Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe. Peter Urban

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Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe - Peter Urban

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anzügliche Bemerkungen, oder er versucht gar, sie zu betatschen.«

      »Gütiger Himmel, die Kleine ist kaum achtzehn Jahre alt und stammt aus einer strengen, katholischen Familie. In der Klosterschule hat man sie unterrichtet und dann dem guten Rob zur Frau gegeben. Und der wacht über sie wie ein Zerberus. Warten Sie, John, bis wir in Indien sind. Ich will Shee in flagranti erwischen, und dann reiße ich ihm die Epauletten von der Schulter. Sagen Sie, mein Freund, brauchen Sie nicht dringend einen Stellvertreter? Ich habe das Gefühl, dieser ganze Papierkrieg ist ein bisschen viel für einen einzelnen Mann.« Oberst Wesley verzog das Gesicht zu einem hinterhältigen Grinsen. Er wollte Ruhe und Ordnung in seinem Regiment. Doch Major Shee hatte es schon seit langer Zeit darauf angelegt, die Harmonie zwischen Kommandeur und Soldaten zu stören. Da es keine legalen Mittel gab, den ständig betrunkenen und bösartigen Offizier loszuwerden, beschloss Arthur, ihn einfach auszumanövrieren.

      John Dunn nickte zustimmend. »In diesem Fall muss Robin – zusammen mit Miss Mary – aber von der Warwick auf die Argonaut überwechseln, damit ich die lange Fahrt nach Kalkutta nutzen kann, meinen Assistenten mit der Buchführung und dem ganzen administrativen Kram vertraut zu machen.«

      »Unbedingt, John! Ich glaube nicht, dass wir vor Ort viel Zeit haben werden, uns mit solchen Dinge zu beschäftigen. Sie werden als erstes gemeinsam losziehen und die Versorgung der Männer sicherstellen. Sir Marmaduke Orford, der gerade aus Fort St. George angekommen ist, hat mir berichtet, wie unruhig die Lage im Dekkan ist, und ich nehme an, dass wir sofort ins Feld geschickt werden.«

      Zufrieden blickten sich der alte Sergeant-Major und der junge Oberst an. Dann erhob sich Wesley von seinem bequemen Sessel, holte zwei Gläser von einer kleinen Kommode und füllte sie mit Brandy. Ein Glas drückte er Dunn in die Hand. Nachdem die beiden Männer getrunken hatten, verabschiedete sich der Sergeant-Major. Arthur löschte alle Kerzen bis auf eine und setzte sich mit Sir Charles Smiths Wörterbüchern an den Arbeitstisch. Er hatte eine lange Nacht vor sich. Jeden Tag studierte er mindestens fünf Stunden die Sprachen und die Besonderheiten des künftigen Kriegsschauplatzes. Der Nachmittag mit Henrietta im Garten war ein Vergnügen gewesen, das ihn nicht von seinen guten Vorsätzen abhalten durfte.

      Wie Oberst Henry Harvey Ashton vermutet hatte, blieb das 33. Regiment vierzehn Tage in Kapstadt. Die Schiffe der Ostindischen Kompanie wurden repariert, frischer Proviant und Trinkwasser für die fünfmonatige Fahrt vom Kap nach Kalkutta wurden geladen, das Pulver und die Munition der Geschütze überprüft. Die Seeleute flickten die Segel und teerten sorgfältig die Rümpfe der Schiffe, denn der Seeweg über den Indischen Ozean, vorbei an Madagaskar und der Île-de-France, entlang der Küsten der Malediven und Ceylons bis in die Bucht von Bengalen und schließlich durch die Gangesmündung nach Fort William war nicht ungefährlich. Außer französischen und amerikanischen Kaperschiffen drohten auch noch Sommerstürme und unberechenbare Winde.

      Wesley hatte jeden einzelnen Tag an Land damit verbracht, mit den Mitgliedern der britischen Kolonie in Kapstadt zu sprechen, die auf dem Rückweg aus Indien waren. Sir Marmaduke Orford hatte es sich nicht nehmen lassen, den jungen Wesley in seinen Bekanntenkreis einzuführen, denn im Verlauf einiger gemeinsamer Abendessen hatte er den Oberst zu schätzen gelernt. Der hohe königliche Beamte vermutete, dass England schon bald von Wesley hören würde, wenn seine Gesundheit dem mörderischen Klima und den Seuchen und Krankheiten, die den Subkontinent heimsuchten, standhielt. In den zwanzig Jahren, die er in Indien verbracht hatte, war Orford vielen Offizieren begegnet – Männern mit einem Patent des Königs und Männern mit einem Patent von »John Company« –, doch nie war ihm einer begegnet, der so schnell so viel begriff und bereits Schlussfolgerungen über ein Gebiet und eine politische Lage zu ziehen vermochte, obwohl er noch nicht einmal seinen Fuß auf indischen Boden gesetzt hatte.

