Die hohle Schlange, das Labyrinth und die schrecklichen Mönche von Bresel. Gerhard Gemke

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die hohle Schlange, das Labyrinth und die schrecklichen Mönche von Bresel - Gerhard Gemke страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Die hohle Schlange, das Labyrinth und die schrecklichen Mönche von Bresel - Gerhard Gemke

Скачать книгу

„Ja!“

      „Also. Wie ich euch versprochen habe, geht's heute um Burg Knittelstein. Ihr braucht nicht mitzuschreiben, mir reicht schon, wenn ihr zuhört und nicht unter dem Tisch Mau-Mau spielt.“

      Ein paar schuldbewusste Hände wanderten auf die Tischplatte zurück. Die Lehrerin drehte sich zur Tafel und klappte sie auf. Dort ritt ein Kreideritter in voller Rüstung mit gezücktem Schwert übers Tafelgrün, und ein „Ohhh!“ ritt durch die Klasse.

      „Also“, sprach Anke Rufus, „hört zu. Es gab mal einen Ritter, der hieß Kunibald und lebte im Namloser Tal. Das liegt heute in Österreich, in den Lechtaler Alpen. Eines Tages stand er vor der Wahl, dort zu verrosten, oder sein Glück woanders zu suchen. Da tat er, was Leute seines Schlages damals so machten. Er sammelte in den Kaschemmen der Umgebung ein paar Spießgesellen und lebte prächtig. Und zwar auf Kosten aller, die nicht bei drei das Weite gesucht hatten. Als in seiner Heimat nichts mehr zu holen war, zog er den Lech hinab. Genauer: er fiel in unsere Gegend ein und raffte alles zusammen, was die Schwaben nicht schnell genug im Breselwald vergraben konnten. Dann ließ er für sich und seinen Haufen ein Häuschen mit Turm und Zugbrücke bauen. Oben auf dem Breselberg. Ihr ahnt es schon: Burg Knittelstein. Die wurde vor exakt eintausend Jahren fertig und von der Ritterhorde bezogen, da sind sich die Experten einig. Das Jubiläum soll in diesem Jahr, wie ich hörte, ganz groß gefeiert werden.“

      Und mehr zu sich selbst fügte sie hinzu: „Falls unser Stadtrat endlich in die Gänge kommt.“ Dann wandte sie sich zurück an die Klasse.

      „Ungefähr zur selben Zeit gründeten ein paar Handwerker und Bauern ein Dorf und nannten es nach dem Berg. Nämlich Bresel. Kunibald ließ sie gewähren. Er schloss mit ihnen sogar einen Vertrag. Der hängt noch heute in der Rathaushalle. Nach den Ferien werden wir ihn besichtigen und einen Aufsatz darüber schreiben.“

      Die Klasse stöhnte. Anke Rufus überhörte es.

      „Dieser Vertrag besagt, dass die Knittelsteiner Ritter all denen ein friedliches Leben zusicherten, die einen Teil ihrer Ernte oder sonstigen Einkünfte auf der Burg ablieferten. Das kann man nett finden, weil die Breselner wenigstens den Rest behalten durften. Man kann das natürlich auch Schutzgelderpressung nennen. Heutzutage würde Kunibald dafür hinter Schloss und Riegel landen. Damals aber errichteten ihm die erleichterten Breselner ein Denkmal. Einen Brunnen mit Kunibald als eisernem Ritter oben drauf. Den kennt ihr ja. Der steht auf unserem Marktplatz. Freddie, lies mal den Zettel vor, den dir Jan eben rübergeschoben hat.“

      Freddie wurde knallrot und breitete langsam einen Wisch auf seinem Tisch aus. Irgendwas stand in krakeliger Schrift darauf.

      „Nun?“ Die Lehrerin knipste ungeduldig mit ihren Kugelschreiber.

      „Es kam eines Tages nach Bresel, ein …“ Freddie stockte und schaute verzweifelt zu Frau Rufus hinüber. Die Lehrerin nickte ihm zu, ohne eine Miene zu verziehen. „Weiter.“

      „… ein ausgemachter Esel. Der hatte ein Kinn wie die Schnauze vom Wolf – und hieß Radolf.“

      Immerhin lächelte Frau Rufus. Wenn auch sparsam. „Ist dieser Radolf ein Ritter?“

      „Nee.“ Jan grinste verlegen. „Unser Vermieter.“

      „Aha. Der wird nicht erfreut sein, das zu lesen. Freddie, den Zettel!“

      „Aber – Frau Rufus …“ Jan sah sie flehentlich an.

