Club Suizid. Jo Thun

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Club Suizid - Jo Thun

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aus? Zwei weitere Passagiere, US-Amerikaner, schlossen sich uns an und wir stiegen gemeinsam in den wartenden Jeep. Der Fahrer hieß uns in portugiesisch gefärbtem Englisch herzlich willkommen, verstaute noch unsere Koffer hinter der Ladeklappe, stieg ein, und brauste los.

      Das Rollfeld ging in eine Straße über, die um das kleine Flughafengebäude herumführte, und bog dann schon sehr bald in einen Wald ab. Oder vielleicht war das einfach die übliche Vegetation auf der Insel: links und rechts standen exotische Bäume, aus denen uns der karibische Abend grüßte. Der Jeep war rundherum offen, und so war es auch egal, dass ich der einzige war, der keinen Fensterplatz erwischt hatte. Keiner im Wagen sprach, wir genossen alle den Fahrtwind, in dem sich schwüle, tropische Luft mit frischem Meeraroma vermischte. Zu hören war außer dem Motorengeräusch nichts, aber ich bildete mir ein, Affengekreische aus dem Wald zu hören, das hätte gut gepasst. Ich schaute verstohlen zu Rana rüber, die links neben mir saß. Sie hatte ihre Reisetasche zwischen die Knie geklemmt, hielt sich mit den Händen am Jeeprahmen fest und strahlte. Ihre kurzen, schwarzen Haare bogen sich im Wind, meine, die etwas länger waren, flatterten. Wenn uns ein Wagen entgegenkam, grüßte der Fahrer, wahrscheinlich kannte hier jeder jeden. Rechts neben mir und vorne im Beifahrersitz saßen die zwei US-Amerikaner, beide Ende 30, schätzungsweise, leger, aber teuer angezogen. Entgegen dem Klischee, was man so von Amerikanern hat, schienen sie nicht sehr gesprächig. Aber es waren ja auch lebensmüde Amerikaner, so gesehen machte es ja Sinn. Obwohl, jetzt schien der, der vorne saß, aufzutauen. Er fragte den Fahrer, ob wir noch an irgendeinem Geschäft vorbeikommen würden, ehe wir in der Klinik (er sagte wirklich „clinic“) ankommen würden. Nein, war die Antwort, nur eine kleine Strandbar. Oh, jetzt wachte auch der Ami rechts neben mir auf. Da könnte man doch noch schnell anhalten, oder? „Would you mind?“ wandte er sich jetzt an uns. Eine Strandbar, das hörte sich doch toll an, warum sollte ich was dagegen haben. Aber leider hatte der Fahrer was dagegen. Sorry, das dürfe er nicht. Sein Auftrag sei, direkt zum Hotel zu fahren. Aber das liege ja auch am Meer, und wir wären auch bald da. Die Amis verfielen wieder in ihre stumme Traurigkeit und zehn Minuten später kamen wir auch wirklich an. Von der Straße bog ein kleiner Weg ab, der laut Wegweiser zum Verlorenen Paradies führte.

      Kapitel 9

      Nach einigen hundert Metern erreichten wir ein großes Tor, das sich von selbst öffnete und sich hinter dem Wagen gleich wieder schloss. Und plötzlich sahen wir das Meer vor uns. Was für ein Anblick! Blauer Himmel, türkisblaues Wasser, weißer Strand, besprenkelt mit bunten, vereinzelten Sonnenschutz-Segeln. Daneben ein irisch-grüner Rasen mit exotischen Gewächsen umrandet, und dahinter ein riesiges, weißes Haus, das ein bisschen so aussah wie Hemingways Villa in Key West, nur sehr viel größer. Oh Mann, hier ließ es sich aushalten! Komischerweise machte dies alles keinen Eindruck auf unsere Mitreisende, sie sprangen aus dem Jeep, kaum dass er zum Stehen kam, und liefen ins Haus. Ja gut, für den Preis konnte man schon erwarten, dass einem das Gepäck ins Haus getragen wurde, aber ich sah die Gelegenheit, als Deutscher einen guten Eindruck machen zu können, indem ich in aller Bescheidenheit meinen Koffer selbst in die Hand nahm. Doch leider kriegte ich die Ladeklappe nicht auf, und da Rana auch schon auf dem Weg ins Innere des Hauses war, folgte ich ihr schließlich. Der Fahrer grinste mich freundlich an. Ich ging mal davon aus, dass das keine spöttische, sondern eine anerkennende Botschaft sein sollte. Schon kam uns ein Angestellter des Hotels entgegen und sprach uns auf Deutsch an. Das war wahrscheinlich der Mann, mit dem ich am Telefon gesprochen hatte. Ich war etwas erstaunt, dass er schwarz war, denn normalerweise erwartet man ja nicht, dass die Menschen in anderen Ländern deutsch sprechen, besonders wenn sie durch ihre Hautfarbe schon von weitem als Menschen aus anderen Ländern erkennbar sind, aber dann wurde mir klar, dass das jetzt ein doofes Vorurteil war, denn warum sollten weißhäutige Menschen aus anderen Ländern da einen Vorsprung haben? Also bemühte ich mich, so zu tun, als sei es das normalste von der Welt, dass wir hier auf Copa Caba auf Deutsch empfangen wurden und bestätigte brav, dass wir eine gute Reise gehabt hatten. Dankenswerterweise führte uns der deutsch-sprechende Einheimische, oder vielleicht war er gar kein Einheimischer, vielleicht war er ja Deutscher, das könnte ja auch sein, oder? nicht zur Hotelrezeption, wo wir hätten stehen müssen, sondern zu einer Sitzgruppe, die aus riesigen, sehr bequem aussehenden Korbstühlen mit weißen Kissen bestand.

