Königreich zu verschenken. Nicole Gozdek
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Читать онлайн книгу Königreich zu verschenken - Nicole Gozdek страница 16
„Der Weihnachtsball letztes Jahr“, frischte Stein ihre Erinnerung auf. „Aber kein Wunder, dass Ihr Euch daran nicht mehr erinnert. Ihr müsst Tausenden von Leuten die Hand geschüttelt haben.“
Jetzt erinnerte sich Karolina wieder. Ihr Großvater hatte seinen jährlichen Weihnachtsball gegeben und sie hatte zum ersten Mal daran teilgenommen, nachdem sie im Jahr zuvor mit einer Erkältung im Bett gelegen hatte.
Daniel machte ein verdutztes Gesicht. „Wieso sollte er dich von einem Foto her kennen?“, fragte er verwirrt. „Arbeitest du nebenbei als Model?“
Karolina war so verblüfft, dass sie im ersten Augenblick nicht wusste, was sie sagen sollte. Dann erinnerte sie sich daran, dass Daniel noch weniger über sie wusste als Marie und Philipp oder gar John.
„Ich muss euch etwas gestehen“, meinte sie zerknirscht, doch sie schaute nur Marie an, deren Meinung als einzige für sie zählte. „Diese Feier meines Großvaters gestern, von der ich dir erzählt habe, war keine einfache Feier mit Bekannten oder Freunden. Auch würden zu einer solchen Feier niemals weniger als fünfzig Leute kommen“, meinte sie wehmütig, als sie an die gemütliche, kleine Grillparty von Maries Eltern dachte, zu der sie vor einem Jahr eingeladen gewesen war. „Ich schätze sogar, dass man in unseren Kreisen auch bei hundert oder zweihundert Personen noch von einer kleinen Feier sprechen würde.“
„Deine Eltern haben anscheinend richtig Kohle!“, entfuhr es John.
„Mein Großvater“, verbesserte Karolina ihn. „Ja, er hat richtig Kohle, wie man so schön sagt. Wahrscheinlich sogar noch mehr als seine Familie“, sagte sie und blickte kurz zu Stein hinüber, „nicht dass es bei diesen Größenverhältnissen eine Rolle spielen würde. Theoretisch könnte ich mir jeden Tag ein neues Kleid kaufen, Champagner schlürfen und mich durch die Gegend kutschieren lassen.“
Marie nahm dieses Geständnis regungslos auf. Karolina konnte ihrer Miene nicht entnehmen, was sie dachte. Daniel hingegen schien schwer beeindruckt zu sein, während Philipp sie ungläubig und John sie ablehnend anstarrten. Würde sie jetzt ihre Freunde verlieren?
„Das war also gestern keine Party“, sagte Marie schließlich und brach damit das unangenehme Schweigen. „Und was war es stattdessen?“
Karolina hätte am liebsten geseufzt, aber sie zwang sich, auf Maries Frage einzugehen. „Ein Empfang. Das heißt, man lädt aus irgendeinem Grund, manchmal nur, um im Gespräch zu bleiben, Hunderte von Leuten zu sich ein, die sich dann alle ein neues Kleid oder einen neuen Anzug kaufen müssen, damit alle steif herumstehen und belangloses Zeug austauschen und über die anderen Gäste tratschen.“
„Und über diejenigen, die nicht eingeladen worden sind“, fügte Stein hinzu und grinste. „Karolina hat Recht, das Ganze geht doch eher etwas steif über die Bühne. Ich habe mich auch schon mehrmals bei der Frage ertappt, was das Ganze soll.“
„Und warum hast du uns das nicht erzählt?“, wollte Philipp wissen.
Karolina fühlte eine Welle von Furcht in sich hochsteigen. „Ich hatte Angst davor, wie ihr darauf reagiert“, gestand sie leise. „Wisst ihr, Verwandte kann man sich nicht aussuchen und auch nicht, ob sie Geld haben oder nicht, und obwohl ich das nicht möchte, gehöre ich nun mal in andere soziale Kreise als ihr. Zu den Reichen.“
„Zu den Mackern“, fügte Marie hinzu. Noch immer war ihrer Miene nichts zu entnehmen. Karolina wünschte sich beinahe verzweifelt, dass sie irgendeine Reaktion zeigen würde, wütend, fassungslos oder ungläubig war, aber nicht diese kühle Teilnahmslosigkeit.