      „Also“, die Lehrerin war verhandlungsbereit, „wenn ihr versprecht, bis zum Schluss der Stunde …“

      „Soll nicht wieder vorkommen“, beeilte sich Freddie, und Jan nickte hastig.

      Anke Rufus kassierte den Zettel und ging zur Tafel zurück. In der folgenden halben Stunde erzählte sie von den blutigen Kreuzzügen im 11. Jahrhundert, an denen sich auch die Knittelsteiner beteiligten. Bis auf einen gewissen Ritter Ademar, der die Hosen voll hatte, und sich unter der Burg im Breselberg verkroch. In irgendwelchen Stollen, aus denen er nie wieder auftauchte. Man munkelt, seine Rüstung halte noch heute Wache im Berg und stürze sich auf ungebetene Besucher.

      Anke Rufus berichtete von den grausamen Raubzügen des Arnulf von Breselberg-Zoffhausen, dessen Stammbaumverästelungen vermutlich bis zu Clemens Zuffhausen reichten.

      „Unser Direktor?“, krähte ein Mädchen aus der letzten Reihe.

      Frau Rufus nickte. „Jawohl, so sieht's aus. Direktor Zuffhausen ist mit einem Raubritter verwandt. Keine dummen Bemerkungen, Freddie, sonst …“ Sie wedelte mit dem Zettel vor seiner Nase.

      Freddie klappte auf der Stelle seinen Mund wieder zu und betrachtete treuherzig den erhobenen Zeigefinger der Lehrerin.

      „Aufgrund dieser fernen Verwandtschaft“, fuhr sie fort und ließ dabei Freddie nicht aus den Augen, „ist die Breselner Geschichte dem Herrn Zuffhausen gewissermaßen in die Wiege gelegt worden. Ihr wisst, dass er auch Vorsitzender des Historischen Museums ist. Übrigens immer einen Besuch wert.“

      Endlich ließ Frau Rufus von Freddie ab und nahm ihre Wanderung durch die Klasse wieder auf. „Es gibt da noch eine Reihe weiterer Verbindungen der Knittelsteiner zu unserer Stadt“, fuhr sie fort und erzählte ausführlich vom sanften Adalbert Stifterstein zu Bresel, der im 16. Jahrhundert ein Jesuitenkloster vor den nördlichen Stadtmauern gründete.

      „Mit einem wunderschönen Park dahinter.“ Anke Rufus' sehnsüchtiger Blick fand wie von selbst den Weg aus dem Fenster. „Heute ist das Adalbertinum eine Schule. Unsere Schule.“

      Und schließlich lachte sich die Klasse kringelig über den verrückten Aimo Rochefort de Bresèl. Dieser Spross einer französischen Seitenlinie derer von Knittelstein wollte im 17. Jahrhundert tatsächlich eine Rutsche bauen. Vom Burgturm durch den Breselberg bis runter zum Rathaus.

      „Oh Mann, das hätt' ich auch gemacht“, seufzte Freddie.

      Jan schlug sich vor die Stirn und brach stöhnend auf dem Schultisch zusammen. „War klar!“

      Und Lisa zappelte: „Können wir in die Burg nicht mal rein? Ich meine so richtig, bis oben auf den Turm!“

      Anke Rufus lächelte. „Da müssten wir mal mit den derzeitigen Bewohnern verhandeln. Aber – und das soll das Letzte für heute sein – früher war das Problem eher umgekehrt.“

      Fragende Gesichter.

      „Wie kommt man aus der Burg raus?“

      „Ganz einfach. Über die Zugbrücke.“

      „Und wenn davor der Feind stand? Die alten Ritter lagen sich alle Nase lang in den Haaren. Das wurde eine solche Landplage, dass schließlich die Bischöfe eingriffen und eine Waffenruhe verordneten. Von Mittwoch Abend bis Montag früh.“

      Lisa kicherte. „Direktor Zuffhausen sollte mal 'ne Schulruhe verordnen. Von Mittwoch Abend bis Montag früh!“

      „Jetzt habt ihr bald zwei Wochen Schulruhe. Reicht euch das nicht?“

      Alles neete und nööte durcheinander.

      Anke Rufus war die Geduld in Person. Noch drei Stunden, dann begannen die Ferien.

      „Also. Am Montag Morgen ging dann bei den Rittern wie bei uns in der Schule das Hauen und Stechen wieder los. Wer sich nicht an die

Скачать книгу