Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe. Peter Urban

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Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe - Peter Urban

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zwanzig Obristen, die erfreut darüber waren, dass ein Verrückter sie von der Aussicht auf ein Himmelfahrtskommando befreite, und die sich darum schlagen würden, dass man ihren Marschbefehl nach Indien annullierte.

      Arthur verließ das düstere Gebäude der Horse Guards unweit von Whitehall mit einem Glücksgefühl, wie er es bisher nur einmal in seinem jungen Leben verspürt hatte: in dem Augenblick, als er die

      Regimentsfahnen des 33. Infanterieregiments über den Schanzen von Boxtel, irgendwo in den Niederlanden, hatte wehen sehen. Boxtel war seine erste Begegnung mit dem Krieg gewesen und gleichzeitig eine der wenigen geglückten militärischen Aktionen in einem missratenen Winterfeldzug gegen die französischen Truppen. Boxtel, sein eigener kleiner Sieg – über den Feind und über die Angst vor dem Soldatenhandwerk. Sie hatten ihm dafür die Schulterstücke eines Oberstleutnant in die Hand gedrückt und ein bisschen Preisgeld! Das Preisgeld hatte er zwei Jahre lang gehütet wie einen Schatz und in der Annahme, es würde ihm noch von Nutzen sein.

      An dem Tag, als er Torrens und die Horse Guards verließ, hatte er sich mit den Sterling in der Tasche auf den Weg gemacht, um zwei große Kisten mit Büchern zu füllen. Man hatte ihn in die Armee hineingezwungen, doch in diesem Augenblick hatte der junge Offizier den eigenen Entschluss gefasst, den Weg des Schwertes bis ans Ende zu gehen. Und nun wollte er nicht unvorbereitet in Indien eintreffen. Torrens hatte es sicher nicht gehört, doch als er das 33. Infanterieregiment auf seine Liste schrieb, hatte neben ihm jemand ganz laut gerufen: »Sieg oder Tod! « und »Fahrt zur Hölle, Erin und Albion! «

      Arthur schüttelte sich wie ein Hund. Er war tropfnass und hatte vorerst genug von der weiten Welt und vom Nordatlantik gesehen. Er hatte noch so viel zu tun: Irgendwo dort unten im Schlund der Caroline standen zwei große Truhen. Er hatte sich vorgenommen, die sieben oder acht Monate auf See sinnvoll zu verbringen: Er musste alles über Indien lernen, was in seinen Büchern geschrieben stand. Und ein bisschen Hindi musste er sich aneignen sowie Tamil, die beiden verbreitetsten Dialekte in Bengalen und Madras. Ein Offizier musste seinen Kriegsschauplatz kennen, wenn er seine Arbeit ordentlich machen und seinen Weg gehen wollte – und genau das hatte Arthur sich vorgenommen. Auf den blutigen Schanzen von Boxtel hatte er endlich einen Gott gefunden. Und Indien würde der Altar sein, auf dem Oberst Wesley Mars seine Blutopfer zu bringen gedachte.

      Kapitän Edward Page schüttelte den Kopf, als er den Verrückten beobachtete, wie dieser über die nassen, rutschigen Planken zurück ins Innere des Schiffes stolperte. Diese kleine, zerzauste Krähe strahlte übers ganze Gesicht, als wäre die Seereise über diesen verdammten, trostlosen Nordatlantik ein großes Fest oder ein weltbewegendes Ereignis. Das Lachen würde ihr schon noch vergehen, wenn die Caroline sich durch den ersten Sturm hindurchkämpfen musste und alle Landratten an Bord vor Angst und Übelkeit nur noch darum beteten, der Allmächtige möge sie von ihren Qualen erlösen. Er warf einen kurzen Blick zu seinem Ersten Offizier hinüber: »Mister Briggs, wären Sie so freundlich, unseren jungen Freund im roten Rock zum Quartiermeister zu geleiten, damit man ihm seine Unterkunft zeigt? Und fragen Sie den ehrenwerten Oberst Wesley auch gleich, ob er mich heute beim Abendessen mit seiner Gesellschaft beehrt!«

      Briggs legte die Hand an den Hut und grinste. »Ay, ay, Sir!« Ihm war die magere kleine Krähe ebenfalls aufgefallen, und er hätte selbst gern gewusst, welch sonderbares Exemplar der Gattung Landratte sie bis ans Kap befördern sollten.

      Pünktlich um acht Uhr am Abend stand Arthur vor der Tür der Offiziersmesse der Caroline. Er hatte sich redlich bemüht, den roten Rock zu trocknen und auszubürsten. Es war der einzige, den er besaß. Und er hatte versucht, die streichholzkurzen Borsten auf seinem Kopf ordentlich in eine Richtung zu zwingen. Doch weder das eine noch das andere war ihm gelungen, und weil sein Magen so hingebungsvoll knurrte, hatte er beschlossen, dass Kapitän Page und seine Herren Offiziere mit einem etwas zerfledderten Vertreter der britischen Landstreitkräfte vorliebnehmen mussten. Dafür hatte er glänzende Laune und ein königliches Selbstbewusstsein: Mit den Morningtons und Wesleys in weiter Ferne und der nachmittäglichen Lektüre einer großen Landkarte, die detailliert den Süden Indiens darstellte, schien es nichts mehr auf dieser Welt zu geben, das den jungen Offizier aus dem Gleichgewicht bringen konnte.

