Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe. Peter Urban
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Читать онлайн книгу Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe - Peter Urban страница 16
Arthur legte den Kopf schief und grinste John Sherbrooke hinterlistig an. »Du solltest weniger feiern und meinem guten Beispiel folgen. Zeitig ins Bett und früh aus den Federn! Wo hast du dich denn gestern herumgetrieben, dass du heute so zerknittert aussiehst?«
Auf Befehl ihrer Offiziere führten die Soldaten des 33. Regiments die vorschriftsmäßigen Übungen des Waffendrills aus. Ladestöcke schlugen hohl in leere Gewehrläufe, hölzerne Gewehrkolben hämmerten auf die trockene indische Erde.
»Du hast wirklich etwas verpasst, Arthur! Der alte St. Leger versteht es, Empfänge zu geben – nur den besten französischen Champagner, Claret und Madeira in Strömen. Und seine Küche zählt zu den erlesensten in der ganzen Stadt. Außerdem hat er Humor. Er war ein wenig enttäuscht, dass du nicht mitgekommen bist, aber ich habe ihm erklärt, dass Sir John Shore dich am späten Nachmittag noch nach Fort William beordert hat. Aber heute Abend wirst du dich nicht drücken können. Connor McLeod vom 74. Hochlandregiment gibt ein großes Abendessen. Seine Frau hat ihm am letzten Sonntag einen kräftigen, gesunden Sohn geschenkt. Ganz Kalkutta und die besten Soldaten Englands sind eingeladen.«
Wesley nickte. »Ich weiß. Das ist auch einer der Gründe, warum ihr in aller Herrgottsfrühe hier antreten müsst. Shore will einen Plan für einen Feldzug gegen Spanisch-Manila – und zwar schnell.«
»Und er hat dich damit beauftragt! Gratuliere, Arthur! Wer den Plan entwirft, bekommt auch das Kommando ... und die Preisgelder dürften nicht zu knapp sein. Ich hab dir bei der Abreise aus Dublin ja gleich gesagt, dass du deine finanziellen Sorgen bald los sein wirst.« Wesley zuckte nur mit den Schultern. Was kümmerte ihn seine finanzielle Lage, wo er jetzt die Aussicht auf ein Kommando und einen abenteuerlichen Feldzug hatte? Er wollte in den Krieg ziehen und kämpfen und all den Unken und Kröten zu Hause beweisen, dass er nicht nur Richard Lord Morningtons dummer kleiner Bruder war.
Nach einem anstrengenden Morgenappell, gefolgt von einem harten Marsch mit vollem Gepäck, versuchten die Männer des 33. Regiments sich so gut wie möglich zu erholen. Einige reinigten ihre Ausrüstung, andere waren damit beschäftigt, unter dem prüfenden Auge von Sergeant-Major John Dunn die Baracken zu kalken, während ihre Frauen putzten und schrubbten. Dunn hatte nach Wesleys Gefühlsausbruch vom Vortag ein paar große Holzzuber besorgt und durchgesetzt, dass auch der unwilligste Rotrock sein Hemd und seine Socken vorbeibrachte, um alles waschen zu lassen. Viele nörgelten, während Sergeant Robin Seward auf seiner Regimentsliste abhakte, wer befehlsgemäß seine Wäsche abgeliefert hatte. Jeder Mann erfuhr aus dem Mund des freundlichen jungen Schotten, dass Oberst Wesleys Sorge um seine Gesundheit mit vier Dimes pro Woche zu bezahlen sei – für die Regimentswäscherinnen und ein paar indische Hilfskräfte, die er vorsorglich angeheuert hatte.
Arthur saß im Schatten duftenden Jasmins auf der kleinen Veranda seines Hauses. Vor ihm lagen große Karten ausgebreitet, und neben ihm stand eine Tasse Kaffee. Während seine Augen immer wieder auf imaginären Linien über die Landkarten reisten, kaute er nervös auf seinem Bleistift. Doch es war eine anregende Art von Nervosität, die einen Mann überkam, wenn er seiner Sache immer sicherer wurde. Von Zeit zu Zeit kritzelte Arthur ein paar Worte auf ein Stück Papier. Die Sache mit Spanisch-Manila war eigentlich ein Kinderspiel, wenn man sorgfältig eins und eins zusammenzählte.
Vingetty, der indische Bedienstete, den Sir John Sherbrooke bereits einen Tag nach Ankunft des 33. Regiments in Indien eingestellt hatte, tauchte mit der Kaffeekanne neben ihm auf. »Darf ich Ihnen nachschenken, Wesley-Sahib?« erkundigte er sich in seinem harten, aber fehlerfreien Englisch. Arthur schrak zusammen. Er war zu tief in Gedanken versunken gewesen, um zu bemerken, dass jemand aus dem Haus auf die Veranda getreten war.
