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Es war offensichtlich, dass Bernie insgeheim eifersüchtig auf Daniels Popularität war. Dieser war überaus intelligent, wollte man den Mädchen glauben, auch noch recht gutaussehend, trotzdem bescheiden und daher selbst bei den Jungs allgemein beliebt. Zudem war er äusserst unterhaltsam und hatte es, im Gegensatz zu Bernie, nicht nötig, seinem Gegenüber erst die Faust ins Gesicht zu schlagen, um sich dessen Aufmerksamkeit zu sichern. Daher ist es kein Wunder, dass wir Jungs Daniel, wie auch immer, helfen wollten. Nicht, dass wir es alleine hätten mit Bernie aufnehmen können, aber wir hatten den Kerl mittlerweile so satt, dass es an Mitbewerbern, die ihm endlich die verdiente Abreibung verpassen wollten, nicht mangelte. Dabei sollen Gerüchten zufolge auch aus den Nachbarländern ein paar Bewerbungen eingetroffen sein und sogar der russische KGB soll seine Dienste angeboten haben. Man habe da einen Regenschirm mit Giftspitze, den man mal sicherheitshalber ausprobieren wolle, soll es geheimnisvoll geheissen haben, bevor der Kontakt im Ätherrauschen abbrach.
Das aber wollte Daniel partout nicht zulassen, wohl, weil er geahnt hatte, wie leicht so etwas eskalieren kann.
„Ich sag euch, Gewalt ist keine Lösung“, pflegte er zu sagen, mit 14 Jahren schon weiser als mancher Hundertjährige. „Und ich bitte euch jetzt noch einmal, euch nicht einzumischen. Das ist mein Problem und ich allein habe damit fertig zu werden.
Das mussten wir natürlich widerwillig akzeptieren, wobei sich vor allem Bürgi mit Daniels Entscheidung nicht zufriedengeben wollte und diesen am nächsten Tag in der Pause um Aufklärung bat. Scheinbar muss es dabei ein paar offene Punkte gegeben haben, denn am übernächsten Tag sah man die beiden wieder aufgeregt miteinander diskutieren. Die beiden müssen überhaupt viel zu diskutieren gehabt haben, wenn man zum Massstab nimmt, dass sie in den kommenden Wochen jede Pause zusammenstanden. Und da Bernie die beiden nur ungern bei ihren Diskussionen störte –speziell Bürgi schien er nur ungern ins Wort fallen zu wollen- musste er sich wohl oder übel nach einfacheren Opfern umsehen.
Trotzdem hat mir Daniels Einstellung damals, und auch heute noch, mächtig imponiert. Denn dreinschlagen kann in der Tat jeder Dummkopf und wie oft er auch zuschlägt, Recht hat er deswegen noch lange nicht.
Das ist tröstlich.
Denn die Bernies dieser Welt wissen sehr wohl, dass ihre 15 Minuten des Ruhms schnell vorüber sind. Ihr Glanz verblasst meist schlagartig, sobald die Schulzeit zu Ende ist. Wahrscheinlich wollen sie es darum noch einmal so richtig krachen lassen und die süsse Frucht ihrer vermeintlichen Popularität bis zum letzten Tropfen ausquetschen.
Im späteren Leben relativiert sich das oft, wie ihnen Daniel, mittlerweile erfolgreicher Architekt mit eigener Firma, in Berufs- und Privatleben gleichermassen erfolgreich, sicher bestätigen kann. Ihm geht es gut und man gönnt es ihm.
Bernie hingegen geht es weniger gut.
Und man gönnt es ihm.
Trotzdem kann er ab und zu durchaus Erfolge verzeichnen, zumindest, wenn man einen Stammplatz an einer schummrigen Bar einen solchen nennen kann. Dort sinniert er täglich, manchmal mit „Freunden“, meist aber allein, über die verpassten Chancen im Leben nach. Man tut sich in der Tat schwer, in der zusammengekauerten Gestalt, die sich gedankenverloren über ihr Bierglas beugt, den einstmals so stolzen Bernie zu erkennen. Irgendwie scheint ihm auch sein Flair für Markenkleidung etwas abhandengekommen zu sein, was sicher der Grund dafür ist, dass ihn mittlerweile bereits die dritte Ehefrau verlassen hat. Denn wir alle wissen ja, wie wichtig Markenjeans sind.
Und dieses Wissen verdanken wir einzig und allein Bernie.
An dieser Stelle also herzlichen Dank dafür.
