Mord in Hombrechtikon und Tod am Wasserfall. Martin Renold

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Mord in Hombrechtikon und Tod am Wasserfall - Martin Renold

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ich gut beobachten, wenn die Blitze aufleuchteten. Aber ich sah niemanden. Nach einiger Zeit wagte ich mich nach draußen und ging ums Haus herum. Als ich nichts Verdächtiges feststellen konnte, kehrte ich zurück und schloss mich wieder ein.“

      „Und warum haben Sie nicht gleich die Polizei angerufen?“, fragte Strahm.

      „Zuerst kehrte ich zu meinem Bruder zurück. Ich muss wohl einen kleinen Schock erlitten haben. Auch muss ich zugeben, dass ich Angst hatte. Wenn der Mörder nochmals zurückkehrte und mich hier sähe, müsste er annehmen, er habe sein Opfer doch nicht richtig getroffen. Dann hätte er vielleicht nochmals geschossen. Ich war wie gelähmt. Ich weiß nicht, wie lange ich reglos dasaß. Sie haben ja selber gesagt, die Waagetypen könnten keine Entschlüsse fassen. Es mag eine halbe Stunde gewesen sein, eine Stunde oder zwei. Ich weiß es wirklich nicht mehr. Plötzlich wachte ich wie aus einem schrecklichen Traum auf und tat das, was ich wohl sofort hätte tun müssen.“

      „Das wär’s wohl“, sagte Strahm unvermittelt, als Federbein anscheinend nichts mehr zu erzählen hatte, und erhob sich ruckartig, indem er sich mit den Händen von der Tischplatte hochstemmte. Und dann, im Stehen, beiläufig, als ob er dem gar keine besondere Bedeutung beimessen würde: „Sie wissen wahrscheinlich, dass Sie sich durch Ihr Verhalten des Mordes an Ihrem Bruder verdächtig gemacht haben.“

      „Vielleicht, aber das ist doch Unsinn“, erwiderte Balthasar Federbein mit einem Ton, der zum ersten Mal echt und ohne amerikanischen Akzent klang.

      „Ich will Ihnen nun meine Version darlegen, Mister Federbein, ohne damit zu sagen, dass ich selber daran glaube. Es ist einfach eine Hypothese.“ Und er schritt neben dem Tisch, an dem Federbein saß, hin und her.

      „Sie sind kein unbeschriebenes Blatt, das kann man doch wohl sagen, auch wenn das, was Sie in ihrer Jugend getan haben, längst verjährt ist. Sie wissen, dass Ihr Bruder seit einigen Jahren großen Erfolg als Schriftsteller hat. Seine Werke, vor allem die Dramen, sind, so viel ich gelesen habe, in viele Sprachen übersetzt und an berühmten Theatern aufgeführt worden und werfen sicher erhebliche Honorare und Tantiemen ab. Ich gehe wohl nicht fehl, nach allem, was Sie mir erzählt haben, wenn ich annehme, dass Sie der einzige Erbe sind. Vor ein paar Jahren war Ihr Bruder für Sie noch nicht interessant. Aber jetzt plötzlich fassten Sie den Entschluss, herüberzukommen. Außer Ihrem Bruder wusste niemand, dass er Sie erwartete.“

      „Er hat es sicher seinem Freund erzählt“, warf Federbein ein.

      „Sie konnten aber nicht wissen, dass er es ihm gesagt hatte. Vermutlich wussten Sie überhaupt nicht, dass der Freund hier wohnt. Sie kommen also rechtzeitig zum Nationalfeiertag. Sie wissen, dass überall Feuerwerk gezündet wird. Bei dieser Knallerei wird man Ihren Schuss überhören. Sie warten also, bis Sie zusammen ins Haus hineingehen, dann verlassen Sie für kurze Zeit Ihren Bruder unter dem Vorwand, ein gewisses Bedürfnis verrichten zu müssen. Man hat ja schließlich einiges getrunken, nehme ich an. Sie suchen aber ihr Zimmer auf, holen die Pistole aus Ihrem Koffer, verlassen das Gastzimmer durch die Gartentür und schleichen sich zum offenen Fenster des Wohnzimmers, wo Ihnen Ihr Bruder den Rücken zukehrt. Ich nehme nicht an, dass Sie den Bruder anriefen, damit er dem Mörder noch einmal in die Augen schauen konnte. Diesen Anblick hätten Sie ihm, wenn alles nach Plan gegangen wäre, sicher ersparen wollen. Aber ein Geräusch muss Ihren Bruder erschreckt haben. Er nimmt ja an, dass Sie auf der Toilette sind. Doch er hört jemanden im Garten, er springt auf, und Sie setzen ihm kaltblütig die Pistole auf die Brust. Der Schuss ist höchstens aus einem Meter Entfernung abgegeben worden. Die Obduktion und die ballistische Untersuchung werden das noch genau bestätigen.“

      Zum ersten Mal zeigte sich auf Balthasar Federbeins Gesicht ein leichtes, wenn auch etwas mühsames Lächeln.

