Shoel - endlich frei!. Michael Geigenberger
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Shoel meint, „vielleicht“ gibt aber ansonsten keine weitere Antwort. Er ist mit seinen Gedanken weit entfernt. Er überlegt, wie er sich verhalten soll. Zugegeben, die Familie ist wirklich „okay“, wie er immer zu sagen pflegt.
Natürlich will er die frische Freundschaft nicht einfach wegwerfen. Schließlich ist er auf der Suche nach einem richtigen Zigeunerleben.
Das kann er nun hautnah erleben und fühlen. Es tut ihm sogar gut, die jungen Burschen aus dem Clan sind zu ihm mehr als freundlich.
„Und wirst du noch etwas bleiben, wie hast du dich entschlossen?“ fragt ihn nun die Mutter ganz unvermittelt. „Wir könnten dir auch die Laube herrichten, dann kannst du direkt von deinem Fahrzeug hinübersteigen.“
Shoel erschrickt etwas, irgendwie geht ihm alles zu schnell, aber er weiß auch, eine Entscheidung wird spätestens auf der Rückfahrt zum Anwesen fallen.
Die Mutter wird nicht locker lassen. Sie sieht in ihm den richtigen Mann für ihre Tochter. Gut, dass er ausgerechnet einen brotlosen Beruf eines Schriftstellers hat. Das spräche eigentlich gegen ihn, aber einen richtigen Mann für Janine in der Camarqué zu finden wird nicht einfach sein, das weiß die Mutter ebenfalls. Auf der Rückfahrt zum Camp erzählt die Mutter, dass Janine ihre Jugend in Österreich verbrachte und es mangelte ihnen an nichts. Janine musste ihre Lehre bei einer Modedesignerin aufgeben, gerade zu einem Zeitpunkt, wo sie so richtig gefallen an ihrer Arbeit fand.
Kaum befahren sie das Grundstück, kommt ihnen schon einer der jüngeren Burschen entgegen und fragt Shoel ob er sich mit Technik auskennt. „Lass mal sehen, vielleicht kann ich ja helfen.“
Shoel geht an seiner Seite bis zur großen Halle. Das Problem, wo er vielleicht helfen könnte, ist eine marode Zündspule. Shoel betrachtet sich das gute Stück und holt sich einen kleinen Schraubenzieher und entfernt den Deckel. Ein kurzer Blick reicht um zu wissen, dass das alte Stück hinüber ist. „Wir brauchen Ersatz, mit diesem alten Stück ist kein Start zu machen.“
Janines Bruder führt ihn zu einem großen Regal, wo sich Ersatzteile zu Hauff befinden. Shoel beginnt zu kramen und wird tatsächlich fündig. Den fehlenden Deckel entnimmt er dem Altteil. „So jetzt versuch es mal, es könnte klappen.“
Beim Einsetzen des Teils ist Shoel noch behilflich und dann wird auch schon am Anlasser gedreht und der Wagen springt auf Anhieb an. „Super! Danke, du kennst dich anscheinend mit Technik aus. Du kannst bleiben, ein Techniker hat uns nämlich gefehlt.“
Shoel betrachtet sich das Anwesen nochmal auf dem Weg zu seinem Fahrzeug. Zwei Großfamilien sind hier untergebracht und man hat nicht das Gefühl, dass es eng wird.
Aber leben könnte Shoel in diesem Chaos nicht, da gibt es keinen Zweifel. Aber lustig findet er es trotzdem, dass er sich doch mit dem Gedanken beschäftigt, hier einzuziehen. Sein Lächeln fällt Janines Mutter auf.
Sie ist gerade damit beschäftigt das Gemüse für den Mittagstisch zu putzen und zu richten. „Und konntest du helfen“, fragt sie Shoel.
„Ja, ja die Maschine läuft wieder. War nur eine Kleinigkeit.“
Die Mutter sieht in lange an und meint dann plötzlich: „Du bist in einer festen Beziehung, hab ich Recht?“
„Ja, so ist es, wir haben uns auf eine Auszeit verständigt.“
„Na dann ist ja alles gesagt. Janine wird es hart treffen, wenn sie es erfährt.“
„Aber wieso denn, zu keiner Zeit hab ich ihr Hoffnungen gemacht“ meint Shoel.