      „Willkommen. Ich heiße Henry und werde Ihr Ansprechpartner sein. Darf ich davon ausgehen, dass sie auch Englisch sprechen?“

      Rana und ich nickten beide.

      „Gut, dann werden Sie hier sehr gut zurecht kommen. Aber natürlich haben wir auch einen deutsch-sprachigen Arzt, Dr. Rosenblatt. Er ist Amerikaner, spricht aber fließend Deutsch. Er hätte jetzt gleich Zeit für Sie. Aber vielleicht wollen Sie sich erst einmal frisch machen? Heute gibt es Essen um 19:00 Uhr, Sie haben also noch etwas Zeit. Darf ich Herrn Rosenblatt melden, dass Sie gegen 18:00 (hier schaute er Rana an), und 18:30 (er sah mich an) bei ihm vorbeischauen werden? Sein Sprechzimmer liegt hier am Ende des Ganges (er zeigte nach links, wo hinter der Rezeption ein Gang abging) im Zimmer 110.“

      Rena und ich nickten wieder.

      „Schön. Kommen Sie doch vorher noch zu mir und hinterlegen Ihre Kreditkarte, damit wir gleich die ersten Wochen abbuchen können. Wenn Sie keine Fragen mehr haben, dann bringe ich Sie jetzt auf Ihre Zimmer?“

      Rana und ich nickten wieder. Ich fühlte eine gewisse Genugtuung, dass Rana ähnlich eingeschüchtert wirkte wie ich. So weltgewandt war sie nun auch wieder nicht.

      Henry stand auf und ging voran, am Esszimmer vorbei und durch eine Glastür, die in einen Anbau führte.

      „Hier sind die Gästezimmer, alle zur Meerseite hin.“

      Er öffnete eines der Zimmer und ließ mich eintreten. Ich war überwältigt. Ein Zimmer groß genug für eine 8-köpfige Familie, mittendrin ein riesiges Bett, der große Ventilator an der Decke darüber kühlte lautlos, dezente Deko, Bambusmöbel, und ein luftiger weißer Vorhang, der halb aufgezogen war, so dass man direkt auf die Terrasse und von dort aus auf das blaue Meer schauen konnte. Irgendwie hatte es mein Koffer vor mir hierher geschafft, was ich überhaupt nicht verstand, denn ich hatte niemanden nach uns ins Haus kommen sehen.

      Henry lächelte mich an, übergab mir die Zimmerkarte, und ging mit Rana weiter. Vorher wandte er sich noch einmal um: „Vergessen Sie nicht Ihren Termin um 18:30 Uhr!“

      Irgendwie klang das bedrohlich. War es Henrys Intention gewesen, mir Angst zu machen? Musste ich gleich zu Beginn entscheiden, wann und wie ich sterben wollte? Musste ich was unterschreiben? Was war Herr Rosenblatt überhaupt für ein Arzt? Gab es einen Facharzt für Sterbehilfe?

      Plötzlich war mir kalt (wenn ich übermüdet bin, ist mir immer kalt, und ich war müde, weil es ein ziemlich langer Tag gewesen war, noch dazu, weil ich in der Nacht davor auch nicht so gut geschlafen hatte), und ich beschloss, eine warme Dusche zu nehmen. Das Bad war ungefähr so groß wie mein Schlafzimmer zu Hause. In die Badewanne hätten auch drei Leute gepasst. Ich nahm an, dass die vielen Knöpfe an der Wand Söge und Wellen verursachen würden, die bestimmt Spaß machten. Aber im Moment wollte ich ja mich nur kurz abbrausen, also stieg ich in die Duschkabine und ließ das warme Wasser wie Regen auf mich niederprasseln. Danach zog ich mir frische Sachen an, nahm eine eiskalte Cola aus dem Kühlschrank und setzte mich auf die Veranda. Ich konnte mich nicht entscheiden, wie ich mich fühlen sollte. War das hier eine gute Erfahrung? Oder ein Alptraum? Rana fiel mir ein. Ich wünsche, ich hätte aufgepasst, wo ihr Zimmer lag, dann hätte ich jetzt bei ihr klopfen können. Aber ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass sie schon bei ihrem Termin sein musste. Ach ja, ich sollte auch noch zahlen. Aber meine Kreditkarte würde ich nicht verwenden, dann würde Herr Moosbacher gleich wissen, wo ich abgeblieben war. Ich hatte ja genug Bargeld dabei und zählte 16.000 Euro ab, das müsste so ungefähr 20.000 Dollar entsprechen und fürs Erste genügen. Den Rest des Geldes steckte ich in eine Socke in meine Turnschuhe. Vielleicht gäbe es

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