Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe. Peter Urban

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Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe - Peter Urban

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nur mit dem Ausschiffen und Einquartieren des Regiments beschäftigen werden. Ich muss mir unbedingt die ganze Stadt ansehen«, flüsterte Arthur dem Freund vor Aufregung atemlos zu. Die Tücher der Frauen nannte man Saris, und die Gerichte, die sie feilboten, waren curry, calipash, calipee und vor allem dosa, dünne Pfannkuchen, gefüllt mit Kartoffeln oder Eiern. Über die Schneider und Barbiere hatte er auch viele eigentümliche Dinge gelesen. Er war erst sechsundzwanzig, und die neue Welt um ihn herum faszinierte ihn. Doch er faßte sich schnell wieder, setzte seine dienstliche Miene auf und stellte sich dem britischen Hafenmeister von Kalkutta vor. Bis das 33. Regiment ausgeschifft und versorgt war, hieß es: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.

      In England und Irland war der Februar üblicherweise ein feuchter und kalter Wintermonat. In Bengalen, unterhalb der fruchtbaren Ebene des Ganges und zur Linken und Rechten von unzähligen Flüssen eingekesselt, war es ein glühend heißer Monat, in dem nicht ein Tropfen Regen, nicht ein Windhauch Erleichterung brachten. Tausende von Insekten schienen nur eines im Sinn zu haben: sich auf das frische Blut der Offiziere und Mannschaften des 33. Infanterieregiments zu stürzen und jeden der Neuankömmlinge bis auf den letzten Tropfen auszusaugen! Keiner von ihnen war an dieses Klima gewöhnt, und jeder, vom Trommlerjungen bis hinauf zu den Offizieren, litt am Tage unter der erdrückenden Hitze und in den schwülen Nächten unter den unbarmherzigen Blutsaugern.

      Und obwohl es ihrem jungen Obersten schneller als erwartet gelungen war, sie alle ordentlich unterzubringen, schien das West Riding in diesen Tagen nur noch aus einer endlos langen Krankenliste zu bestehen. Nicht dass es den Soldaten wirklich schlechtging! Die meisten vertrugen nur die gnadenlosen Temperaturen noch nicht, oder sie tranken unverhältnismäßig große Mengen kalten Wassers und bekamen davon Durchfall und Fieber. Oder sie schütteten ihren Brandy pur in die ausgedörrten Kehlen und wurden dadurch binnen weniger Minuten zu taumelnden, schweißüberströmten Kreaturen, die hilflos in sich zusammensanken und Stunden brauchten, um wieder zu sich zu kommen.

      Während Wesley gemeinsam mit den Majoren Shee und West und gefolgt von Sergeant-Major Dunn die Baracken unterhalb des eindrucksvollen Gebäudekomplexes Fort William durchquerte und dabei verärgert die Stirn runzelte, ging ihm durch den Kopf, wie unvernünftig es doch war, die Soldaten in einem subtropischen Land in Uniformjacken aus schwerer schottischer Wolle zu stecken. Die steifen Kragen mit ihren ledernen Einlagen würgten, und unter den roten Röcken zwang man sie noch in enge, hochgeschlossene warme Westen und schwere Hosen aus Manchestertuch. Er konnte die Männer zwar nicht von ihrer Uniform befreien, aber zumindest ein wenig Vernunft walten lassen.

      »Dunn!« winkte er seinen Sergeant-Major zu sich. »Schreiben Sie! Die Soldaten haben sich täglich zu waschen ... von Kopf bis Fuß, und wenn sie noch so murren und maulen! Ihre Hemden und Socken können sie dabei gleich mit ins Wasser stecken! Bei dieser Hitze trocknet der ganze Kram in zehn Minuten. Und ein Mal pro Woche müssen die Strohmatten draußen ausgeklopft und gesäubert werden. Die Baracken werden geputzt und ausgeräuchert und ... besorgen Sie Kalk. Lassen Sie diese verdammten, schmierigen Lehmwände weiß tünchen!«

      Dann fauchte der Oberst in einem wesentlich unfreundlicheren Ton die beiden Majore an, die ihn begleiteten: »Die Männer werden um vier Uhr morgens geweckt, Gentlemen! Pünktlich um fünf Uhr will ich sie jeden Tag auf dem Exerzierplatz antreten sehen. Und dann lassen Sie sie exerzieren! Waffendrill bis zehn oder elf, wenn es anfängt heiß zu werden, und wenn ich hinterher einen einzigen Mann dabei erwische, dass er seine Brandy-Ration unverdünnt trinkt, dann reiße ich Ihnen den Kopf ab.«

      »Aber Sir, was ...?« versuchte Francis West sein Glück. Er hatte nicht verstanden, was Wesleys Befehl eigentlich bewirken sollte.

      Der Kopf des Obersten fuhr herum, seine graublauen Augen funkelten die Untergebenen böse an. »Stellen Sie keine Fragen, Sir! Tun Sie, was man Ihnen befiehlt!« Die Stimme war schneidend wie ein Messer. Dann beschleunigte Arthur seinen Schritt, fast so, als ob er es in den stickigen Baracken nicht länger aushalten könne. »Dunn, zum Teufel! Wo bleiben Sie?« rief er und ließ West und Shee im Halbdunkel zurück.

