Liebe findet immer einen Weg. Monica Maria Mieck – Herausgeber Jürgen Ruszkowski

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Liebe findet immer einen Weg - Monica Maria Mieck – Herausgeber Jürgen Ruszkowski

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Sie starb in der Ferne in einem Altersheim auf Nordstrand, wo ich ihr Grab nach langen Jahren wiederfand. Wie wichtig sie für mich als Kind war, hat sie vielleicht gar nicht gewusst. Großmütter können so wertvoll für ihre Enkelkinder sein! Oftmals können sie so liebevoll ausgleichen. Heute noch möchte ich meine Großmutter so vieles fragen.

       Brot-Erinnerungen

      1939 soll die Mutter mich mit Weißbrot-Bröckchen gefüttert haben.

      1943 hatte ich den säuerlich-deftigen Geschmack des Kommissbrotes täglich auf meiner Zunge. Mein Vater brachte die großen, dunklen Soldaten-Brote aus der Kaserne zum Sattessen mit.

      1945 nach der Kapitulation warfen britische Soldaten Scheiben schneeweißen Brotes in die grünen Straßengräben. Wir Kinder stillten damit unge­niert unseren Hunger.

      1945 es war im Winter, als ich gemeinsam mit meinen älteren Brüdern an vielen Haustüren der einheimischen Landbevölkerung um Brot bettelte. Und so manche Schmalzschnitte wurde uns Flüchtlingskindern geschenkt.

      1946 säumten viele Menschen die abgeernteten Kornfelder und warteten geduldig, bis der Bauer mit der „Hungerharke“ über das Stoppelfeld gestrichen war. Erst danach durften wir die wenigen verbleibenden Ähren aufsammeln. Und manchmal konnte ich abends vor Hunger kaum einschlafen.

      1947 stand ich stundenlang in der langen Schlange vor dem Bäckerladen, um ein Maisbrot zu ergattern. Meine Mutter tauschte auf dem Schwarzen Markt ihre einzige Uhr für Brot ein.

      1950 konnte ich schon wieder unter vielen Brotsorten im Bäckerladen auswählen.

      1965 kochte ich aus hart gewordenem Brot eine wohlschmeckende Brotsuppe. Damit wollte ich auch meinen Kindern ein Beispiel geben, dass sie niemals Brot wegwerfen sollen.

      1970 teilte ich mit unangemeldetem Besuch mein letztes Brot, das ich im Hause hatte.

      1980 warf ich ein halbes verschimmeltes Brot in den Abfalleimer. Mein Gewissen schrie dabei.

      1985 aß ich manchmal Knäckebrot, um schlank zu bleiben.

      1994 genieße ich in aller Ruhe eine Scheibe trockenen Brotes und stelle fest, wie köstlich sie schmeckt.

      Brotabhängig werde ich bleiben – lebenslang.

      Kindheitswintertage

      In Hinterpommern waren damals vor fast sechzig Jahren die Winter sehr beständig. Der Schnee lag öfter wochenlang, und es war bitterkalt. Man brauchte im Winter die Doppelfenster. Der Vater hatte sie rechtzeitig im Herbst aus der Dachkammer, in der sie den Sommer über stationiert waren, herunter getragen und in die Rahmen eingesetzt. Von der Mutter waren die Glasscheiben blitzblank geputzt worden. Es war alles für den Einzug des Winters vorbereitet. Auch das Brennholz und die Briketts zum Beheizen der Kachelöfen waren im Keller aufgestapelt.

