Mord in Hombrechtikon und Tod am Wasserfall. Martin Renold
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Читать онлайн книгу Mord in Hombrechtikon und Tod am Wasserfall - Martin Renold страница 7
„Noch nicht“, entgegnete Strahm. „Ich muss noch mehr denken.“
„Übrigens*, wandte er sich an einen Mitarbeiter von der Spurensicherung, „habt ihr schon nachgeprüft, ob Schmauchspuren an Mister Federbeins Händen sind? Und nehmt dann auch gleich seinen Kittel mit ins Labor.“
Als die Spurensicherung abgeschlossen war, trafen die Polizeibeamten Vorbereitungen zur Rückkehr. Ein Polizist trat zu Strahm und übergab ihm die Gegenstände, die sie auf dem Toten gefunden hatten, eine Armbanduhr, Marke Tissot, einen Taschenkalender, ein Portemonnaie mit etwa hundertfünfzig Franken Inhalt, ein angebrochenes Päckchen Medizinalzahnstocher „Stim-U-Dent“, ein silbernes Pillendöschen mit eingravierten Initialen MF und mit drei verschiedenen Sorten Pillen, eine Tabakpfeife mit eingeprägtem M auf dem Mundstück, einen Pfeifenstopfer, einen wildledernen Tabakbeutel und schließlich Auto- und Hausschlüssel.
Strahm überreichte Federbein das Portemonnaie und die Uhr. Alles andere steckte er, sorgsam in ein Plastiksäckchen verschlossen, selber ein. Die Schlüssel behielt er noch eine Weile in der Hand. „Kommen Sie, ich möchte mir noch rasch das Auto ansehen.“
Sie gingen durch das Haus in die Garage, und Federbein zündete das Licht an. Strahm warf nur einen raschen Blick auf den Audi. Dann gingen sie ins Wohnzimmer zurück.
Strahm schaute sich auch hier noch einmal um, weniger, um noch irgendetwas zu entdecken, das zur Aufklärung beitragen könnte, als aus purer Neugierde. Sicher würde auch seine Frau ihn fragen, wie es im Haus eines so berühmten Schriftstellers aussehe. Eigentlich verhältnismäßig bescheiden, dachte er. Es gab hier keinen Swimmingpool, keine goldenen Hähne im Badezimmer, nichts Extravagantes. Nur viele Bücher und einige Bilder, Originale, wie Strahm feststellte, nur zwei in Öl, alles andere Aquarelle von ihm unbekannten Malern.
Aus Zumsteins Zimmer trat Walser.
„Gut, dann dampfen wir ab.“ Und zu Federbein: „Passen Sie auf sich auf! Und halten Sie sich zur Verfügung! Am besten bleiben Sie zu Hause.“
„Ist alles versiegelt, Felix?“, fragte er einen jungen Kollegen, „nichts gefunden? Kein Testament?
„Schwierig bei dem Papier. Lauter Manuskripte, Verträge und Briefe.“
„Gut, du kannst mit uns fahren.“
Nachdem die drei gegangen waren, öffnete Federbein die Tür zum Arbeitszimmer seines Bruders. Der Schreibtisch war versiegelt. Einen Augenblick lang empfand er das Bedürfnis, sich an den Tisch zu setzen. Aber er unterdrückte dieses Verlangen. Vielleicht würde gerade in diesem Moment der Freund Klaus Zumstein eintreten und erschrecken, das genaue Ebenbild des Toten hier in dieser gewohnten Stellung anzutreffen. Er verließ deshalb das Zimmer leise wieder und ging ins Gastzimmer.
Er streckte sich angezogen auf dem Bett aus. Er atmete langsam und tief ein und aus. Zum ersten Mal seit der verhängnisvolle Schuss gefallen war, fühlte er sich ein bisschen entspannt. Er hätte am liebsten geweint, aber er hatte es verlernt. Er war wie ausgetrocknet.
Da hörte er die Tür von Zumsteins Zimmer gehen, und gleich darnach klopfte es an seine Tür. Auf sein „Herein“ trat Zumstein ins Zimmer.
Federbein forderte ihn auf, Platz zu nehmen.
