Shoel - endlich frei!. Michael Geigenberger
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Читать онлайн книгу Shoel - endlich frei! - Michael Geigenberger страница 10
„Hier bin ich, bin gleich fertig!“, kommt es aus dem Badezimmer.
Shoel ist erstaunt, als Janine vor ihm steht. Die Schürfwunden sind fast gänzlich abgeheilt.
An der rechten Hand hat sie nur noch einen leichten Verband, der linke Arm hingegen ist immer noch in einer Schiene ruhig gestellt. Das linke Bein ist nach wie vor in Gips. Aber wenigstens ist das Rechte bereits voll einsatzfähig.
Janine setzt sich in den Rollstuhl und macht auch gleich einen Witz, in dem sie nach den PS fragt. „Wo wird getankt und bekommt er Super?“
Ihre Schwester meint trocken, „Hier steht dein Antrieb, Shoel wird dich schieben.“
Dann aber betritt die Mutter den Raum. „Alles fertig? Dann gehen wir mal.“
Die Mutter schnappt sich die Reisetasche, Shoel greift zum Rollstuhl und die Schwester hält die Türe auf.
Das Prozedere des Einsteigens in den kleinen Wagen gestaltet sich fast Filmreif.
Nicht dass es Janine mit ihrem Gipsbein wäre, nein es ist die Schwester, der es nicht gelingen will sich auf die Rückbank zu platzieren.
Shoel nimmt den Platz hinter Janine. Die Mutter muss ihren Sitz fast bis zum Lenkrad schieben, damit Janines Schwester einsteigen kann. Anschließend rammt sie ihrer Mutter ihre Knie in den Rücken.
„Wir hätten halt doch Papas Auto nehmen sollen.“ Meint verärgert die Mutter.
Janine fragt auch gleich nach den Pferden und wer sich in den nächsten Wochen darum kümmern wird. „Überlass das uns! Du sollst nur bald gesund werden. Aber du kannst ja in der Töpferei arbeiten und die kaputten Haferl wieder herstellen, da das Geschäft auf die Ware wartet.“ Meint ihre Schwester etwas bissig.
„Klar, das mach ich doch, im Sitzen kann ich doch tatsächlich arbeiten.“
Shoel beobachtet die drei und enthält sich eines Kommentars. Eigentlich wollte er seine Arbeitskraft anbieten, aber dann kommt ihm die Idee, ob es wirklich klug ist, hier noch länger zu verweilen. Er wird die nächsten Stunden abwarten und dann endgültig eine Entscheidung fällen.
Am Tor steht schon der Vater und begrüßt seine Tochter. Shoel fällt auf, dass er dies besonders herzlich macht. Anscheinend ist es seine Lieblingstochter. Als der Wagen zum stehen kommt, reißt er den Wagenschlag auf und hebt seine Tochter aus dem Wagen. Ein bereitstehender Schaukelstuhl dient für sie als vorübergehende Ablage. Janine macht es sich bequem und meint: „Endlich wieder daheim!“
Shoel richtet den Rollstuhl und stellt ihn neben Janine. Ohne abzuwarten bittet Janine Shoel sie in den Rollstuhl zu setzen. „Und jetzt will ich dein Wohnmobil sehen, ich will doch wissen wie und wo du haust.“
Der Weg ist holprig und es geht nur langsam voran. Dann aber steht Janine mit Shoel vor dem Wohnmobil.
Shoel schiebt die breite Türe zur Seite und so bekommt Janine einen Eindruck von diesem besonderen Fahrzeug. Jetzt erkennt sie auch den Steg in die angrenzende Laube. „Ach, sieh mal einer an, du hast dich ja schon ziemlich häuslich eingerichtet.“
„Das war dein Bruder!“ verteidigt sich Shoel. „Deine Mutter hat sogar eine Kerze hinzugegeben.“
Janine möchte nun gerne den Wagen von innen sehen, so hebt Shoel sie aus dem Rollstuhl und hievt sie über die Stufe in das Gefährt. Janine bekommt den bequemen Sessel, der neben dem Fahrersitz ist. Er lässt sich schwenken und drehen. „Ziemlich gemütlich bei dir“, meint sie aufgeregt.
„Darf ich dir etwas anbieten? Kaffee, Tee oder einen Saft“, fragt Shoel.
