Königreich zu verschenken. Nicole Gozdek
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Königreich zu verschenken - Nicole Gozdek страница 17
„Gerne“, erwiderte Karolina erleichtert.
Stein nickte zufrieden. „Ich denke nicht, dass Ihr Großvater etwas dagegen haben wird, wenn er sich erst einmal wieder beruhigt hat. Manchmal kann er ein richtiger Drache sein.“
„So, so, du hältst mich also für einen Drachen, Thomas!“, polterte Karolinas Großvater hinter ihnen.
Daniel, Philipp und Marie fiel vor Überraschung die Kinnlade herunter. Das hatten sie nun wirklich nicht erwartet!
Karolina zuckte zusammen. Das durfte doch nicht wahr sein! Wie hatte er nur so schnell davon erfahren? Das konnte ja heiter werden!
Stein lächelte leicht zerknirscht. „Schuldig im Sinne der Anklage“, bekannte er, doch schuldig sah er gar nicht aus.
Langsam drehte sich Karolina zu ihrem Großvater um und zuckte unter seinem zornigen Blick zusammen. Das Schlimmste daran war, dass sie seine Wut dieses Mal nur zu gut nachvollziehen konnte.
„Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich.
„Das sollte es auch!“, donnerte er sofort zurück. Doch dann wurde sein Gesicht weicher und Karolina erschrak, als sie sah, wie alt ihr Großvater dadurch wirkte.
„Keine Strafpredigt heute?“, fragte sie kleinlaut.
„Heute nicht. Und was sollte sie auch bringen? Du hörst ja doch nie auf mich. Nein, das überlasse ich lieber anderen.“ Er drehte sich um zur Tür. Karolina folgte seinem Beispiel und bekam einen fürchterlichen Schreck.
Anna!
Oh, Scheiße!
6
Peter versuchte die Kopfschmerzen, die ihn schon seit dem frühen Morgen hartnäckig verfolgten, zu ignorieren. Nachdem die Tür hinter dem jungen Mann ins Schloss gefallen war, hatte er noch einige Zeit mit Grübeln verbracht und war zeitig ins Bett gegangen. Doch seine Wunden hatten ihn den größten Teil der Nacht vom Schlafen abgehalten. Als er doch endlich eingedöst war, hatten Albträume von vampirgleichen Frauen und alten Hexen seinen Schlaf heimgesucht. Er glaubte, sich vage daran zu erinnern, dass in seinen Träumen auch ein junger Mann vorgekommen war, der die Ungeheuer verjagt und ihn gerettet hatte. Natürlich war es ein reiner Zufall, dass die Hauptakteure seiner Träume seinen Bekanntschaften vom Vortag ähnelten.
Fast hätte er sich davon überzeugen können, dass der vergangene Tag ein Tag wie jeder andere und nicht der schlimmste Tag seines Lebens gewesen war. Diese unendliche Peinlichkeit! Allein die Erinnerung daran trieb ihm die Schamesröte ins Gesicht. Er konnte nur beten, dass keiner, den er kannte, je davon erfuhr.
Ein greller Lichtstrahl ließ ihn zusammenzucken. Sein Kopf fühlte sich an, als würde er im nächsten Augenblick platzen. Wie gut, dass er wenigstens nicht fahren musste!
Peter hatte morgens den ersten Flug genommen und versucht, die irritierten Blicke zu ignorieren. Die Sicherheitsbeamten hatten ihn sehr sorgfältig beobachtet und Peter war erst nach ein paar Minuten klar geworden, dass sie ihn für einen Kriminellen gehalten hatten. Doch zum Glück hatten sie sich aufs Beobachten beschränkt und ihn und sein Gepäck nicht genauer unter die Lupe genommen. Nur das Durchleuchten war etwas heikel gewesen, aber zum Glück hatte er es mit einer Frau zu tun gehabt, die ihn nun, dank eines kleinen Missverständnisses, für einen liebevollen Familienvater hielt anstatt für einen Schwerverbrecher und ihm heimlich geholfen hatte.
Im Flugzeug hatte er dann endlich seine Ruhe gehabt. Die erste Klasse war fast leer gewesen und keiner hatte versucht, ihn in irgendwelche Gespräche zu verwickeln, oder mitfühlende oder spöttische Bemerkungen gemacht. Er war es leid, immer wieder erklären zu müssen, wie er zu seinen Verletzungen gekommen war.
