Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe. Peter Urban
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John Sherbrooke zwinkerte seinem Freund und Kommandeur munter zu. Er kam aus einer sehr wohlhabenden Familie und war durch Einkünfte aus Grund und Boden unabhängig, doch er wusste nur zu gut um die missliche finanzielle Situation von Oberst Wesley und seine geradezu krankhafte Sorge, was das 33. Regiment betraf.
»Ihr werdet frühestens in vierzehn Tagen wieder in See stechen, Arthur! « mischte Ashton sich in das Zwiegespräch seiner Kameraden ein. »Ich bin hier ganz nett untergekommen, und man kann sich in dieser hübschen Stadt sehr angenehm die Zeit vertreiben! Heute abend werden die Herren des West Riding eine Einladung des East Suffolk doch sicher nicht ablehnen?«
Wesleys junge Offiziere und Oberstleutnant Sherbrooke warfen ihrem Kommandeur flehende Blicke zu. Sie hatten noch nicht die Gelegenheit gehabt, sich in Kapstadt zu amüsieren. Wegen der langsamen Truppentransporter war das 33. Regiment fünfzehn Wochen auf See gewesen, und alle sehnten sich nach einem kräftigen Schluck in guter Gesellschaft.
Arthur runzelte nachdenklich die Stirn. Einerseits hatte er sich bei seiner Abreise aus England vorgenommen, nächtliche Saufgelage und andere Ausschweifungen zu vermeiden, um sich ernsthaft dem Soldatenhandwerk zu widmen. Andererseits wäre es ein Affront, die Einladung von Oberst Ashton ohne guten Grund abzulehnen. »Wir kommen, Harvey! Lasse mir nur ein wenig Zeit, nach meinen Soldaten zu sehen und dafür zu sorgen, dass es ihnen an nichts fehlt.«
»Ich schicke meinen Adjutanten, Hauptmann Elers, pünktlich um sieben Uhr zu euren Frachtkähnen, Arthur! Und keine faulen Ausreden ... Wenn ihr heute Abend nicht aufkreuzt, dann kannst du morgen früh gleich mit deinem Sekundanten zu mir kommen!« scherzte der Kommandeur des 12. Infanterieregiments. Er war ein netter, umgänglicher Kerl, aber irgendwie geriet er ständig aus unerfindlichen Gründen in Duelle oder gar Wirtshausschlägereien. Nun war er bereits seit zehn Tagen am Kap der Guten Hoffnung und hatte immer noch nicht die Klingen gekreuzt. Diese Ruhe stimmte den heißblütigen Offizier so misstrauisch, dass er sogar seinen gerade erst dem Meer entstiegenen Freund aus Kindertagen ärgern musste. Arthur schüttelte verzweifelt den Kopf.
Kapitel 2 Henriettas Hoffnung
Pünktlich um sieben Uhr standen ein Oberst, ein Oberstleutnant, zwei Majore, drei Hauptleute und mehrere blutjunge Leutnants und Fähnriche sauber herausgeputzt und mit blitzblanken Reitstiefeln vor einem großen, im holländischen Kolonialstil gehaltenen Gebäude in der Stadtmitte von Capetown.
»Gludenstackstraaten?« erkundigte Arthur sich bei einem halbnackten, dunkelhäutigen Mann, der müßig auf einer hölzernen Treppe vor einer geräumigen Veranda lungerte. Die Antwort war unverständlich und schien nur aus Umlauten zu bestehen.
»Das ist Holländisch, Sir!« erklärte der muntere Major West seinem gestrengen Vorgesetzten.
Arthurs düstere Mine hellte sich auf: »Sie verstehen diesen Menschen, Francis?«
»Kein einziges Wort, Sir! Aber als wir damals in Flandern waren, da klang es so ähnlich!«
Während Major West sich für seine vorlaute Äußerung einen missmutigen Blick von Oberst Wesley gefallen lassen musste, wurde die beeindruckende Pforte, die die Veranda mit dem Inneren des luxuriösen Gebäudes verband, wie von Geisterhand geöffnet, und ein Farbiger in aufwendiger Livree, die in der schwülen Hitze von Kapstadt denkbar ungeeignet sein musste, verbeugte sich tief vor den Offizieren des 33. Infanterieregiments des Königs.
»Mylord Ashton und die Damen erwarten Sie bereits!« hörte man nun in einem leidlich guten Englisch. Der Dunkelhäutige verbeugte sich erneut und wies ihnen dann den Weg ins Innere des prachtvollen Hauses.
