Monrovia Taxi. elmer weyer

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Monrovia Taxi - elmer weyer

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ist alles vorbei. Aber ich muss trotzdem aufpassen, wo ich hinfahre. Wenn ich nach links lenke, fährt der Wagen nach links. Und nach rechts geht es genauso. In keinem Traum der Welt macht der Wagen genau das, was man von ihm will. Ich schlage mit der Faust auf das Lenkrad, und es tut weh. In keinem Traum ist das so.

      Was auch immer hier passiert sein mag. Es hat die Menschen bewogen ihre Kleider auszuziehen und den Ort zu verlassen. Na ja, das ist auf den zweiten Blick gar nicht so ungewöhnlich. Kleidungstücke, in denen keine Menschen stecken, sind in der Überzahl vorhanden. In jedem Kleiderschrank findet man sie. Und man kann sie überall hinlegen. Aber was kann eine Frau dazu bewegen ihren Tampax zu entfernen, um ihn gründlich zu reinigen, oder selbiges versuchen vorzutäuschen. Das macht keinen Sinn. Das Ganze ist grotesk, oder eine neue Waffe. Vielleicht sind wir im Krieg. Haben wir ihn eventuell sogar gewonnen, oder etwa doch nicht. Na ja, wenn ich ein Prominenter wäre, könnte ich ja denken versteckte Kamera oder so. Aber ich bin nicht prominent. Wer sollte einen solchen Spaß mit mir machen wollen. Niemand.

      Mit Schwung bringe ich den Achtzylinder über die Kreuzung, und beschleunige ihn weiter Richtung Norden. Ich kann mich nicht erinnern jemals so ein geiles Auto gefahren zu haben. Allerdings ist der Tank bald leer. Bis zur Polizeiwache sind es etwa noch 200 Meter. Vor der Kreuzung bremse ich ab, obwohl dort keiner anderer Wagen kommen wird. Ein Doppeldeckerbus steht an der Haltestelle vor der Wache. Er verdeckt mir die Sicht, so kann ich die Haltestelle nicht einsehen. Ich muss vor dem Bus scharf rechts, über den Bürgersteig, auf den Parkplatz der Polizeiwache fahren. Auf dem Gehweg bleibe ich kurz stehen, und schaue zur Haltestelle. Ich fahre das rechte Fenster herunter, und sehe, dass die Türen im Bus offenstehen. Es liegen fünf bis sechs Kleiderbündel vor den Türen und einer zur Hälfte schon drinnen im Bus. Es muss passiert sein, während diese Frau eingestiegen ist. Ein Schuh liegt draußen, der andere drinnen. Ich drehe mich weg, fahre das Fenster wieder hoch und weiter auf einen freien Parkplatz, zwischen den Polizeiautos. Der Wind wird die Kleidungsstücke verwehen. Es dauert vermutlich nicht lange, und die letzten Spuren der Menschen werden verschwunden sein. Jemand hat mal gesagt, am Ende werden die Bakterien alle Spuren der Menschheit gefressen haben. Allerdings kann das dauern.

      Ich steige aus und gehe zügig auf die Polizeiwache zu. Doch kurz vorher halte ich noch einmal inne und bleibe stehen. Was sage ich denen. Ich fahre den Wagen einer Frau, von der nur noch ihre Sachen da sind. Das klingt nicht gut. Dann geh ich weiter. Der Haupteingang ist offen und ich betrete den Vorraum dieser relativ kleinen, aber ziemlich modernen Polizeiwache. Durch eine Panzerglasscheibe kann ich in die Wachstuben sehen. Aber auch dort liegen nur die Uniformen. Wie auf der Straße. Ich versuche eine Tür zu öffnen, aber alles ist verschlossen. An der Decke hängen Überwachungskameras. Da schießt es mir wie ein Blitz in den Kopf. Das Verschwinden der Leute muss also aufgezeichnet worden sein. Aber ohne Strom kann ich es nicht sehen. Nicht hier und nicht jetzt, aber vielleicht später. Worauf muss ich mich einstellen?

      Während ich den Blick durch die Amtsräume wandern lasse, frage ich mich, ob das möglicherweise Halluzinationen sind. Aber so real? Wir haben eine Situation, die ich noch lange nicht verstanden habe. Ich weiß gar nichts. Verdammt, genau das beunruhigt mich. Was ist mit meinen Freunden. Und was ist mit Anna. Wir sind kein Paar, aber doch etwas besser befreundet. An sie hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich bekomme einen Anflug von Panik. Vielleicht sitzt sie in Ihrer Wohnung und versteht genauso wenig wie ich. Oder ich finde nur noch ihre Kleidung. Das ist schrecklich. Ich traue mich nicht zu ihr zu fahren. Es kann nicht sein, dass nur noch ich da bin. Ich muss Aufmerksamkeit erregen. Ich greife mir einen der Stühle die hier an der Wand aufgereiht stehen und werfe ihn mit Wucht gegen die Scheibe zur Wachstube. Es gibt einen fürchterlichen Knall, aber die Scheibe zerspringt nicht.

