Die Prüfung. Ralf Wider

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Die Prüfung - Ralf Wider Ferry Blacks Abenteuer

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Es war ein Befehl gewesen, der keinerlei Widerspruch zuliess und auch ein Zeichen, dass Paris nicht zum Plaudern aufgelegt war. Irgend etwas musste ihm über die Leber gelaufen sein, dachte Ferry.

      Schweigend stellten sie ihre Teegläser ab und folgten ihrem Vorgesetzten, der mit langen, schnellen Schritten vorausging. Wie Kinder, die man gerade ausgeschimpft hatte, trotteten sie schweigend und mit hängenden Köpfen hinter ihrem Vorgesetzten her. Ferry wagte einen Seitenblick zu Laura und sah, dass sie immer noch mit den Tränen kämpfte. Ihre Kieferknochen standen hervor, ihre Lippen waren fest aufeinandergepresst. Er griff nach ihrer Hand und drückte sie, um ihr zu zeigen, dass er bei ihr war und sie beschützen würde. Alles würde sich aufklären und zum Guten wenden. Diese Gedanken versuchte er in den Händedruck zu legen, auch wenn er selbst im Moment nicht davon überzeugt war. Irgend etwas musste vorgefallen sein. Ferry hatte gar kein gutes Gefühl in der Magengegend.

      Sie trafen Youssef vor seiner reichverzierten Toilette und alle vier traten ein. Youssi transferierte sie nach Essaouira-P1, wo Paris' Toilettentür auf sie wartete. Sie stand direkt vor dem Klotz, der in P0 Youssefs Haus war. Es war von weitem zu erkennen, dass es eine Standard-HQ-Toilette war: Paris war also aus dem Hauptquartier gekommen und würde sie vermutlich auch dort hinbringen. Youssef hob zum Abschied stumm die Hand, dann verschwand er wieder mit seiner Toilette.

      Ohne ein weiteres Wort betraten sie die Toilette, mit der Paris gekommen war. Sie war gross genug für alle drei, auch wenn sie sich nicht setzen konnten, doch das war auch nicht zwingend nötig. Paris war vorangegangen, Ferry hatte Laura den Vortritt gelassen und trat als Letzter ein, zog die Türe hinter sich zu und verriegelte sie automatisch. Ohne die beiden eines Blickes zu würdigen, drückte Paris den Knopf für die Destination HQ-P1. Er hatte ihnen den Rücken zugewandt und starrte geradeaus an die Wand; die Arme hatte er wieder vor der Brust verschränkt. Hinter seinem Rücken tauschten sie fragende Blicke aus. Ferry hob die Schultern und machte mit den Händen ein Zeichen, dass er ratlos war und sich keinen Reim darauf machen konnte, was los war. Laura war leichenblass. Sie senkte den Blick und starrte zu Boden.

      Die Monitore zeigten, dass sie unterwegs waren und eine Computerstimme aus dem Off kündigte an, dass sie im Begriff waren, in Zürich-P1 zu landen. Der Countdown begann herunterzuzählen. Die Transferkapsel ruckelte ganz kurz und es folgte ein feines Zischen, ähnlich einem Seufzer, das ankündigte, dass sie gelandet waren. Paris drehte sich um und trat auf die Tür zu. Laura und Ferry drückten sich an die Wand, um ihm Platz zu machen. Ohne sie anzuschauen, entriegelte Paris die Tür, dann hielt er inne. Er drehte sich zu ihnen um und streckte eine Hand aus.

      "Die Waffen!", sagte er. Sein Gesichtsausdruck liess keinen Zweifel darüber offen, dass er es todernst meinte. "Bitte.", knurrte er hinterher.

      Ferrys Ohren begannen zu glühen; er war kurz davor, zu explodieren. Diese Forderung war nicht nur absurd, sondern eine richtiggehende Frechheit! Youssef hätte ihnen die Waffen abnehmen können, doch er hatte es nicht getan. Paris hätte sie ihnen ebenfalls schon in Essaouira abnehmen können und hatte es nicht getan. Warum also jetzt? Was hatte das zu bedeuten? Hatte er ihnen die Waffen schon die ganze Zeit abnehmen wollen, und sich erst jetzt dazu durchgerungen?

      Ferry starrte seinen Vorgesetzten an, ohne sich zu rühren. Paris starrte kalt zurück. Seine Augen verrieten nichts, sie schienen wie versteinert. Innerlich zählte Ferry bis Zehn, um sich zu beruhigen. Er hatte nicht vor, einen Aufstand zu veranstalten, doch Paris' Verhalten ging ihm massiv gegen den Strich. Er liess seinen Kopf nach links und nach rechts fallen und die Gelenkkapseln knackten geräuschvoll. Dann atmete er tief durch, streckte sich und sah zu Laura hinüber. Sie machte einen Schmollmund wie ein Kind, das sein Spielzeug nicht hergeben will. In ihren zusammengekniffenen Augen las er, dass es ihr genauso ging wie ihm. Sie schielte zu ihm herüber, wohl um zu sehen, wie er sich verhielt. Fast unmerklich nickte er ihr zu; dann griff er langsam an sein Holster, löste den Halteriemen und zog die Waffe mit zwei Fingern heraus. Sein Blick war ebenso eisig wie der von Paris, als er ihm die Waffe hinhielt.