»Ja, gerne!« erwiderte er auf Hindustani. Vingetty füllte schwarzen Kaffee in die Tasse. Dann wiederholte er freundlich und langsam die Hindustani-Worte, die sein Herr soeben benutzt hatte – allerdings in der richtigen Aussprache.
»Danke!« Arthur lächelte ihm zu und warf einen Blick auf seine Taschenuhr, die er vor sich auf den Tisch gelegt hatte, um seinen geplanten Ausflug zum Pferdemarkt von Kalkutta nicht zu verpassen. Es war kurz vor Mittag, und er würde noch knapp eine Stunde an seinem Plan für Sir John Shore arbeiten können.
»Was hast du vor, mein Freund?« tönte es aus dem angenehm kühlen Salon auf die Veranda hinaus, als Wesley seine Papiere wegpackte. John Sherbrooke hatte sich die Zeit mit Faulenzen vertrieben, doch den lieben langen Tag von Jemima zu träumen, wurde ihm doch ein wenig langweilig. Alleine wagte er sich kaum in die belebten Straßen von Kalkutta; deshalb hoffte er, dass sein Kommandeur nicht dienstlich fort musste, sondern private Pläne verfolgte.
»Los, zieh dir deinen roten Rock über und vergiss Jemima, John! Vingetty hat mir genau erklärt, wie man zum Bhawanipur-Bazar kommt.«
»Du willst dir ein Pferd kaufen?«
»Wenn ich unentwegt zu Fuß gehe, schade ich dem Ruf des 33. Regiments. Die anderen werden noch denken, wir könnten uns nicht einmal mehr Beritt leisten.«
»Hast du schon was Bestimmtes im Auge?«
Wesley grinste wie ein Verschwörer. »Man hat mir einen Händler aus Kabul empfohlen, der die besten Tiere in ganz Indien anbietet.«
Die beiden jungen Offiziere verließen gemeinsam die Kaserne bei Fort William. Zuerst mussten sie eine große Parklandschaft durchqueren, die direkt an den Sitz des Generalgouverneurs und die Truppenunterkünfte der Briten anschloss. An einem kleinen See vorbei schlenderten die Offiziere in Richtung Pferdemarkt. Im Gegensatz zu den Bazaren der Kaufleute, die sich in der Nähe der Jain-Tempel am äußersten nördlichen Rand der Stadt befanden, boten die Pferdehändler ihre Vollblüter und Poloponys direkt am Rande des britischen Teils der Stadt an. Ihre Kundschaft rekrutierte sich fast ausschließlich aus den Offizieren, die in Bengalen stationiert waren. Es waren gute Kunden, die immer bereit waren, für gute Tiere Höchstpreise zu bezahlen.
Es war kaum möglich, den Pferdemarkt von Bhawanipur zu verfehlen. Schon von weitem hörten Wesley und Sherbrooke schrilles Wiehern und aufgeregtes Schnauben und Stampfen. Jeder Pferdehändler hatte seine eigene Philosophie: Der eine band seine Tiere an starken Seilen in einer langen Reihe an und führte den Kaufinteressenten an ihnen vorbei. Der andere ließ seine Herde frei in einem eingezäunten Bereich laufen und befahl seinen Knechten, das gewünschte Tier einzufangen und dann an einem Seil vortraben zu lassen. Wieder andere zogen es vor, alle Tiere gesattelt in einem Stallzelt zu belassen und dann gemäß dem Wunsch des Käufers selbst ein Tier auszuwählen und vorzuführen. Diesen Männern war nur eines gemein: Alle stammten aus dem Norden, aus den Bergregionen und aus Afghanistan, und alle beteten zu Allah. Fünfmal am Tag kam der Markt für fünf Minuten zu einem völligen Stillstand. Man hörte kein Rufen und Feilschen mehr, nur noch das Schnauben der Tiere und den einstimmigen Ruf »Allah u Akbar!« – »Allah ist groß!«
Arthur und Sherbrooke hatten Glück. Sie erreichten ihren Bestimmungsort nicht in einer dieser religiös bedingten Pausen, sondern in einem Augenblick größter Betriebsamkeit. Es war nicht schwer, Lutuf Ullah auszumachen. Er war der bei weitem wichtigste Händler des ganzen Bazars und nahm den gesamten Mittelteil der großen Marktfläche in Anspruch. Lutuf hatte fast einhundert Pferde von seiner letzten Reise nach Turkmenistan und Dagestan mitgebracht. Es waren wunderbare Tiere, groß und muskulös und dennoch elegant und rassig. Es waren Pferde für den Krieg, zäh, ausdauernd, genügsam und schnell wie Windhunde. Mit Poloponys wollte Lutuf sich nicht abgeben. Er betrachtete sie als Spielzeug, als schmückendes Beiwerk. Rasch hatte Arthur den hennagefärbten Bart und die breite Gestalt des Kabuli in einer Menschenansammlung ausgemacht. »Also die Beschreibung stimmt schon mal, John. Das da drüben ist unser Mann.« Sherbrooke betrachtete zuerst den Pferdehändler,