Am Nachmittag war er dann endlich gelandet und irgendjemand hatte ihm einen Wagen mit Chauffeur geschickt. Peter verzog das Gesicht, als er an die hämische Miene des Chauffeurs dachte. Aber der Mann wusste, dass gehässige Worte ihn den Job kosten würden, und so hatte Peter wenigstens vor ihm seine Ruhe.
Ein leises Rascheln ließ ihn nach seiner Sporttasche gucken, die neben ihm auf dem Sitz stand. Aber er hatte sich geirrt, das Geräusch kam nicht von ihr, sondern von der Zeitschrift, die zu Boden gerutscht war. Peter ließ sie, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, auf dem Boden liegen. Das Bücken fiel ihm immer noch schwer und das würde wohl in den nächsten Tagen auch noch so bleiben.
Müde sah Peter aus dem Wagenfenster, als das große Haus, in dem seine Familie schon seit Generationen lebte, in Sicht kam. Endlich zu Hause!
Ungeduldig wartete er darauf, dass der Wagen hielt. Der Fahrer stellte den Motor ab und stieg aus. Dabei ließ er sich Zeit und Peter ertappte sich bei dem Gedanken, dass der Mann es nicht gewagt hätte, bei einem anderen aus seiner Familie so zu trödeln, aber Peter war bekanntermaßen auch der Einzige, der sich nie beschwerte. Peter wusste, dass es ihm manchmal an Durchsetzungskraft mangelte. Er war zwar ein guter Schlichter, aber ein schlechter Befehlshaber. Um Befehle zu geben, fehlte ihm einfach die nötige Autorität. Oder der nötige Wille, wenn er ehrlich war.
Natürlich kam sein Fahrer auch nicht auf den Gedanken, ihm aus dem Wagen zu helfen. Er quälte sich mühsam aus dem Sitz, richtete sich langsam auf und schnappte sich seine Tasche. Selbst wenn der Fahrer angeboten hätte, sie zu tragen, diese Tasche hätte er ihm nie im Leben überlassen. Dafür war ihm ihr Inhalt zu wertvoll.
Dubois, ein alter Freund und Ratgeber seines Großvaters, begrüßte ihn. Kritisch musterte er Peter und ihm entgingen weder die Kratzer noch sein steifer Gang. Doch er wartete, bis der Fahrer nicht mehr in Hörweite war, bevor er den Mund aufmachte. „Nun, Junge, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du hast dich geprügelt“, meinte er, „aber das würde ich eher deinen Brüdern zutrauen als dir. Was war los? Musstest du die gegnerischen Parteien mit Gewalt wieder zur Vernunft bringen?“
Peter schüttelte den Kopf und seufzte. „Nein, das war nicht nötig. Die Verhandlungen waren zwar schwierig, aber nicht so schwierig. Ein bedauerliches Missverständnis war die Ursache“, erwiderte er ausweichend und hoffte, Dubois würde es dabei belassen.
„Schönes Missverständnis! Aber andererseits, was will man von einer Nation, in der fast jeder eine Waffe besitzt, auch anderes erwarten! Du hast wahrscheinlich noch Glück gehabt, dass du nicht angeschossen worden bist!“, wetterte er. „Ich habe dir doch gesagt, dass New York ein gefährliches Pflaster ist und dass du auf jeden Fall Bodyguards mitnehmen sollst, aber nein, der Herr hört ja nicht auf mich! Wenigstens deinem Großvater hätte dies bewusst sein sollen!“
Bodyguards? Widerwillig schüttelte Peter den Kopf. Er mochte es nicht, jederzeit von fremden Menschen beobachtet zu werden, und er sah nicht ein, wozu sie nötig sein sollten. Wer würde ihn denn schon entführen, um ein Lösegeld von seiner Familie zu erpressen? Dubois und sein Großvater waren zwar anderer Ansicht, aber wenigstens hatte sein Großvater nachgegeben, was Reisen nach Amerika und Asien anging. Nun wurde er nur noch in Europa von Bodyguards verfolgt. Was Peter zum Anlass nahm, so viel Zeit wie möglich auf anderen Kontinenten zu verbringen.
Dubois schimpfte immer noch auf Amerika und seinen Starrsinn, als Peter, der seine Hetztiraden leid wurde, einwarf: „Was gibt es hier Neues? Wie geht es Großvater und meinen Geschwistern? Gestern war doch der Empfang, nicht wahr?“
Dubois verstummte abrupt. Sie näherten sich dem Korridor, der zum Arbeitszimmer seines Großvaters führte, aber Dubois antwortete immer noch nicht. Peter fühlte Angst