Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe. Peter Urban

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Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe - Peter Urban

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seid nicht ängstlich, Oberst-Sahib. Das gefällt mir. Mein Name ist Lutuf Ullah, meine Heimat liegt jenseits der Berge, und ich bringe die herrlichsten Pferde nach Kalkutta, die die Welt je gesehen hat.« Arthur lächelte immer noch freundlich. »Wesley, 33. Infanterieregiment, Dublin!«

      Der bärtige Kabuli schüttelte den Kopf und schob Arthur durch das Gewühl zu einer der Steintreppen, die zu den Kontoren und Wohnräumen der Handelsherren führte. Man machte den beiden Männern großzügig Platz, und der Offizier bemerkte, wie manch einer die Hände vor der Brust kreuzte und sein Haupt vor Lutuf Ullah beugte. »Wesley-Sahib aus Dublin, es war trotzdem keine kluge Idee von dir, alleine hierher zu kommen. Sei mein Gast, dann werde ich dir ein paar Männer geben, die dich über den Hoogley nach Fort William zurückbringen. Die schlimmen Tage des >Schwarzen Lochs< liegen noch nicht so weit zurück!«

      Arthur senkte kurz das Haupt vor dem Kabuli und dankte ihm für die Einladung.

      »Nicht doch, Wesley-Sahib! Du darfst in diesem Land nie vor einem Mann zu Boden blicken, sonst wird er sagen, du fürchtest ihn und bist ihm unterlegen. Wenn du einen Mann achtest oder höflich sein willst, dann blicke ihm gerade in die Augen. Du trägst den Rock eines Obersten des Königs. Damit bist du ein bedeutender Mann hier.«

      Arthur schmunzelte. »Danke für die Schulstunde, Lutuf Ullah. Darüber stand in meinen klugen Büchern leider nichts. Wo hast du gelernt, unsere Sprache so gut zu sprechen?«

      Der Kabuli antwortete mit einer Gegenfrage, während er die schwere, mit Eisen beschlagene Holztür zu seinen Wohnräumen aufstieß. »Wo hast du unsere Sprache gelernt?« Er klatschte in die Hände, und zwei verschleierte Frauen tauchten auf. In einer völlig fremden Mundart fuhr er sie scharf an, und sie verschwanden sofort wieder in einem mit Teppichen verhängten Nebenzimmer. »Zwei meiner Weiber«, erklärte er Arthur. »Sie werden uns Essen bringen und Pfefferminztee.« Er wies auf einen Haufen bunt bestickter Kissen, die scheinbar achtlos um einen schweren Teppich herum lagen.

      Arthur hatte auf der Überfahrt gelesen, dass die meisten Stämme Indiens nicht an Tischen saßen, sondern auf dem Boden hockend speisten. Also ließ er sich auf der einen Seite des Teppichs nieder, während

      Lutuf Ullah sich in die Kissen auf der anderen Seite fallen ließ. »Du bist mir noch eine Antwort schuldig, Wesley-Sahib.«

      »Ich habe auf der Überfahrt von England viel gelesen«, seufzte er. »Ich kann eure Sprache lesen und sogar schreiben. Ich war als Kind für drei Jahre das Pfand für das Ehrenwort meines Vaters.«

      »Du meinst eine Geisel?«

      »Aber, aber, Wesley-Sahib! Das ist kein schönes Wort. Hastings-Sahib war ein weiser Mann. Er sprach nie von Geiseln, nur davon, dass er ein Pfand im Austausch für das Ehrenwort meines Vaters wollte ... das Ehrenwort, eure Handelsniederlassungen entlang der großen Straße nicht ständig mit einem Schutzgeld zu belasten.«

      »Du meinst plündern.«

      »Wesley-Sahib! Benutz doch nicht solch schreckliche Worte! Unsere Sprache ist farbig und bietet viele Möglichkeiten, über gewichtige Probleme zu sprechen und sinnvolle Lösungen zu finden, ohne einander zu verletzen.« Die grünen Augen des Kabuli funkelten munter.

      Kapitel 4 Nur ein grosses Spiel

      Arthur kehrte erst in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages von seinem Ausflug in den geheimnisvollen Orient zurück. Er teilte sich ein kleines Haus unweit der Unterkünfte des 33. Regiments mit Sir John Sherbrooke. Doch obwohl die beiden jungen Offiziere in einem ziemlich engen Provisorium lebten, das nur aus zwei Schlafzimmern, einem Salon, einem Speisezimmer und einer hübschen, mit Jasmin überwachsenen Veranda bestand, bemerkte Sherbrooke den späten Heimkehrer nicht. So leise wie möglich kleidete Arthur sich aus und ging zu Bett. Der indische Bedienstete, den die beiden Offiziere eingestellt hatten, wohnte in einem winzigen Häuschen hinter dem ihren. Auch er hatte den Heimkehrer nicht gehört.

