit selbst aufschlitzen, wenn du irgendwo anrennst!“, warf Erich ein.

       „Schluss damit, wir nehmen einfach Messer und Bogen und Schwerter … aber die Lanzen sollten wir auch haben, was meint ihr?“ Sylon sah seine Freunde fragend an.

       Lya hielt sich stark zurück, um sich nicht mit der Hand gegen die Stirn zu schlagen. Der Wind zerrte an ihren Kleidern und nachdem die Männer gedankenverloren auf den Boden gestarrt hatten, räusperte sie sich zögernd.

       „Meine Königin!“ Sie neigten respektvoll den Kopf.

       Die Anrede bereitete ihr immer noch ein wenig Unbehagen. „Ich soll mir meine Waffe abholen.“

       „Falsch“, korrigierte sie Sylon und noch ehe er weitersprach, verspürte Lya das Bedürfnis, ihm an die Gurgel zu gehen. „Du holst dir deine Waffe ab. Du bist eine Königin, Lya. Und eine Königin -!“

       „Befolgt keine Befehle von anderen“, beendete Lya den Satz und fand, sie könnte einen Preis für ihre geduldige Stimme gewinnen. „Genau. Bekomme ich die Waffe?“

       Warum behandelte man sie hier wie ein kleines

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