„Ja“, flüsterte sie traurig.
Philipp guckte betreten. Verschämt trat er von einem Fuß auf den anderen. „Karo, so haben wir das doch gar nicht gemeint. Nicht jeder Reiche ist ein schlechter Mensch und dass wir über die meisten Reichen lästern, heißt nicht, dass wir dich nicht mögen, so wie du bist. Ich finde dich echt in Ordnung, auch wenn dein Großvater Kohle hat. Ich habe doch Recht, meint ihr nicht auch?“ Hilfesuchend sah er die anderen an. Karolina seufzte erleichtert.
„Nein!“, sagte John hart und funkelte Karolina so hasserfüllt an, dass sie zusammenzuckte. „Die hat uns - euch - doch die ganze Zeit nur etwas vorgemacht! Du wirst doch jetzt nicht etwa auf diesen Mist reinfallen wollen, Philipp! Ich bin zwar reich, aber im Grunde bin ich doch nicht anders als ihr!“, höhnte er und äffte Karolinas Stimme nach.
Karolina spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten, während Stein neben sie trat, den Arm um sie legte und John wütend anfunkelte. Wie konnte er so etwas nur sagen!
„Und der ist auch nicht besser!“, zischte John den Anwalt an. „Erzählt uns, dass er uns helfen will! Als bräuchten wir seine Hilfe und müssten Freudensprünge machen, wenn der Herr Anwalt uns mit seiner Gegenwart beehrt!“
„John!“, protestierte Philipp erschrocken. „Was soll das? Das meinst du doch nicht ernst!“
„Doch!“, sagte John fest. „Das meine ich ernst, todernst sogar! Der Kerl soll verschwinden, wir brauchen seine Hilfe nicht! Wozu auch? Ihr habt das Gesetz gebrochen! So ein Unsinn! Der will uns doch nur eine Strafpredigt halten, damit er auf uns runterschauen kann! Der genießt das doch richtig!“
Unsicher mischte sich nun auch Daniel ein. „Also ich denke, wir brauchen einen Anwalt“, erklärte er leise. „Und ich glaube Herrn Stein auch, wenn er sagt, dass er uns helfen will. Ich möchte nicht im Gefängnis landen. Diese eine Nacht hat mir gereicht.“
Philipp und Marie nickten. Ungläubig starrte John sie an.
Das Schweigen schien sich endlos hinzuziehen. Irgendwann schüttelte John den Kopf. „Anscheinend kann man euch nicht mehr helfen. Bitte schön, dann lasst euch doch von diesem Rechtsverdreher beraten und macht lieb Kind mit dieser reichen Heuchlerin, aber ich mache da nicht mit!“, zischte er, drehte sich auf dem Absatz um und stürmte zur Tür hinaus, ohne ihnen noch einen einzigen Blick zu gönnen.
Schließlich räusperte sich Marie und legte Karolina den Arm um die Schulter. „Keine Bange, der wird sich schon wieder beruhigen, Karo! Du kennst doch John, er regt sich schnell über irgendetwas auf und bereut es später meistens.“
„Meistens, aber nicht immer“, meinte Karolina. Trotzdem fiel ihr ein großer Stein vom Herzen. „Du bist nicht mehr wütend auf mich?“, fragte sie.
Marie schüttelte den Kopf. „Ich musste an unsere erste Begegnung denken“, erzählte sie. „Ich glaube, wir haben dir gar keine Chance gegeben, uns von deinem reichen Großvater zu erzählen, da John und Philipp gleich wieder über diesen rücksichtlosen Porschebesitzer und danach über die Reichen im Allgemeinen gelästert haben. Ich glaube, unter diesen Umständen hätte ich genauso gehandelt.“
„Danke.“
Marie lächelte. „Aber eines musst du mir versprechen, Karo!“
„Was?“, wollte Karolina verdutzt wissen.
„Dass du uns mal zu dir einlädst! Was denn sonst!“ Sie grinste. „Ich wollte schon immer mal so eine richtig tolle Villa von innen sehen und so wie ich das sehe, habe