„Entschuldigen Sie, dass ich Sie so spät noch störe“, sagte Zumstein, und als Federbein sich aufrichten wollte: „Nein, bleiben Sie ruhig liegen. Sie sind sicher müde. Aber da wir nun einmal unter demselben Dach wohnen und einen uns so nahestehenden Menschen verloren haben, meine ich, wir sollten uns doch zuerst einmal kennen lernen. Außerdem interessiert es mich natürlich, was eigentlich geschehen ist. Ich bin ja nur gefragt worden und habe überhaupt nichts erfahren.“
Federbein berichtete, was er schon dem Kriminalbeamten erzählt hatte. Aber als er jetzt von seinem Bruder sprach, überwältigte ihn doch der Schmerz. Immer wieder überschlug sich seine Stimme, und er spürte, wie eine einzelne Träne über die Nasenwurzel zum anderen Auge hinüberrann, dann über die Schläfe und langsam vertrocknete.
Als Federbein mit seinem Bericht zu Ende war, fragte er Zumstein: „Und was haben Sie dem Polizeibeamten erzählt?“
„Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit, wie die das ja von einem verlangen“, antwortete Zumstein etwas zynisch im Gedenken an das Verhör, das Walser mit ihm durchgeführt hatte. Doch sogleich merkte er, dass jetzt im Gespräch mit dem Bruder des Toten ein solcher Ton nicht angebracht war.
„Ihr Bruder“, fuhr er fort, „hat mir von Ihrem Brief erzählt, den Sie ihm vor ungefähr zwei Wochen geschrieben haben. Er war überrascht, aber auch erfreut, dass Sie kommen wollten. In der Anfangszeit, nachdem ich hier in dieses Haus einziehen durfte, hat mir Ihr Bruder alles von Ihnen gesagt. Nachher haben wir eigentlich nie mehr von Ihnen gesprochen. Aber Ihr Bruder trug Ihnen nichts nach. Ich glaube, er hat sich aufrichtig auf das Wiedersehen gefreut. Ich hoffe, dass Sie das selber noch spüren durften, ehe…“
„Ja, ich glaube schon.“
Federbein erhob sich nun vom Bett und setzte sich in den zweiten Sessel, der Zumstein schräg gegenüberstand.
„Rauchen Sie?“, fragte er und reichte Zumstein die Zigarettenschachtel, die auf einem Tischchen lag.
„Amerikanische“, fügte er bei. Dann wollte er ihm Feuer geben. Er zog aus der Hosentasche ein Feuerzeug, das aber nicht recht zünden wollte.
„Ach, so geht’s“, sagte Federbein und reichte Zumstein die Flamme.
„Wissen Sie, ich hab das Feuerzeug erst gestern bekommen. Ein Abschiedsgeschenk von einer Freundin.“
Beide rauchten schweigend einige Züge. Erst als Zumstein zum ersten Mal die Asche abstreifte, fragte dieser:
„Und wie denken Sie, dass es nun weitergehen soll?“
„Sie bleiben natürlich hier“, sagte Federbein. „Das ist selbstverständlich. Sie waren schließlich der beste Freund meines Bruders.“
„Darüber können wir später noch reden. Ich möchte nicht, dass Sie sich in der jetzigen Situation zu etwas verpflichten, das Sie später bereuen würden. Nein, ich meine eigentlich, was morgen und in den nächsten Tagen geschehen soll.“
„Vielleicht erzählen Sie mir nun doch zuerst, was Sie dem Polizisten gesagt haben. Ich denke, er hat Sie viel über Mischa ausgefragt.“
„Sie nennen Ihren Bruder auch Mischa?“, fragte Zumstein.
„Nein, Sie haben ihn so gerufen, als Sie heute Nacht vom Garten hereinkamen. Aber es gefällt mir.“
„Ich war ganz überrascht, dass das Haus von der Polizei umstellt war, auf der Straße, im Garten, zwei zogen gerade mit Hunden los, aber offenbar haben sie die Spur verloren. Die Polizisten ließen mich durch, als ich ihnen sagte, wer ich bin und dass ich hier wohne. Ich hörte etwas von Mord. Dann sah ich Sie und glaubte, Sie seien Mischa. Verblüffend diese Ähnlichkeit. Ich wusste dass Sie Zwillinge sind, aber ich habe mir doch nicht vorgestellt, dass man Sie nach so vielen Jahren noch kaum voneinander unterscheiden kann. Im Grunde sehen Sie meinem Freund, als er noch lebte, ähnlicher als dem Toten. Ich habe ihn ja nur rasch gesehen. Aber er sah härter aus.“
„Ja, es ist mir auch