Lehrer Patens
„Also neulich“, beginnt er, „also neulich, da war ich wieder mal sturzhagelvoll. Ich also mit Schlagseite nach Hause, schaffe es gerade noch zur Tür herein, muss mich beherrschen, dass ich nicht noch in den Hausgang kotze, da steht schon meine Alte vor mir. Keift natürlich sofort los. ‚Schon wieder besoffen‘, zetert sie, ‚und das schon Montag, meme-meme-meme. Aber so braucht sie mir nicht zu kommen, die Schlampe. ‚Also gut, dann kann ich ja gleich wieder abhauen‘, sag ich, mache rechtsumkehrt und geh in die Garage, wo mein neuer Trans-Am steht. Ich im Karacho raus aus der Garage, da steht die blöde Kuh doch tatsächlich in der Einfahrt. Ich gerade noch rechtzeitig auf die Bremse, schon schreit sie mich an. ‚So besoffen fährst du keinen Meter mehr meme-meme-meme.‘ Hab ich sie gewarnt: ‚Hau bloss ab, du, sonst fahr ich dich über den Haufen, du...‘ Sie will natürlich nicht hören und keift weiter. Zack, ich aufs Gas und die blöde Kuh kriegt natürlich ihren Fuss nicht rechtzeitig weg. Wrumm, fahre ich ihr über die Zehen. ‚Selber schuld, wenn man so blöd ist‘, schrei ich noch, während die alte Kuh ins Haus humpelt. Jetzt hat sie ein paar gebrochene Zehen, hihihihohohooo.“
Er krümmt sich vor Lachen und es dauert eine Weile, bis er sich erholen kann. Glucksend wischt er sich die Lachtränen aus den Augen und blinzelt in die Runde der verwirrten Kindergesichter.
„Sagt mal, weiss einer, wo wir bei der letzten Geschichtsstunde hängengeblieben sind?“
Mal ehrlich: Als Lehrer war Herr Patens eine Niete.
Ich konnte den Kerl ja noch nie ausstehen. Ja, mehr noch: Seit er mir mal eine geklebt hatte, hasste ich ihn mit einer Inbrunst, die an Besessenheit grenzte. Nicht, dass ich es damals nicht verdient gehabt hätte, das nicht, aber so etwas verdrängt man ja gern.
Natürlich kann ich mildernde Umstände ins Feld führen. Ich sehe mich da eher als unschuldiges Opfer einer Verkettung unglücklicher Umstände.
Begonnen hatte nämlich alles damit, dass uns von der Schulleitung mitgeteilt wurde, dass sich Herr Patens „unpässlich fühle“ und etwas später komme. Das war der Schulleitungsjargon für „der Kerl hat sich mal wieder volllaufen lassen und wir haben keine Ahnung, wann er auftaucht“. Die Zeit bis zu seinem Auftauchen wollte natürlich sinnvoll genutzt werden.
Und obwohl die Option, die Zeit mit Lernen zu vertreiben, kurz diskutiert wurde, waren es dann doch alternative Vorschläge, die den meisten Zuspruch erhielten.
Irgendjemand kam schliesslich auf die Idee, man könne sich doch die Wartezeit mit einer Art Schneeballschlacht im Klassenzimmer verkürzen. Ich will Ihnen nicht vorenthalten, dass es ein paar verlogene Denunzianten gab, die bis heute steif und fest behaupten, dass ich dieser „irgendjemand“ gewesen sei. Es ist mir zwar schleierhaft, wie man aus ein paar völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Wörtern wie „Schlacht“, „Schulzimmer“, „Mannschaft eins“ und Mannschaft zwei“ so etwas fabrizieren kann, aber bitte. Ich bin gern bereit, einen Teil der Schuld auf mich zu nehmen. Vorausgesetzt natürlich, dass sie gerecht verteilt wird.
Mir persönlich scheint ein Verhältnis von 50-50 ein gerechter Ansatz.
Oder, wenn ich es mir genauer überlege, 60-40.
60 Schuldprozente gehen dabei fürs nicht Auftauchen an Herrn Patens, während die restlichen 40 Schuldprozente, fürs auf dumme Ideen kommen, an mich gehen.
Wie gesagt, erinnern kann ich mich daran zwar nicht, aber um diese leidige Angelegenheit endlich zum Abschluss zu bringen, bin ich gern bereit, mich zum Wohle der Allgemeinheit zu opfern. Da bin ich fair.
Andererseits,