„Lass mal, ich muss dann zur Familie. Ich wollte nur sehen wie mein Lebensretter wohnt?“
„Übertreibst du da nicht ein bisschen“, kontert Shoel. Beide sehen sich lange in die Augen. Shoel stellt fest, dass Janine schmalere Augen hat als ihre Schwester.
Sie wirkt dadurch noch feiner in ihren Gesichtszügen, nicht ganz so kantig wie ihre Schwester.
Aber dann sind sie auf dem Weg zum Familientisch. Der Clan ist damit beschäftigt die Arbeit festzulegen. Shoel hat sich etwas abseits gesetzt, da er ja nicht wirklich etwas damit zu tun hat. Dann aber wird er von Janine gefragt, ob er nicht bei den Pferden helfen könnte. Der Einwand, dass er keine Ahnung von Pferden hat wird gar nicht gehört. Er wird die Anweisung von Janine erhalten und müsste dann nur noch die Anweisungen in die Tat umsetzen. Shoel muss nun doch erkennen, er wird nun zukünftig im Familien Clan ein fester Bestandteil sein.
Janine überlegt nicht lange, greift nach dem Rollstuhl und lässt sich erklären, was als nächste Arbeit ansteht. Janine schafft wohl gerne an, muss Shoel feststellen. Sie erteilt Anweisungen und pfeift auch ihre Brüder in der Gegend herum. So wie das auch die Mutter und die Schwester tun. Das Heu muss verteilt werden, die Ställe müssen ausgemistet werden.
Shoel spürt nach drei Stunden des ununterbrochenen Arbeitens seinen Rücken. Er stellt die Mistgabel auf die Seite und überlegt, wie er sich aus dieser Verantwortung verabschieden kann. Inzwischen weiß er, dass er die Arbeit nicht länger wie eine Woche machen wird. Aber eines muss er akzeptieren, um die Familienstrukturen zu erkennen, gibt es keine bessere Gelegenheit.
Gegen Abend zieht er sich zurück in seine Behausung und macht es sich gemütlich. Geduscht und ein frisches Glas Wein richten sein Gemüt wieder auf. Im Dämmerlicht erkennt er eine Gestalt im Rollstuhl auf ihn zurollen.
Langsam schiebt sie sich an sein Gefährt heran.
„Kann ich behilflich sein“, fragt Shoel vorsichtig. Eigentlich ist er ein bisschen sauer, dass er ohne gefragt zu werden voll in die tägliche Arbeit einbezogen wird. Er hätte sich ja auch verabschieden können und seine Reise fortsetzen. Aber das ist wohl so festgelegt, das hätte er sich vorher überlegen sollen. Wie war der Spruch „Mit gehangen, mit gefangen.“ Er war es doch, der das Experiment eingehen wollte. Er ist Janine behilflich und trägt sie zu einem bequemen Sessel, den der Bruder organisiert hat.
„Bist du verärgert, dass wir dich ohne zu fragen voll in die Arbeit integriert haben“, fragt Janine vorsichtig.
„Ach lass mal, ich hab es mir ja selber eingebrockt.“
„Jetzt lass uns erstmal anstoßen, schließlich bin ich heute aus dem Krankenhaus entlassen worden.“ Janine versucht die Stimmung zu heben, indem sie Shoel zuckersüß anlächelt. „Prost, du wirst sehen, morgen geht es dir schon leichter von der Hand.“
Shoel ist sich da nicht so sicher, er ahnt, dass er einen mächtigen Muskelkater haben wird. Janine beginnt Shoel vorsichtig auszufragen. Natürlich weißt sie längst von ihrer Mutter, dass Shoel verlobt ist. Aber Janine wäre nicht Janine, wenn sie da nicht ihre Überredungskünste einsetzen würde. Sie bittet Shoel ihr den Nacken etwas zu massieren. Das ewige Stillsitzen tut ihr nicht gut, meint sie. Shoel geht zum Sessel und beginnt vorsichtig ihren Nacken zu streicheln. „Ich meinte massieren und nicht streicheln“, kommt es von Janine auffordernd.
Shoel meint gelassen: „Ich glaube ich bringe dich besser zurück zu deinem Clan. Ich will nicht, dass deine Eltern meinen, da wäre etwas zwischen uns.“
„Okay, wenn du meinst, dann bring mich zurück!“
Shoel sitzt noch lange in seinem Lehnstuhl und betrachtet