Du hast es mir versprochen!. Wilma Burk

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Du hast es mir versprochen! - Wilma Burk

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einmal so dunkelbraune Augen gesehen, wie der neue Mieter sie hat?“

      „Sag nur, du hast ihn dir so genau angeschaut“, wunderte sich Marita und stutzte.

      Doch Vera schwärmte weiter: „Du musst mal sehen, wie er läuft, der weiß, was er will. Das ist kein kleiner Junge mehr.“

      „Du hast ihm doch nicht etwa zu tief in die Augen geblickt? Er ist bestimmt schon weit über zwanzig. Der ist viel zu alt für uns!“, meinte Marita.

      Vera aber fand ihn nicht zu alt, sie war verliebt, zum ersten Mal verliebt und nicht in so einen grünen Jungen, mit denen Marita sich abgab. Sie hatte nur Augen für Bernd Reuter. Jede Gelegenheit suchte sie, um ihm zu begegnen. Bemerkte er es? Wohl nicht – oder tat er nur so?

      Erst an dem Tag, als Vera erfahren hatte, dass ihr Vater gestorben war, kam sie mit ihm ins Gespräch. Der Vater war nur fünfundfünfzig Jahre alt geworden.

      „Das hat er nun davon, dass er sich mit so einem jungen Ding eingelassen hat! Viel zu anstrengend ist so ein Weib.“ Das war der ganze Kommentar der Mutter dazu, als sie es Vera mitteilte.

      Vera sagte nichts. Nun war der Vater wirklich für immer gegangen, nur das ging ihr durch den Sinn. Sie lief über den Hof zum Schuppen und verkroch sich in der Ecke neben den Kaninchenställen, wie früher als Kind. Sie weinte um eine letzte verlorene Hoffnung. Nun konnte er nichts mehr gutmachen, sie ihren Zorn nie mehr verlieren. Selbst jetzt, da sie längst begriffen hatte, dass die Eltern zu verschieden gewesen waren, um gut miteinander leben zu können, schmerzte es sie, dass er damals so einfach weggegangen war.

      Leise wurde die Tür des Schuppens geöffnet. Neugierig schaute Bernd Reuter herein.

      Vera drückte sich noch tiefer in die Ecke.

      Er sah sie nicht. „Kaninchen! Hier gibt es Kaninchen“, sagte er vor sich hin, nahm ein heruntergefallenes Blatt Sauerampfer auf und schob es dem einen durch das Stallgitter zu. „Da, Mümmelmann, das muss nicht verkommen“, murmelte er. Die anderen Kaninchen drängten sich dazu, sie wollten auch etwas abbekommen. Er sah sich suchend nach weiteren grünen Blättern um. Dabei entdeckte er Vera. „Oh, ich habe Sie nicht gesehen. Sind das Ihre Kaninchen?“

      Vera schüttelte den Kopf, schnäuzte sich und wischte sich verschämt über die Augen. Das Blut stieg ihr zu Kopf. Warum kam er ausgerechnet jetzt? Sie musste furchtbar aussehen, so verheult.

      „Sie haben geweint?“

      „Ach, was!“ Das klang sicher ablehnender, als sie es wollte.

      „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, bot er sich an.

      „Nein!“

      „Wirklich nicht?“

      Warum ging er nicht? Vera fühlte sich unbehaglich und zugleich seltsam erregt.

      Er blieb und musterte sie mitleidig. Oder neugierig?

      Am liebsten wäre sie aufgestanden und weggelaufen. Nur stand er dazu im Weg. So blieb sie wie gelähmt sitzen.

      „Wollen Sie sich nicht helfen lassen? Warum versuchen Sie es nicht?“ Er war hartnäckig, ließ sich durch ihr ablehnendes Verhalten nicht wegschicken und setzte sich sogar wie selbstverständlich dicht neben sie an die Erde. Sie zog sich in ihre Ecke zurück, so weit sie konnte, und schlang die Arme um ihre Knie. Doch ihr Herz pochte, wie sie es noch nie verspürt hatte. Als er ihr väterlich sacht eine Strähne ihres langen Haares aus dem Gesicht strich, so, wie es vielleicht ihr Vater getan hätte, hielt sie es kaum aus, sie schniefte und schluchzte heftig auf.