      Der Sergeant-Major folgte seinem Oberst im Laufschritt. Er hoffte, dass Wesley bei dieser Geschwindigkeit darauf verzichten würde, zusätzliche Befehle zu erteilen. Doch kaum waren der Offizier und der Unteroffizier außer Sichtweite der Baracken des 33. Regiments, bremste Arthur genauso plötzlich ab, wie er zuvor losgerannt war. »Unvernünftige Kinder«, murmelte er verzweifelt. »Und die Offiziere sind genauso schlimm wie die Mannschaften.«

      »Wie bitte, Sir?« erkundigte sich John Dunn. Er wusste nicht, ob sein Oberst von ihm erwartete, irgendetwas aufzuschreiben, oder ob Wesley nur Selbstgespräche führte.

      »Haben Sie sich mal angesehen, was unser feines Regiment so treibt, John? Keinem scheint aufgefallen zu sein, dass wir nicht mehr in Dublin und mitten im irischen Winter sitzen, sondern am anderen Ende der Welt, wo die Uhren verkehrt herum gehen. Shee lässt die Soldaten zwischen zwölf und zwei durch die Gegend rennen und wundert sich dann, wenn die Jungs umfallen wie die Fliegen, während er bequem unter dem einzigen Baum auf dem Exerzierplatz im Schatten steht. Und West ist ein braver Bursche, scheint aber noch nie davon gehört zu haben, dass Staub und Schweiß seine Kompanien in einen dreckstarrenden, übelriechenden Haufen verwandeln. Seit zwei Wochen sind wir jetzt in Kalkutta, und ich bin mir sicher, nicht einer der Männer hat in diesen vierzehn Tagen sein Hemd oder sich selbst gewaschen ... von Ihnen einmal abgesehen, mein Freund!«

      John Dunn warf einen misstrauischen Blick über die Schulter. Als er sicher war, dass er und Wesley außer Hör- und Sichtweite der anderen waren, trat er neben seinen Obersten und schaute ihm fest in die Augen. »Das liegt alles nur daran, Sir, dass Sie und Oberstleutnant Sherbrooke so gut wie nie da sind! Wenn die Katze aus dem Haus ist ...«

      »Ja, ja! Dann gehen die Mäuse tanzen!« Der junge Offizier grinste. Es tat ihm jetzt schon leid, dass er mit Shee und West so grob umgesprungen war, aber wenn es um das 33. Regiment ging, hatte sein Sinn für Humor sehr enge Grenzen. In Irland war die Truppe ein verlotterter, trostloser Haufen gewesen, den er von Cornwallis übernommen hatte. Aus dem Abfall der britischen Streitkräfte hatte er in einem gewaltigen Kraftakt ein tüchtiges Regiment geformt. In Indien – er hatte es sich fest vorgenommen – würde das 33. Regiment zum besten Regiment der Krone werden. Doch um auf den Feldern der Ehre zu glänzen, mussten die Soldaten in Bestform sein. Nachlässigkeiten und Schlampereien seiner Untergebenen konnte er deshalb nicht hinnehmen.

      »Wir werden nicht lange in Kalkutta bleiben, John! Aber angesichts einer langen Krankenliste wird der Generalgouverneur es sich vielleicht doch noch anders überlegen und uns hierbehalten. Gehen Sie jetzt, mein Freund, und tun Sie, was ich Ihnen aufgetragen habe. Man erwartet mich bereits in Fort William.« Er nickte seinem Sergeant-Major freundlich zu. Dann machte er sich auf den Weg in die Verwaltungszentrale Britisch-Indiens, die wie eine Festung hoch über Kalkutta thronte. Zumindest schien es einem so, wenn man zwischen den kleinen Lehmhäusern und spärlichen Ziegelbauten umherwanderte, die den Stadtkern bildeten, und von dort in Richtung des Hoogley blickte.

      Der Regierungspalast war das einzige Bauwerk, das von hohen Schutzmauern umgeben war und über Tore verfügte, die sich im Fall eines Aufstands oder Angriffs gegen die kleine britische Kolonie schließen ließen. Vor kaum fünfzig Jahren, lange bevor Arthur zur Welt gekommen war, hatte ein schreckliches Ereignis der Krone und »John Company« vor Augen geführt, auf welch tönernen Füßen ihre Herrschaft über Bengalen und einige angrenzende Gebiete stand. Fort William war heute das Symbol der britischen Macht in diesem Land, doch die Festung war auf dem Fundament einer blutigen Tragödie errichtet worden: Im Juni 1756 hatte der Nabob von Bengalen, Siraj-ud-Daulja, beschlossen, gegen die europäischen Eindringlinge zu Felde zu ziehen und die wirtschaftliche und politische Macht zurückzugewinnen, die sie seit einem knappen Jahrhundert an sich gerissen hatten. Am 19. Juni 1756 eroberte der indische Fürst nach einem kurzen, aber blutigen Gefecht Kalkutta. Die 146 Briten, die er noch in der Stadt vorfand, ließ er in der schwülen Hitze des indischen Monsunmonats mehr als zwölf Stunden in einem fünf mal sechs Meter großen Kellerloch

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