      „Sie haben eines vergessen“, sagte er. „Wie sollte ich durch die scharfen Kontrollen auf dem Flughaben kommen? Sie glauben doch selber nicht, dass ich eine Pistole auf mir tragen konnte.“

      „Ich sagte ja auch, dass ich diese Version nicht unbedingt für die richtige halte.“

      „Warum erzählen Sie mir denn diese ganze Geschichte? Wollen Sie mir Angst einjagen? Was bezwecken Sie damit?“, fragte Balz.

      „Ich bezwecke gar nichts. Ich pflege manchmal nur laut zu denken. Das ist eine Berufskrankheit, falls Sie es noch nicht wissen sollten. Nun, zugegeben, manchmal hat es ganz überraschende Folgen, wenn ich meine Gedanken entwickle. Aber ich bin noch nicht zu Ende“

      „Gut, denken Sie weiter, Inspector“, warf Balz ein, und das „Inspektor“ klang wieder ganz amerikanisch.

      „Gut, Sie können ja auch ins Zimmer Ihres Bruders gegangen sein und dort aus einer Schublade die Pistole oder den Revolver genommen haben.“

      „Woher sollte ich wissen...? Ich bin ja erst einige Stunden in diesem Haus.“

      „Zeit genug, ein paar Schubladen aufzuziehen. Sie ahnen ja nicht, wie viele Leute ihre Waffen unverschlossen aufbewahren. Vielleicht kam Ihnen der Zufall zu Hilfe?“

      „Sie nehmen doch nicht an, dass ich mich, vorausgesetzt, ich hätte tatsächlich meinen Bruder umbringen wollen, auf den Zufall hätte verlassen können.“

      „Herr Federbein, Sie reden ja ganz so, als hätten Sie sich das alles ganz gut überlegt. Mit Vorbedacht.“

      „Sie wissen nicht, dass ich einmal die Absicht hatte, einen Krimi zu schreiben.“

      „Ich dachte, Ihr Bruder schreibe Romane“, sagte Strahm.

      „Ja, schon, aber haben Sie schon einmal einen gelesen?“

      Strahm schüttelte den Kopf.

      „Dann können Sie natürlich nicht wissen, dass mein Bruder nie einen Krimi geschrieben hätte. Das hätte dann schon etwas ganz Besonderes sein müssen. So weit hätte er sich nicht herabgelassen. Aber ich habe Ihnen ja gesagt, dass auch ich Phantasie besitze und doch wohl auch einige Erfahrung aus meiner Jugendzeit.“

      „Vielleicht wollten Sie mit Ihrem Krimi die Tat im Voraus einmal durchspielen. Doch lassen wir das. Ich gebe ja zu, das mit der Waffe aus der Schublade ist ja auch nicht gerade glaubhaft. Aber auf jeden Fall hatten Sie eine Schusswaffe, und nachdem Ihr Bruder tot war, verwendeten Sie eine Stunde darauf, sie zum Verschwinden zu bringen, die Spuren zu verwischen und den Schreibtisch Ihres Bruders nach Dokumenten, einem Testament vor allem, zu durchsuchen. Irgendetwas müssen Sie ja in dieser Stunde getan haben. Dass Sie nur untätig dagesessen haben, nehme ich Ihnen nicht ab, Mister Federbein. Selbst ein Waagetyp wird sich in einer solchen Situation dazu entschließen können, die Polizei zu rufen.“

      „Können Sie nicht verstehen, dass ich einfach wie gelähmt war? Versetzen Sie sich doch in meine Lage. Ich fliege morgens um sechs Uhr in New York ab. Nachmittags um fünf lande ich in Kloten. Der lange Flug, der Jetlag, der Klimawechsel, die Erwartung, nach beinahe dreißig Jahren meinen Bruder…“

      „…den geliebten Bruder“, warf Strahm etwas zynisch dazwischen, doch Balz reagierte nicht darauf, sondern fuhr fort:

      „…meinen Bruder wieder zu sehen. Die Freude und Erregung des Wiedersehens, die Spannung und die Hoffnung, sich auch geistig wieder zu finden…“

      „Was Ihr Bruder ausschlug und sie begreiflicherweise in Wut versetzte. Also nicht vorsätzlich, sondern im Affekt.“

      „Sie sind zynisch, Inspector Strääm. Ich verdiene das nicht.“

      „Ich sagte doch, ich denke nur. Übrigens hätten Sie noch

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