      Eines Nachmittags, der Himmel war schon den ganzen Tag über so grau, schneevolle Wolken hingen tief und schwer, fing es ganz langsam an zu schneien. Weiße Flocken tanzten lustig auf die Erde hernieder. Das kleine Mädchen hatte aus Steinbauklötzen Häuser gebaut, in denen die „Mensch-ärgere-Dich-nicht“-Puppen zu lebendigen Menschen wurden. Es war ganz in dieses Spiel versunken, da rief einer der beiden älteren Brüder: „Es schneit, guck mal, es schneit!“ Schnell lief das Mädchen ans Fenster und drückte das Näschen neugierig an die Scheibe, und das Herz hüpfte vor Freude, machte Luftsprünge beim Anblick des fallenden Schnees. Verzaubert sahen Bäume, Zäune, die ganze Erde aus. Temperamentvoll bat es gleich den Vater, ihr doch den Rodelschlitten vom Boden zu holen. Aber der machte ihm verständlich, dass erst noch viel mehr Schnee fallen müsse, damit der Schlitten auch gleiten könne.

      Aufgeregt, erwartungsvoll und ungeduldig blieb das Kind dann auch eine ganze Zeit am Fenster stehen, bis der Vater die Schneedecke für hoch genug zum Rodeln befand. Es ließ ihm auch nicht eher Ruhe, bis er den Schlitten die Treppen herunter getragen hatte. Inzwischen hatte es sich Trainingshosen, Mantel, Mütze und Handschuhe angezogen. Die älteren Brüder wollten natürlich auch im ersten Schnee dieses Winters rodeln. Zum Lenken brauchte sie ohnehin noch einen verlässlichen Steuermann. Sie stapften gemeinsam durch den pulvrigen Schnee und zogen vereint den Schlitten hinter sich her. Am größten Berg angekommen, fuhren sie die steilsten Abhänge, glattesten Bahnen herunter.

      Kalter Wind sauste um ihre Köpfe. Mit geröteten Wangen zogen sie den Schlitten nach jeder Abwärtsfahrt wieder den Berg hinauf. Die Herzen jubelten, die Kinder lachten, der Schnee wurde aufgewirbelt. Ehe sie es bemerkten, legte die Dunkelheit ihren schwarzen Mantel sanft über die weiße Pracht.

      Nasse Wollhandschuhe, kalte Füße, leere Mägen, so zogen sie etwas müde, aber herrlich ausgetobt, zufrieden ihren Schlitten an vereister Schnur nach Hause. Bei Muttern war es wohlig warm, und sie hängten die nassen Kleidungsstücke neben den großen Kachelofen zum Trocknen auf. Aus der Ofenröhre kamen Düfte zischender Bratäpfel. Sie labten sich an dieser heißen süßen Köstlichkeit und gingen dann selig trunken in ihre Betten. Nachts träumte das kleine Mädchen, dass der Schnee noch lange liegen bleiben möge.

      Wir alle sind nur

      Durchreisende

      auf dieser Erde.

      Wir sollten nicht

      so viel Gepäck

      aufhäufen,

      sonst verbauen wir

      uns den Horizont und

      verlieren

      das Ziel

      aus den Augen.

      Danke, meine Jüngste

      Nun bist auch du fort gegangen. Ja, es ist an der Zeit, du bist erwachsen und möchtest dich noch mehr loslösen von deinen Eltern. Deine Geschwister sind schon lange selbständig und fortgezogen. Doch du hast unser gemeinsames Nest immer noch mit deinen jugendlichen fröhlichen Federn gewärmt. Schon frühzeitig habe ich dich zu großer Eigenständigkeit erzogen, und plötzlich wundere ich mich, dass du so gut allein fliegen kannst. Mein Verstand kann das sehr gut nachvollziehen, dennoch schmerzt es meine Seele. Es ist wie ein kleiner Abschied, diese räumliche Trennung, und Abschiednehmen tut auch immer wieder weh. Ich habe in meinem Leben das Hergeben vielleicht nicht oft genug als etwas Selbstverständliches angesehen. Je mehr ich mich aber bewusst im Loslassen übe, und das muss ich wohl noch oft tun, sehe ich diesen Abschied aus einer ganz neuen Perspektive, die mir keinen Grund zum Traurigsein lässt. Wie eine Beschenkte sehe ich mich dann und blicke

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