      Während Arthur der kleinen Henrietta mit einem spielerischen Kniefall am anderen Ende des Gartens einen Strauß Jasmin in die Hand drückte, flüsterte Sir Marmaduke Lady Julia zu: »Wissen Sie, meine Liebe, es wird der Tag kommen, an dem wir unseren Freunden in England erzählen können, dass wir diesen jungen Offizier schon kannten, als er noch ein Oberst war. Wenn das Klima oder der Krieg ihn nicht umbringen, wächst hier ein großer Soldat heran und vielleicht sogar mehr als das.«

      »Der junge Ashton hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass man ihm während des unglückseligen Flandernfeldzugs bereits eine eigene Brigade unterstellt hat. Wesley war damals gerade dreiundzwanzig Jahre alt. Und der Junge muss seine Sache wirklich gut gemacht haben. Die Schulterstücke trägt er nicht, weil Lord Mornington ihm das Patent gekauft hat ...«

      Lady Julia schenkte Sir Marmaduke Tee nach und beobachtete weiter amüsiert, wie Arthur Miss Henrietta den Hof machte. Sie hatte nicht das Gefühl, dass es mehr als ein Spiel war, bei dem weder die eine noch die andere Seite zu Schaden kam. So ernsthaft Oberstleutnant John Sherbrooke Jemima umwarb, so unverfänglich und eindeutig war doch Wesleys Verhalten der jüngeren Schwester gegenüber. Seine graublauen Augen sahen ein Kind, das amüsiert werden wollte, und er tat genau das, was ein älterer Bruder tun würde: Wenn Henrietta Tennis spielen wollte, dann war er ein williges Opfer, eifrig bemüht, das Mädchen gewinnen zu lassen. Auf der Tanzfläche gestattete er ihr, ihn zu tyrannisieren.

      In den Blicken, die er ihr zuwarf, konnte Lady Julia keine Leidenschaft oder andere Gefühle lesen. Es war spöttisches oder belustigtes Augenzwinkern oder gespielte Unzufriedenheit, wenn die Kleine zu forsch wurde. Einmal hatte die alte Dame beobachtet, wie Henrietta versuchte, einen Kuss zu provozieren. Bekommen hatte sie einen Nasenstüber und schallendes Gelächter. Lady Julia machte sich nicht einmal mehr die Mühe, ein wachsames Auge auf den Oberst und die Tochter von Sir Charles Smith zu werfen. Sie war erfahren genug, um zu begreifen, dass der junge Mann nach Indien fuhr, um seinen Weg zu gehen. Er würde sich nicht mit einer Frau belasten. Er hatte das Schwert gewählt, auch wenn Henrietta sicher insgeheim hoffte, sie könnte den Sieg über seine Ambitionen doch noch davontragen.

      »Arthur, wann werdet ihr Kapstadt verlassen?« erkundigte sich die jüngere Tochter von Sir Charles Smith. In ihrer Stimme lag ein Hauch von Sorge.

      Der Offizier nahm freundschaftlich die kleine Hand des Mädchens in die seine und führte sie zu einer Bank, die unter einem Zitronenbaum stand. »Setz dich ein bisschen zu mir, Henrietta. Ich glaube, wir müssen uns ernsthaft miteinander unterhalten.« Obwohl sein Verhalten eindeutig war, schien die junge Dame nicht zu verstehen, dass es in seinem Leben keinen Platz für andere Gefühle gab als Freundschaft und Kameradschaft. Die Schiffe würden in zwei Tagen in See stechen, und er hatte beschlossen, ehrlich und offen zu sein.

      Henrietta hatte sich ganz dicht neben ihn gesetzt und ihre Hand auf seinen Arm gelegt. Der Blick, den sie dem Offizier zuwarf, war alles andere als ermutigend. Das Paar blauer Augen strahlte, genährt von der Hoffnung, er würde die verhängnisvollen Worte aussprechen, auf die sie so sehr wartete.

      Er erinnerte sich genau: Kurz bevor das Regiment nach Flandern in den Krieg gezogen war, hatte Kitty ihn mit genau denselben Augen angesehen, nur waren es nicht klare, blaue Saphire gewesen, sondern tiefbraune, kostbare Topase. »Henrietta, wie alt bist du eigentlich?« begann er sein schwieriges Vorhaben.

      »Beinahe achtzehn, Arthur. In zwei Monaten.«

      »Du weißt, dass wir in achtundvierzig Stunden auslaufen?« Es war nicht einfach, die richtigen Worte zu finden. Die Saphire strahlten unwiderstehlich. Das Fohlen war reizend und würde eines Tages zu einer wunderbaren Frau erblühen. Irgendwie ähnelte Henrietta Kitty so, wie er sie in Erinnerung behalten wollte: verspielt, lebenslustig, lebendig und mit einem wachen Verstand. Es wäre so einfach, seine Niederlage in Irland mit fünf kurzen Worten unter einem schwer tragenden Zitronenbaum in einem Garten am anderen Ende der Welt wettzumachen. Doch zwischen diesen Worten und seinem persönlichen Glück stand Indien, ein eiserner Vorsatz, ein Schwur, der wichtiger war als Liebe, Zärtlichkeit, Zuneigung und eine eigene Familie. »Ich habe dich in der kurzen Zeit hier in Kapstadt wirklich liebgewonnen, Henrietta.« Seine Stimme war unsicher, und er

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