      Aus den Augenwinkeln gewahrte er, dass auch Laura die Waffe aus dem Holster geholt hatte. Einen Moment lang hielt sie sie feuerbereit in der Hand und die Griffschalen leuchteten auf: der Handlinien-Scan hatte sie als Besitzerin der Waffe identifiziert und die Waffe scharf geschaltet! Paris zog eine Augenbraue hoch, verharrte jedoch unbeweglich. Mit der anderen Hand griff Laura den Lauf der Waffe und hielt sie Paris mit dem Griff voran hin. Ihr Blick hatte etwas Drohendes. Scheinbar ungerührt nahm Paris die Waffe an sich und steckte sie zu Ferrys Waffe in seinen Gürtel. Wortlos drehte er sich um, öffnete die Tür und trat hinaus. Sie folgten ihm ins Hauptquartier.

      Die Köpfe aller anwesenden Mitarbeiter drehten sich zu ihnen um, einige standen auf, jemand klatschte. Ferry kannte einige der Anwesenden von früher: in ihren Gesichtern las er Freude und Überraschung. Andere Gesichter zeigten nur blankes Staunen. Das Klatschen erstarb. Paris hatte eine so finstere Miene aufgesetzt, dass alle sich bemühten, schnell wieder an ihre Arbeit zu kommen.

      "Laura! Ferry! Welcome back!", schrie eine Stimme zu ihrer Rechten. Sie erkannten Master Susan, die Kanadierin, die mit weit ausgebreiteten Armen aus ihrem Büro gestürmt kam. Sie strahlte und schien ausser sich vor Freude. Immerhin, dachte Ferry, wenigstens eine Person, die sich zu freuen schien, dass sie zurück waren. Susan hatte sie erreicht und fiel Laura um den Hals und drückte sie fest. Auch Laura schien froh zu sein, dass sich jemand mit ihnen freute und erwiderte die Umarmung. Tränen liefen über ihre Wangen und sie vergrub ihr Gesicht in der Schulter der älteren Frau. Susan tätschelte ihr sanft den Rücken und warf Paris einen vorwurfsvollen Blick zu.

      "It's okay, you're safe now! I am so glad to see you!", flüsterte sie Laura zu. Paris räusperte sich. Nach einem kurzen Moment löste Master Susan die Umarmung, hielt Laura auf Armeslänge und betrachtete sie eingehend von oben bis unten, wohl um zu sehen, ob es ihr wirklich gut ging. Ihre Stirn kräuselte sich kurz, als sie das aufgeschnittene Hosenbein von Lauras Uniform sah. Ferry hatte es aufschneiden müssen, um sich um ihr gebrochenes Bein kümmern zu können. Master Susan schien sich ihre eigenen Gedanken darüber zu machen, sagte jedoch nichts. Wieder strahlte sie Laura an und strich sanft die Tränen von deren Wangen. Wieder räusperte sich Paris, doch Susan ignorierte ihn. Sie war die Leiterin der Kommandozentrale und sie konnte hier tun und lassen, was sie wollte; der Chef der Streitkräfte war hier nur geduldeter Gast und das liess sie ihn mit einem warnenden Blick wissen. Dann wandte sie sich Ferry zu. Erst legte sie ihm ihre Hand auf die Schulter und drückte sie leicht. Sie musterte ihn - wie zuvor Laura - mit prüfendem Blick. Ferrys Ohren begannen zu glühen; er wurde sich bewusst, dass er vermutlich schrecklich aussah. Unrasiert und schmutzig, wie einer, der aus der Wildnis kam! Was ja auch stimmte... Doch Master Susan schien zufrieden mit dem, was sie sah. Sie zog auch ihn in eine feste Umarmung und drückte ihn. Sie hatte mehr Kraft, als man von einer Dame erwarten würde, die um die Siebzig sein musste.

      "Welcome back, Ferry. It's been too long!", sagte sie. Er konnte echte Freude und Mitgefühl in ihrer Stimme hören. Er hatte immer einen guten Draht zur Chefin von Central Command gehabt, als er noch aktiver Commander gewesen war.

      "It's good to be back. Good to see you, Susan.", flüsterte er zurück. Wie immer liess er ihren Rang weg, wie er das bei allen Mitgliedern des Corps tat. Es mangelte ihm nicht an Respekt für Vorgesetzte, doch er betrachtete die Leute lieber als Menschen, als Freunde, denn als Funktionsträger. Auf der anderen Seite hatte er auch nie verlangt, dass man ihn mit seinem Titel ansprach.

      "Susan!", bellte Paris. Er schien Mühe zu haben, sich beherrschen zu können. Wäre er nicht so schwarz gewesen, hätte man wahrscheinlich gut sehen können, dass er vor Wut rot angelaufen war.

      Master Susan liess Ferry mit einem Seufzer los und lächelte ihn aufmunternd an. Sie sah von ihm zu Laura und dann zurück zu ihm. Ein Funkeln trat in ihre Augen; sie schien zu wissen, dass die beiden wieder zusammen waren und es schien ihr zu gefallen. Erneut lächelte sie und nickte den beiden kurz zu.

      "I let you go with your grumpy boss

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