      Aber dafür springt ein, Zähne fletschender Polizeischäferhund von Innen dagegen und richtet seine Aggression gegen mich. Ich bekomme einen fürchterlichen Schreck, und das Herz schlägt mir gegen den Hals. Er knurrt, bellt, tobt rasend vor Wut, und besabbert die andere Seite der Scheibe. Dann beruhigt er sich, läuft aus dem Raum und verschwindet aus meinem Blickfeld. Sofort denke ich, er kennt einen anderen Weg dort heraus. Und ich renne aus dem Gebäude, auf der Flucht vor diesem Hund. Ganz heiß ist es mir am Rücken. Als ich auf dem Parkplatz bin stoppe ich wieder, denn nun höre ich ihn aus der Entfernung nicht mehr ganz so aggressiv, sondern fast weinend jaulen. Er hat sich genauso erschrocken wie ich. Und er kann nicht raus. Armer Kerl. Ich steige in den Wagen und verriegle sicherheitshalber die Türen.

      Keiner der kommt und sagt. Hey, haben Sie auch kein Wasser? Oder einer, der das auch bei der Polizei melden will. Keiner da. Außer Vögel, Hunde und der Wind. Aber jede Menge zurückgebliebener Kleidung. Eine Fliege hat sich in den Wagen verirrt. Sie fliegt hin und her und gegen die Scheiben. Ich schalte die Zündung ein, öffne mein Fenster, und helfe ihr nachdrücklich den Weg hinaus zu finden. Wahrscheinlich hat es nur die Menschen erwischt. Das erste Mal frage ich mich, warum mich nicht. Darüber darf ich nicht nachdenken. Ich muss mich bewegen und handeln. Ich weiß zwar nicht was ich machen soll, aber zumindest darf ich nicht zu viel nachdenken. Rationell sein, das will ich. Wenn es tatsächlich in dieser Großstadt, oder in diesem Bezirk, keine Menschen mehr gibt, dann kommt eine Frage auf. Warum ist niemand außer mir hier und stellt diesen Umstand ebenfalls fest. Also wenn es in New York City eines Morgens so aussieht wie hier, dann erfährt das binnen 60 Sekunden die ganze Welt. Und nur wenige Augenblicke später sieht es in New York City wieder wie immer aus. Es sei denn, das Gebiet ist wegen irgendetwas gesperrt, und evakuiert. Aber hier ist niemand der mir erklärt, dass es so ist, und ich hier nicht sein sollte. Das kann nur bedeuten, niemanden interessiertes. Oder es gibt eventuell weltweit niemanden, oder fast niemanden mehr. Verdammter, ich wollte nicht nachdenken.

      Ich steuere den Wagen runter vom Parkplatz, auf die Straße, und gemächlich Richtung Norden. Nach einer Weile der Stille höre ich mich sagen: „Hallo Famelí, mein Name ist Levin. Ich wohne in der Straße, in der ich zu Ihnen in den Wagen gestiegen bin.“

      „ . . . .“

      Ich spüre Wörter in meinem Kopf, sowie wenn ich Partituren lese und in der Stille die Musik höre, wie sie geschrieben steht. Ich sage: „Ja verzeihen Sie bitte, aber ich wollte gerne wissen, wer Sie sind. “

      „ . . . .“

      Es ist eine Stimme aus dem leeren Raum. Sie klingt wie ein Gedanke. Ich lasse mich darauf ein:

      „Ich glaube wir habe ein echtes Problem, Famelí. Sie werden es schon mitbekommen haben, aber außer uns beide gibt es hier anscheinend niemanden mehr. Ich bin Levin und wohne hier ganz in der Nähe. Anfangs dachte ich nur der Strom wäre abgestellt, aber dann hatte mein Handy keinen Empfang mehr und ich sah keine Kondensstreifen am Himmel. Und überhaupt nirgends sind Menschen. Sie werden mir doch Recht geben, wenn ich sage, dass wenn dieses Phänomen nur auf Berlin oder Deutschland beschränkt wäre, andere kämen, um darüber zu berichten. Fernsehteams aus der ganzen Welt wären doch hier und würden die Kleideransammlungen filmen und der Welt darüber erzählen. Nun gut, es könnte sein es handelt sich hier um ein Sperrgebiet. Aber dann würde man uns doch herausholen. Ich kann das gar nicht verstehen. Wie denken Sie darüber, Famelí?“

      „. . . .“

      Ach so, . . . es hat ihnen also gefallen, wie ich in ihren Schuhen geschnüffelt habe.“

      „ . . . .“

      Ich glaube einen roten Kopf bekommen zu haben, und fahre los. Ich steuere den Wagen vom Parkplatz hinunter, vor den noch immer dort stehenden Bus und biege scharf nach rechts ab. Mit mäßigem Tempo rollt der Wagen über den Asphalt. Es liegen nicht sehr viele Wäschehaufen auf dem Bürgersteig.

      „Es passierte mitten in der Nacht, als wir fast alle schliefen. Sie schliefen nicht. Sie saßen auf diesem Platz hinter dem Steuer. Können Sie sich an etwas erinnern?“

      „. . . .“

      „Schade, es wäre schön Sie könnten

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