      „Manchmal hilft es, wenn man über das spricht, was Kummer bereitet. Ich kann gut zuhören“, redete er auf sie ein.

      Nur einen Moment noch dachte Vera: ‚Wie kommt dieser Fremde dazu?’ Dann überwog der Wunsch in ihr, ihm vertraut zu sein. Sein überlegenes Lächeln, seine fast väterliche Sicherheit, machten es ihr leicht, eine Schwelle der Fremdheit zu überschreiten. Stockend begann sie ihm davon zu erzählen, dass ihr Vater gestorben war.

      Er sagte nichts, sah sie nicht einmal an, saß nur da und hörte ihr aufmerksam zu.

      So redete sie weiter. Nur, wie sollte sie ihm sagen, dass sie um einen Vater weinte, den sie so sehr hasste, weil sie ihn einmal über alle Maßen geliebt hatte. Wie sollte er das verstehen, was sie selbst nicht verstand? Sie wollte es nicht, und doch brach es aus ihr heraus. Alles erzählte sie ihm, ihre ganze Not, diesem ihr noch Fremden, der sich mit wenigen Worten und Gesten in ihr Vertrauen geschlichen hatte.

      Schweigend hörte er alles an, unterbrach sie nicht. All ihren verworrenen Gedankengängen lauschte er. Zuletzt nahm er ihre Hand und drückte sie mitfühlend. „Ich verstehe! Eine Scheidung der Eltern ist für ein Kind immer schwer. Sie hinterlässt Ratlosigkeit und fast unheilbare Verletzungen.“

      Diese mitleidsvolle Geste ließ sie erneut in Tränen ausbrechen.

      Er rückte näher an sie heran, legte tröstend seinen Arm um sie und strich ihr über das Haar, genau wie der Vater es einst getan hatte. Wie hatte sie sich danach gesehnt, einmal wieder so in den Arm genommen zu werden, und er tat es. Vera wehrte sich nicht; sie ließ es geschehen. Sie gab sich ganz diesem Gefühl hin, ihm nah zu sein. Doch es verwirrte sie zugleich.

      Als sie sich beruhigt hatte, richtete sie sich auf. Er zog seinen Arm sofort zurück. Scheu blickte sie im Dämmerlicht des Schuppens zu ihm.

      „Es ist trotzdem schwer, ich weiß. Es ist die Endgültigkeit, die so ein Tod mit sich bringt, wenn jede Hoffnung auf Versöhnung damit begraben werden muss. Das ist das Schlimmste daran“, sagte er, als hätte sie danach gefragt.

      Ja, genau das war es, was sie empfand.

      Es war ihr unheimlich. Es war, als würden sie beide sich nicht nur mit Worten verständigen können, sondern auch mit Blicken und Gedanken. Es überkam sie ein ihr bisher unbekannter Zwang, sich noch näher an ihn zu drängen, ihn zu spüren, seinen Körper zu berühren, seine Nähe zu atmen. Das machte sie unsicher und ließ sie wie gehetzt aufspringen. „Danke, es geht schon!“, rief sie und strebte gegen ihren eigenen Willen von ihm fort.

      Er folgte ihr. Sie gingen zusammen über den Hof. Dann hatte es Vera eilig, in die Wohnung zu kommen.

      „Wo warst du?“, fragte die Mutter und musterte sie. „Hast du geweint? Etwa um deinen Vater?“

      „Und wenn?“

      „Du glühst ja. Was ist los? Hast du vergessen, was er uns angetan hat, wie wortbrüchig er geworden ist? Ob er nun lebt oder tot ist, du hattest schon lange keinen Vater mehr.“

      „Wie kannst du so reden?“

      „Sag bloß, du hast dir noch Hoffnungen gemacht, dass er eines Tages zurückkommt?“ Die Mutter schien verärgert.

      „Nein, natürlich nicht!“, antwortete Vera gereizt, ging in ihr Zimmer und warf die Tür zu. Aber stimmte das überhaupt? Hatte sie nicht doch darauf gehofft, trotz ihres Zorns? Vera wusste es nicht.

      *

      Eine seltsame Zeit folgte. Einerseits wollte Vera Bernd Reuter am liebsten aus dem Weg gehen, andererseits fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Sie wurde immer erfinderischer, um ihm zu begegnen, auch wenn sie sich wie gelähmt fühlte, sobald sie ihn sah. Zuerst

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