      Arthur wusste, dass es keinen Sinn mehr hatte zu schlafen. Er würde bereits um vier Uhr in der Früh bei seinen Männern sein und dafür sorgen, dass Shee und West seine Befehle ordentlich ausführten. Und wenn das 33. Regiment sich während der schlimmsten Hitze des neuen Tages unter schattigen Bäumen ausruhen durfte, wartete auf ihn die Aufgabe, die Sir John Shore ihm gestellt hatte. Er schloss sorgfältig das feine Gazenetz, das von der Decke hing und sein Bett zum Schutz vor Stechfliegen einhüllte. Dann verschränkte er die Arme hinter dem Kopf und dachte nach: Es war nicht das Problem Spanisch-Manilas, das ihn beschäftigte, sondern der denkwürdige Abend, den er mit dem Kabuli Lutuf Ullah im Kaschmir-Serai verbracht hatte. Sie hatten sich ausführlich über Indien unterhalten. Lutuf kam als Pferdehändler nicht nur nach Kalkutta. Er bereiste auch regelmäßig die Fürstentümer der unabhängigen Rajahs, das Maharashtra, Gujerat, Rajasthan und den Punjab. Er war ein Kind seines Volkes und erzählte leidenschaftlich gerne von diesen weiten Reisen, und Arthur war ihm ein aufmerksamer und dankbarer Zuhörer gewesen.

      Vieles, das der junge Oberst im Verlauf der Überfahrt in seinen Büchern gelesen hatte, hatte Lutuf bestätigt. Anderes hatte er als irrige Annahmen bezeichnet, die auf einem falschen Verständnis des Subkontinents durch die Europäer beruhten. Arthur hatte jedes Detail der abendlichen und nächtlichen Unterhaltung gierig aufgesogen und sich eingeprägt. Bereits während des unglückseligen Flandernfeldzugs war ihm klar geworden, wie kriegsentscheidend genaue Informationen waren. Hier in Indien – einem Land, das nicht nur unglaublich groß war, sondern auch fremdartig – war die nachrichtendienstliche Arbeit noch viel bedeutender. Ein britischer Offizier im Felde, der nicht nur über eigene britische und indische Armeeaufklärer verfügte, sondern überdies auf ein Netzwerk aus Informanten zurückgreifen konnte, wie Lutuf Ullah es besaß, würde erfolgreicher sein als ein Mann wie Frederick von York, der auf einem Kriegsschauplatz auftauchte und nicht einmal wusste, dass die winterlichen Verhältnisse an der Nordseeküste und im holländischen Flachland so grausam waren, dass eine besondere Ausrüstung für die Soldaten erforderlich war, um überhaupt kämpfen zu können.

      Arthur nahm sich vor, Lutuf Ullah in den nächsten Tagen einen weiteren Besuch abzustatten: Zum einen brauchte er unbedingt ein, zwei Reitpferde, zum anderen konnte er sich durchaus vorstellen, dass der Kontakt zu Lutuf Ullah in nicht allzu ferner Zukunft nützlich sein würde. Sir John Shore hatte ihm, Arthur, den Auftrag erteilt, den Plan für einen Schachzug gegen Spanisch-Manila zu entwerfen. Er würde dem Generalgouverneur ein paar weitere Vorschläge unterbreiten, die nicht mit diesem begrenzten Territorium zu tun hatten, sondern mit Englands Herrschaft über den gesamten Subkontinent. Es würde ein großes, aufregendes Spiel werden, ein wunderbares Abenteuer. Er würde niemandem von seinem Ausflug nach Hoara erzählen, und auch alle weiteren Ausflüge in diese fremde Welt mussten sein Geheimnis bleiben.

      Ausgestreckt auf seinem bequemen Bett und umgeben von der Ruhe einer indischen Sommernacht, war ihm eine Idee gekommen. Arthur war nun felsenfest davon überzeugt, dass ein ungefährliches, ruhiges Leben nur etwas für alte Männer und Schreiberlinge war.

      »Ich verstehe einfach nicht, wie ein vernünftiger Mann mitten in der Nacht aufstehen kann, um ein königliches Regiment durch die Dunkelheit laufen zu lassen, Arthur!« flüsterte Sir John Sherbrooke seinem Kommandeur zu, während 733 unausgeschlafene, murrende Rotröcke versuchten, Aufstellung zu nehmen und sich so die Rüffel ihres jungen Obersten zu ersparen. Major John Shee konnte das Trinkgelage der vorausgegangenen kurzen Nacht kaum verbergen. Mit tiefen, schwarzen Ringen unter den Augen stand er schlecht rasiert vor seinen Kompanien. Major Francis West hatte in der Nacht zwar weitaus weniger Alkohol konsumiert als sein Kamerad, war aber dennoch kaum zum Schlafen gekommen, da er der Einladung einiger alter Bekannter aus England gefolgt war, gemeinsam zu Abend zu essen und anschließend einige Partien Trick-Track im Offiziersclub von Kalkutta zu spielen. Major West hatte

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