„Sicher, das hat sie auch nicht behauptet. Sie ahnte nur, dass du sicher eine feste Bindung hast. Mehr hat sie nicht gemeint.“
„Dann lassen wir es doch ganz einfach bei einem Besuch, der mir sehr hilft einen kleinen Einblick in das Zigeunerleben zu bekommen.“
Shoel ist froh, dass es endlich ausgesprochen wurde. Aber er erkennt auch das schelmische Lächeln der Mutter, er ist sich sicher, dass es noch nicht zu Ende gedacht ist. Sie sind ja schließlich Zigeuner. In einem Buch über Zigeuner hat Shoel gelesen, dass es absolut üblich ist, dass der Boss eines Clans auch zwei Frauen besitzen kann. Das muss dann sicher ein Arabischer Clan gewesen sein, denkt Shoel.
Seine Gedanken hängen im Moment bei seinem spanischen Familienleben. Sein schlechtes Gewissen meldet sich und es ist gut dass es sich meldet.
Nichts wird geschehen, dafür wird er sorgen, das wird er sich selbst versprechen. Er wird an seinem Buch schreiben und alle Eindrücke festhalten und zu Papier bringen.
Tags darauf besichtigt Shoel die kleine Laube und überlegt nun doch wie er sie einrichten könnte, denn so lassen kann er sie auf keinen Fall. Dann steht plötzlich Janines Bruder hinter ihm.
„An deiner Stelle, würde ich die Sachen alle rausschmeißen. Dann stellen wir einen bequemen Sessel hinein und dann kannst du hier auch schon wohnen. Wenn du willst, helfe ich dir dabei.“
„Das ist lieb von dir, wenn du mal Hilfe bei einem deiner Autos brauchst, dann ruf mich einfach“, meint Shoel. Eigentlich sind seine Gedanken gerade dabei zu überlegen, ob sie nicht besser einen großen Tisch in die Laube stellen sollte. Deshalb fragt er: „Kann ich anstelle eines Sessels auch einen großen Tisch haben, das ist wegen des Schreibens besser?“
Der Bruder ist begeistert von der Idee. „Lass uns in den Schuppen gehen, da sind einige Tische, du kannst dir deinen aussuchen.“
Gemeinsam gehen sie in die große Scheune und stehen vor einem Berg von Altmöbeln. „Bitte such dir einen raus. Saubermachen musst du ihn dir dann schon selbst. Lumpen liegen genügend herum. Ich helfe dir dann beim Tragen.“
Als Shoel dann einen passenden Tisch gefunden hat, sucht er den Bruder um den Tisch hinüber in die Laube zu tragen. Er streift noch eine Weile durch die Räume, entdeckt dabei einen sehr alten Wagen. Den muss er sehen, da gibt es keinen Zweifel. Shoel deckt das Fahrzeug ab und stellt fest, dass es ein nicht ganz kompletter Bugatti aus dem Jahr 1938 ist. „Madre mia das kann doch kaum wahr sein.“ Ein Teil des Daches fehlt und die Räder sind ebenfalls nicht vorhanden. Es dauert eine Weile bis Shoel bemerkt, dass er bei seinem Tun beobachtet wird. „Was hältst du von dem alten Wagen“, wird er vom Schwager gefragt.
„Man müsste ihn herrichten, die fehlenden Teile anfertigen oder auf die Suche nach ihnen gehen.“
„Mach es, wenn du Lust hast. Wenn wir ihn anschließend verkaufen, soll dir die Hälfte vom Gewinn gehören.“
Da sich Shoel nicht festlegen kann und will antwortet er so diplomatisch wie möglich, „Ich werde es mir überlegen und mal einen Blick in eine Fachzeitschrift werfen, vielleicht findet sich ja ein Kontakt für die fehlenden Teile. Na, schauen wir mal, vielleicht haben wir Glück.“
Dann marschiert er wieder ab in Richtung seiner Laube. Es bleibt nicht aus, dass er immer mehr das Gefühl bekommt, die Familie will ihn gar nicht gehen lassen. Immer wieder findet sich ein Grund ihn hier zu behalten. Als Shoel vor seiner Laube steht, ist er begeistert, der Bruder von Janine hat bereits damit begonnen die Laube auszuräumen. „Ich wusste gar nicht, wie groß die Laube ist. Wir haben hier nur unser Gerümpel abgestellt“, meint er.
Die Mutter oder auch Chefin genannt, ruft zum Mittagessen. Aus