      Als er sich den Herren in der Messe vorstellte, senkte er nicht die Augen, wie er es ansonsten stets zu tun pflegte, sondern blickte Kapitän Page fest an. »Ich danke Ihnen für die Einladung zum Abendessen, Sir! Ich hab nämlich im ganzen Trubel um die Reise vollkommen verschwitzt, irgendetwas einzupacken! « schwindelte er unverfroren, als er sich auf seinen Platz zur Linken von Edward Page fallen ließ. Seine graublauen Augen funkelten vergnügt. Natürlich hatte er's nicht vergessen! Aber er hatte sich entscheiden müssen: entweder vierundzwanzig Bände von Jonathan Swift für zwei Shilling und zehn Pence in seine großen Kisten zu packen oder Proviant für die Überfahrt. Arthur hatte sich für Swift entschieden und auf den Allmächtigen vertraut, der sich schon darum kümmern würde, dass man seinen leeren Magen füllte.

      »Die Tür meiner Offiziersmesse steht Ihnen selbstverständlich jederzeit offen, Oberst Wesley! « antwortete Page ergeben. Er hatte es sich fast gedacht: Die zerfledderte kleine Krähe war abgebrannt bis auf den letzten Farthing und fuhr nach Indien, um ihr Glück zu machen. Trotzdem hatte dieser komische Vogel irgendetwas an sich, das ihn sympathisch machte.

      Bereits am nächsten Morgen – die Caroline hatte die Küste Irlands weit hinter sich gelassen – klarte das Wetter auf, und eine strahlende Sonne löste den penetranten Regen des Vortages ab. Trotzdem legte der Wind sich nicht, sondern trieb das Schiff energisch voran. Die weißen Segel flatterten munter im Wind. Möwen zogen ihre Kreise, und von Zeit zu Zeit tauchten am Horizont andere Schiffe auf.

      Arthur hatte die Nacht zwar auf einer etwas unbequemen Taurolle irgendwo am Bug des Schiffes verbracht, aber der freundliche Kapitän Page und seine Offiziere hatten gleich am Morgen dafür gesorgt, dass er ein ordentliches Frühstück und eine große Tasse heißen, süßen Tees vorgesetzt bekam. Anschließend hatte Mr. Briggs ihn zur Seite genommen. Der alte Seemann hatte ihn eingehend von Kopf bis Fuß betrachtet und schließlich erklärt: »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, können Sie von nun an die Kabine mit mir teilen!«

      Zuerst war Arthur ein bisschen verlegen gewesen und feuerrot angelaufen. Normalerweise leisteten Obristen sich eine Passage erster Klasse und eine hübsche, gemütliche Kabine. Der dritten Klasse vertrauten sie höchstens ihre Bediensteten an. Natürlich hatte er Briggs' Angebot angenommen. Er hätte seine Überfahrt aus der Kasse des 33. Infanterieregiments bezahlen können. Doch irgendwie widerstrebte es Arthur, das Geld des Königs für den eigenen Komfort aufzuwenden. Er wollte das Geld für die Ausrüstung seiner Männer in Indien aufheben, denn er hatte das Gefühl, dass sie nicht lange tatenlos in Kalkutta ausharren mussten, sondern schon bald ins Feld geschickt würden.

      Bereits im Regen des ersten Reisetages hatte der junge Oberst seinen Erkundungsgang über die rutschigen Planken der Caroline unternommen. Nun, im strahlenden Sonnenschein eines schönen Sommertages, begab er sich zielstrebig an die Stelle, die seinem Zweck des ungestörten Lesens und Lernens am besten dienen würde.

      Kapitän Edward Page beobachtete ihn wieder einmal kopfschüttelnd von seinem Kommandoposten aus. Die zerfledderte kleine Krähe hatte sich ein dickes Buch unter den linken Arm geklemmt. Mit der Rechten hangelte sie sich – recht geschickt – über die Reling bis in die große Schaluppe, die am Heck des Schiffes aufgehängt war.

      Arthur fand diesen Platz wunderbar bequem. Er zog ein kleines, in Leder gebundenes Notizbuch und einen Bleistift aus der Jackentasche, faltete den roten Rock ordentlich zusammen und lehnte sich, die Uniform als Kissen benutzend, gegen die hölzernen Planken. Das Büchlein für die Notizen und der Bleistift lagen griffbereit neben ihm. Entschlossen öffnete er den ersten Band eines seiner wertvollsten Besitztümer und begann zu lesen. Bald schon war er so in Oberst Mark Wilks' »Historical Sketches of the South of India« vertieft, dass er die Welt um sich herum vergaß.

      Die meisten

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