Schließlich fanden sich alle in einem riesigen, feudal möblierten Raum wieder, in dem die Damen und Herren der vornehmen Gesellschaft sich bereits zusammengefunden hatten. Ein Tisch aus exotischem Holz zog sich wie eine lange Straße von einem Ende des Speisezimmers bis zum anderen. Britische Uniformen mischten sich bunt mit Abendgarderoben, und Oberst Ashton selbst stand der Gesellschaft am Kopfende des Tisches vor. Er wirkte ziemlich angeheitert. Zu seiner Linken saß ein unirdisches Geschöpf mit blondem, zu einer komplizierten Frisur hochgestecktem Haar und schneeweißer Haut. Ein Gebilde aus hellblauer und cremefarbener Seide, das Arthur so filigran erschien, dass er es auf den ersten Blick nicht als Kleid zu identifizieren vermochte, wogte zwischen Stuhl, Tisch und Boden, wie die Wellen des Nordatlantiks. Ein Paar strahlend blauer Augen blickte verzückt zu Henry und einem großen Kristallgefäß, das offenbar mit einem alkoholischen Getränk gefüllt war.
Der junge Oberst des 33. Regiments kannte die Regeln: Zwei Pint Claret oder Champagner auf einen Zug, ohne abzusetzen! Es war ein idiotisches kleines Spiel, mit dem die Herren Offiziere zu beweisen versuchten, dass sie richtige Männer waren. Er hatte es oft genug selbst gespielt ...
Rechts neben Ashton saß ein weiteres Geschöpf in üppiger Abendgarderobe. Die Dame war brünett und kreidebleich. Auch in ihren blauen Augen lag ein Ausdruck der Bewunderung.
»Weiber!« fuhr es Arthur durch den Kopf, während er sich missmutig auf einen wenig exponierten Platz an einer Ecke des Tisches fallen ließ. Oberstleutnant Sherbrooke hatte derweil schon mindestens zehn breite Schultern in einem Anfall überschwänglicher Wiedersehensfreude blau geschlagen. Major Shee umarmte hingebungsvoll einen großen Kristallkelch mit einer hellgelben Flüssigkeit. Der Lärmpegel im Raum konnte nur mit einem Schlachtfeld verglichen werden. Wild klangen Stimmen aus dem 33. und 12. Regiment durcheinander. Ab und an wurden diese Stimmen von hohen, schrillen Tönen durchbrochen.
»Weiber!« fuhr es Arthur wieder durch den Kopf. Doch gleichzeitig hörte er die innere Stimme der Vernunft rufen: »Kitty! Du meinst Kitty, du Narr!«
Irgendwie gelang es dem jungen Oberst in dem ganzen Trubel, den Krug mit dem Wasser zu sich zu ziehen und sein großes Kristallglas bis zum Rand zu füllen. Während die anderen in einem angeheiterten Zustand Flasche um Flasche entkorkten und in unendlich weite Soldatenkehlen schütteten, nippte er nachdenklich an seinem Glas und versteckte sich hinter einer unüberwindlichen Mauer aus verbohrtem Schweigen und schlechter Laune.
Plötzlich legte sich von hinten eine Hand auf seine Schulter, und eine vertraute Stimme flüsterte ihm durch den Lärm zu: »Was soll diese griesgrämige Trauermiene?« Henry Ashton hatte sich von seinem großen Glas und den beiden Schönen an seiner Seite losgerissen, einen jungen Offizier vom Platz neben Wesley vertrieben und sich selbst zu seinem Freund gesetzt. Obwohl er seit der Eröffnung des fröhlichen Saufgelages, die wohl zwei oder drei Stunden vor der Ankunft der Kameraden des 33. Regiments gelegen haben musste, vollauf damit beschäftigt gewesen war, seine jungen Herren bei Laune zu halten, und sicher schon weitaus mehr getrunken hatte, als ein vernünftiger Soldat es in einem solch heißen und ungesunden Klima tun sollte, war ihm doch nicht entgangen, dass Arthur an der ganzen Abendgesellschaft nicht teilnahm, sondern nur – fast wie ein armer Sünder – die Zeit absaß, zu der er verdammt worden war. Was für ein Unterschied zwischen den gemeinsamen Jugendtagen in Dublin und London und dieser Vorstellung am Tisch des Kommandeurs des 12. Regiments! Henry wusste nicht, was er davon halten sollte. Und Wesley wollte ihm die Sache nicht leichter machen: Er hatte beschlossen, sein Leben zu ändern, doch diese Entscheidung ging keinen Menschen auf der Welt etwas an.
»Laß gut sein, Henry! Eine lange Seereise ist nichts für die Infanterie! Ich hab das Meer noch nie richtig vertragen!« schwindelte er. »Du hast mir die beiden Ladys an deiner Seite noch gar nicht vorgestellt«, lenkte er dann vom leidigen Thema der Ausschweifungen in britischen Offiziersmessen ab.
»Das reizende blonde Geschöpf ist Jemima Smith, die älteste Tochter